a) Abfindungsvereinbarungen
Rz. 76
Schließen die Parteien oder schließt eine Partei mit einem Dritten – etwa dem Haftpflichtversicherer des Schädigers – eine Abfindungsvereinbarung, so liegt in der Regel eine Einigung vor, da durch die Abfindungsvereinbarung nicht nur der Streit über bestehende Schadenspositionen beseitigt werden soll, sondern auch die Ungewissheit über zukünftige Schadenspositionen. Eine solche Abfindungsvereinbarung ist insbesondere dann gegeben, wenn ein Versicherer bereits einen Teil des Schadens einseitig abgerechnet hat und sich dann nach Einigung über den Restschaden eine Abfindungserklärung unter Verzicht auf weitere Ansprüche geben lässt. Es liegt dann eine Einigung vor, und zwar über die Gesamtforderung.
b) Abrechnungsfälle
Rz. 77
Eine stillschweigend geschlossene Einigung wird häufig diskutiert, wenn ein Versicherer die vom Geschädigten geltend gemachten Ansprüche teilweise erfüllt und sich der Geschädigte mit der Zahlung begnügt, etwa weil er das Risiko einer weiteren Rechtsverfolgung scheut. Ob in diesen Fällen eine Einigung i.S.d. Anm. Abs. 1 S. 1 vorliegt, wird von der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt. Letztlich wird es immer auf den Einzelfall ankommen, wie das Verhalten der Beteiligten zu würdigen ist. Dabei sind drei Fallgruppen zu unterscheiden:
aa)1. Fallgruppe
Rz. 78
Der Gegner (zumeist ein Versicherer) erkennt Einzelpositionen an und bezahlt diese oder er erkennt den Schaden der Höhe nach an, wendet aber ein Mitverschulden in bestimmter Höhe ein und zahlt nur in Höhe der anerkannten Quote.
Nach zutreffender Ansicht handelt es sich in diesen Fällen lediglich um eine "Abrechnung", die keine Einigungsgebühr auslöst. Eine solche Abrechnung liegt selbst dann noch vor, wenn der Gegner auf die Gegenvorstellung des Geschädigten hin seine bereits abgerechnete Leistung nochmals erhöht. Die Gegenmeinung, die auch hier eine Einigung annimmt, verkennt, dass der Gegner durch seine Zahlung gerade keine Einigung herbeiführen, sondern dass er lediglich die nach seiner Ansicht berechtigten Ansprüche erfüllen will. Würde man in einem solchen Fall eine Einigung annehmen, so ließe sich eine Einigungsgebühr immer dadurch herbeiführen, dass der Anspruchsteller zunächst überhöhte Ansprüche stellt und sich dann schließlich mit der Zahlung des Gegners einverstanden erklärt. Dieser hätte keine Möglichkeit, sich gegen eine ihm aufgezwungene "Einigung" zu wehren. Abgesehen davon fehlt es in diesem Fall auch an einem gegenseitigen Nachgeben. Der Gegner gibt aus seiner Sicht nicht nach, sondern zahlt das, was von ihm als gerechtfertigt angesehen wird.
bb)2. Fallgruppe
Rz. 79
Die Zahlung des Gegners beruht nicht darauf, dass er nur den nach seiner Ansicht berechtigten Betrag zahlen will, sondern er zahlt einen Betrag, der nach seiner Auffassung im Bereich des Vertretbaren liegt, weil er die Sache abschließen will.
In diesem Fall liegt keine reine Abrechnung mehr vor, weil der Versicherer nicht nur die von ihm für begründet erachteten Ansprüche erfüllen will, sondern darüber hinausgeht und mehr zahlt, um die Regulierung abzuschließen. Nimmt der Geschädigte dieses Angebot an und verfolgt er die Sache nicht weiter, dann liegt hierin zumindest eine konkludente Einigung der Beteiligten. Selbst die Erklärung des Gegners, keine Einigung abschließen zu wollen, ist in diesem Falle unbeachtlich.
cc)3. Fallgruppe
Rz. 80
Der Gegner zahlt sofort ohne Überprüfung.
Nach Auffassung des AG München soll sogar dann ein Nachgeben vorliegen, das eine Einigungsgebühr auslöse, wenn der Gegner auf weitere Überprüfung der Ansprüche verzichte und den geforderten Betrag sofort zahle. Diese Entscheidung dürfte jedoch zu weit gehen, da es hier wohl an einem Vertrag fehlen wird und eher von einem bloßen Anerkenntnis auszugehen sein dürfte.
c) Anerkenntnis
Rz. 81
Läuft die Regelung in einer als "Einigung" bezeichneten Vereinbarung darauf hinaus, dass praktisch ein vollkommenes Anerkenntnis des Beklagten gegeben wird, fehlt es an dem erforderlichen Nachgeben der Parteien, so dass keine Einigungsgebühr ausgelöst wird. Dies wird in Anm. Abs. 1 S. 2 ausdrücklich klargestellt.
Läuft die "Einigung" dagegen auf ein Anerkenntnis der Klageansprüche hinaus, so ist dennoch von einer Einigung auszugehen, wenn die unterlassene Kostenregelung in der als Einigung bezeichneten Einigung im Hinblick auf § 98 ZPO dazu führt, dass der Kläger mit der Hälfte der Gerichtskosten in Anspruch genommen wird.
Nach OLG Karlsruhe konnte eine Vergleichsgebühr nicht entstehen, wenn nach Erörterung ein Anerkenntnisurteil erging und sich anschließend der Kläger mit einer vom Beklagten erbetenen Ratenzahlung einverstanden erklärte. Hier wird man ...