1. Einmaligkeit der Gebühr
Rz. 147
Die Einigungsgebühr kann in derselben Angelegenheit grundsätzlich nur einmal entstehen. Hiervon gibt es zwei Ausnahmen:
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Einigen sich die Parteien in einem Privatklageverfahren sowohl hinsichtlich des Strafausspruchs oder des Kostenerstattungsanspruchs als auch über zivilrechtliche Ansprüche, so entstehen zwei Einigungsgebühren. |
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Eine weitere Ausnahme gilt dann, wenn die Einigungsgebühr nach unterschiedlichen Gebührensätzen anfällt (§ 15 Abs. 3), siehe Rdn 186 ff. |
Rz. 148
Im Übrigen gilt § 15 Abs. 2 S. 1: Der Anwalt kann die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern. Dabei ist es unerheblich, ob sich die Parteien über verschiedene Gegenstände einigen oder ob die Parteien mehrere Teileinigungen oder eine Zwischen- und Schlusseinigung schließen. Die gegenteilige Auffassung, es entstünden mehrere Einigungsgebühren, ist unzutreffend. Sie verstößt gegen § 15 Abs. 2 S. 1. Auch soweit diese Auffassung dann nach § 15 Abs. 3 dem Anwalt insgesamt nicht mehr als eine Gebühr aus dem Gesamtwert zubilligen will, ist dies unzutreffend, da § 15 Abs. 3 voraussetzt, dass unterschiedliche Gebührensätze angefallen sind. Anderenfalls könnte die Gebührendegression dazu führen, dass die Teilgebühren unter einer Gebühr aus dem Gesamtwert liegen.
Beispiel: In einem Rechtsstreit über eine Forderung von 80.500 EUR einigen sich die Parteien zunächst über eine Teilforderung von 500 EUR, später über die restlichen 80.000 EUR.
Die Gegenansicht würde hinsichtlich der Einigungsgebühr(en) wie folgt rechnen:
1,0-Einigungsgebühr, VV 1000, 1003 (500 EUR) |
49,00 EUR |
1,0-Einigungsgebühr, VV 1000, 1003 (80.000 EUR) |
1.467,00 EUR |
Gesamt |
1.516,00 EUR |
Obwohl sich die Parteien über die gesamte Klageforderung verglichen haben, würden sie weniger erhalten als eine Einigungsgebühr aus dem Gesamtwert:
1,0-Einigungsgebühr, VV 1000, 1003 (80.500 EUR) |
1.561,00 EUR |
Ebenso wie bei der Verfahrens- oder Terminsgebühr bleibt es daher bei einer Gebühr. Lediglich der Gegenstandswert erhöht sich bei mehreren Teileinigungen (§ 22 Abs. 1).
Rz. 149
Ebenfalls nur einmal entstehen die Gebühren dann, wenn die Parteien einen Rechtsstreit zunächst durch eine Einigung abgeschlossen haben und anschließend Streit über die Wirksamkeit der Einigung entsteht. Das Verfahren über die Wirksamkeit der geschlossenen Einigung gehört noch zur selben Angelegenheit. Der Anwalt erhält also keine neuen Gebühren. Einigen sich die Parteien später über die Wirksamkeit einer bereits geschlossenen Einigung, entsteht keine neue Einigungsgebühr.
2. Mehrere Angelegenheiten
Rz. 150
Liegen dagegen verschiedene Angelegenheiten vor, kann die Einigungsgebühr auch mehrmals entstehen. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn zunächst auf Feststellung geklagt wird und später dann der Rechtsstreit zur Höhe folgt.
Beispiel: Der Geschädigte erhebt gegen den Schädiger Klage auf Feststellung, dass dieser verpflichtet sei, ihm seinen gesamten Schaden zu 100 % zu erstatten. Die Parteien einigen sich dahin gehend, dass der Kläger 75 % seines Schadens erstattet erhält. Anschließend verhandeln die Parteien zur Höhe. Es kommt erneut zum Rechtsstreit. In diesem Rechtsstreit einigen sich die Parteien über die Höhe des Schadens.
Beide Rechtsstreite sind eigene Angelegenheiten. Die Anwälte erhalten daher die Einigungsgebühr zweimal.
Rz. 151
Gleiches gilt, wenn in verschiedenen Instanzen Einigungen geschlossen werden.
Beispiel: Im erstinstanzlichen Schadensersatzprozess über 100.000 EUR einigen sich die Parteien dahin gehend, dass von einer Haftungsquote von 50 % auszugehen sei. Das Gericht verurteilt anschließend den Beklagten zur Zahlung von 40.000 EUR, weil es nur von einem Gesamtschaden von 80.000 EUR ausgeht. Hiergegen wird vom Beklagten Berufung eingelegt. Im Berufungsverfahren einigen sich die Parteien dahin gehend, dass zum Ausgleich noch 30.000 EUR gezahlt werden.
In erster Instanz haben die Anwälte eine Einigungsgebühr aus 100.000 EUR verdient, in zweiter Instanz eine Einigungsgebühr aus 40.000 EUR.