Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
Rz. 37
Voraussetzung für die Gebührenerhöhung nach VV 1008 ist, dass der Rechtsanwalt in derselben Angelegenheit mehrere Personen als Auftraggeber hat. Gem. § 15 Abs. 2 kann der Rechtsanwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern. Der Begriff der Angelegenheit hat für die Geschäftsbesorgung des Anwalts damit zentrale Bedeutung, weil hierdurch der mit dem Auftrag individuell festgelegte Rahmen der Interessenvertretung beschrieben wird (vgl. § 15 Rdn 34 ff.). Betrifft die Mehrfachvertretung in derselben Angelegenheit mehrere Auftraggeber, so wird nur eine Gebühr (Verfahrens- oder Geschäftsgebühr) nach VV 1008 abhängig vom Gebührentyp erhöht (z.B. eine Wertgebühr mit 0,3). Für jeden weiteren Auftraggeber erhält der Anwalt jeweils nur eine weitere Erhöhung, die insgesamt maximal das Doppelte der einfachen Gebühr erreichen kann (VV 1008). Entscheidend für die Anhebung der Verfahrens- oder Geschäftsgebühr ist die Personenverschiedenheit der Auftraggeber.
Rz. 38
Da jede Angelegenheit gebührenrechtlich eine eigene Abrechnungseinheit darstellt (§ 15 Abs. 1), ist das Gesetz bestrebt, diesen Rahmenbegriff gegenständlich möglichst klar auszufüllen. Eine allgemein gültige Definition des sachlichen Gehalts wird aber angesichts der vielfältigen Variationsmöglichkeiten gar nicht erst versucht. Weisungsgemäß erbrachte anwaltliche Leistungen betreffen i.d.R. dieselbe Angelegenheit, wenn zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht und sie sowohl inhaltlich als auch in der Zielsetzung so weitgehend übereinstimmen, dass von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit gesprochen werden kann. Auf § 7 Rdn 19 ff. wird verwiesen.
Rz. 39
Da VV 1008 voraussetzt, dass der Anwalt mindestens zwei Auftraggeber (Vertragspartner) haben muss, wenn er für eine Mehrfachvertretung die Erhöhung der Verfahrens- oder Geschäftsgebühr geltend machen will (vgl. Rdn 16 f.), bedarf es stets einer gemeinsamen Beauftragung oder mehrerer Einzelaufträge in derselben Angelegenheit.(zur Unanwendbarkeit von VV 1008 bei getrennten Verfahren siehe § 7 Rdn 22). Dass der Anwalt seinen Auftrag von mehreren Auftraggebern erhalten hat, steht der Annahme eines einheitlichen Auftrags und damit derselben Angelegenheit nicht entgegen. Diese Fallgestaltung ist tatbestandlich in § 7 enthalten und dort kommentiert (siehe § 7 Rdn 19 ff.).
Rz. 40
Hervorzuheben bleibt, dass keine gemeinsame Beauftragung gegeben sein muss. Vielmehr reicht es aus, wenn nur ein zeitlich begrenzter Abschnitt oder ein einzelner Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit von verschiedenen Auftraggebern getragen wird. Ist insoweit die "gemeinschaftliche" Beteiligung eingeschränkt, wird das bei der Berechnung der Erhöhung berücksichtigt (Anm. Abs. 2). Regelmäßig ist das gerichtliche Verfahren in einem Rechtszug eine Angelegenheit. Es liegt dieselbe gebührenrechtliche Angelegenheit vor, wenn Ansprüche gegen zwei Parteien von vornherein zum Gegenstand eines Klageverfahrens gemacht werden und das Gericht eine Trennung wegen des zwischen den verschiedenen Gegenständen der anwaltlichen Tätigkeit bejahten Zusammenhangs ablehnt.
Rz. 41
Dieselbe Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 2 kann auch vorliegen, wenn mehrere Auftraggeber einen Rechtsanwalt zu unterschiedlichen Zeitpunkten beauftragen.