Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
Rz. 147
Auf § 48 Rdn 93 ff. wird zunächst verwiesen.
Wird dagegen nicht allen Streitgenossen PKH bewilligt, stellt sich die Frage, welche Gebühren die Staatskasse an den beigeordneten Rechtsanwalt zu erstatten hat. Insoweit ist umstritten, ob der beigeordnete Rechtsanwalt die vollen, durch die Vertretung der bedürftigen Partei gem. § 49 entstandenen Gebühren aus der Staatskasse erhält, oder ob der Anspruch gegen die Staatskasse auf die Gebührenerhöhung nach VV 1008 beschränkt ist. Hierzu werden drei Auffassungen vertreten:
a) Anspruch ist auf die Gebührenerhöhung nach VV 1008 beschränkt
Rz. 148
Der BGH hatte zu § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO entschieden, dass sich die Bewilligung der PKH bezüglich der Anwaltsgebühren auf die Erhöhungsbeträge nach § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO beschränkt, wenn der Rechtsanwalt mehrere Streitgenossen vertritt, die nicht alle die persönlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von PKH erfüllen. Insbesondere unter Hinweis auf diese Entscheidung des BGH wird tlw. die Auffassung vertreten, dass von der Staatskasse nur die Gebührenerhöhung nach VV 1008 zu erstatten ist und sich die Prüfung der subjektiven Bewilligungsvoraussetzungen darauf beschränkt, ob der mittellose Streitgenosse den auf ihn entfallenden Anteil der nach VV 1008 erhöhten Verfahrensgebühr aufbringen kann. An der Rechtsprechung hält der BGH fest und beschränkt die Bewilligung bezüglich der Anwaltsgebühren auf die für diesen Fall vorgesehene Gebührenerhöhung nach VV 1008, wenn zwei Streitgenossen ein und denselben Prozessbevollmächtigten mit der Wahrnehmung ihrer Interessen in einem Rechtsstreit beauftragen, aber nur bei einem von ihnen die persönlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe vorliegen.
b) Erstattung der vollen von der PKH umfassten Vergütung
Rz. 149
Die Entscheidung des BGH betraf allerdings eine von vornherein ausdrücklich auf die Erhöhungsbeträge nach § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO beschränkte PKH-Bewilligung. Hieraus wird zutreffend gefolgert, dass der beigeordnete Rechtsanwalt aus der Staatskasse nur dann lediglich die Gebührenerhöhung erhält, wenn sich die PKH-Bewilligung lediglich auf den Erhöhungsbetrag beschränkt. Allerdings sind gebührenrechtliche Beschränkungen im Rahmen der PKH-Bewilligung unzulässig. Bei der Beschränkung der PKH auf die Gebührenerhöhung nach VV 1008 könnte für den mittellosen Streitgenossen unter Umständen die Gefahr bestehen, auf den Rechtsanwalt nicht den gleichen Einfluss nehmen zu können wie der vermögende Streitgenosse. Letzterer könnte gegenüber dem mittellosen Streitgenossen ein ihm zustehendes größeres Einflussrecht auf den Rechtsanwalt mit einem höheren Kostenrisiko begründen. Wenn die Staatskasse nur die Gebührenerhöhung zahlt, hat für die weiter entstandenen Gebühren und Auslagen nämlich zunächst der vermögende Streitgenosse einzustehen.
Rz. 150
Ist PKH uneingeschränkt bewilligt worden, ist deshalb nach h.M. von der Staatskasse grds. die volle PKH-Vergütung, allerdings ohne die Gebührenerhöhung nach VV 1008 zu erstatten. Die Staatskasse zahlt also die Vergütung, die entstanden wäre, wenn der Rechtsanwalt nur den bedürftigen Streitgenossen vertreten hätte (siehe dazu auch § 48 Rdn 95).
Rz. 151
Hierfür spricht, dass der vermögende Streitgenosse nach Zahlung der restlichen Vergütung an den Anwalt gem. § 7 Abs. 2, § 426 BGB einen Ausgleichsanspruch gegen den mittellosen Streitgenossen erwirbt. Der Ausgleich kann von dem mittellosen Streitgenossen nicht verweigert werden, weil § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO im Verhältnis zu dem anderen Streitgenossen nicht gilt. Der mittellose Streitgenosse müsste durch den Ausgleichsanspruch letztlich doch die Anwaltskosten tragen, von denen ihn die PKH eigentlich freistellen sollte.
Rz. 152
Auch die bundeseinheitlich geltenden Verwaltungsbestimmungen zur Festsetzung der Vergütung des im Wege der PKH beigeordneten Rechtsanwalts aus der Staatskasse (VwV Vergütungsfestsetzung) sprechen für die volle Erstattungspflicht der Staatskasse. Denn nach Ziffer 2.4.2 VwV hat der mit der Festsetzung der Vergütung befasste Urkundsbeamte Streitgenossen der Partei, die von dem dieser Partei beigeordneten Rechtsanwalt als Wahlanwalt vertreten werden, zur Zahlung des auf sie entfallenden Anteils an der aus der Staatskasse gezahlten Vergütung aufzufordern, soweit dies nicht aus besonderen Gründen, z.B. wegen feststehender Zahlungsunfähigkeit, untunlich erscheint.
Diese Regelung ergäbe keinen Sinn, wenn die Staatskasse in diesen Fällen nicht von ihrer vollen Einstandspflicht ausgehen würde.