Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
a) Verschiedene Einzelinteressen
Rz. 16
Hat der Anwalt mindestens zwei Auftraggeber, ist insoweit S. 1 Genüge getan und die Möglichkeit eröffnet, die Verfahrens- oder Geschäftsgebühr nach der Anzahl der Mandanten zu erhöhen, falls auch die weiteren Voraussetzungen gegeben sind. Ob nur eine Einzelvertretung vorliegt oder mindestens eine weitere Person hinzutritt und damit eine Mehrfachvertretung gegeben ist, beurteilt sich nach den verschiedenen Interessen, die an der Vertretung beteiligt sind. Sind diese personenverschieden, so hat das für den Anwalt die typischerweise vermutete Mehrbelastung gegenüber einer Einzelvertretung zur Folge.
Rz. 17
An dieser Vielfalt kann es allerdings grds. fehlen, wenn der Anwalt nicht die Summe der jeweiligen Einzelinteressen vertritt, sondern ein bereits gebündeltes Gesamtinteresse von eigenständiger Bedeutung vorfindet. Deshalb wird eine Mehrfachvertretung in Rechtsprechung und Literatur teilweise dann verneint, wenn die Interessen mehrerer Personen ausnahmsweise derart verselbstständigt, gleichgerichtet und vereinheitlicht sind, dass tatsächlich nur von einer einzigen Interessenwahrnehmung gesprochen werden kann.
b) Die BGB-Gesellschaft als Mandantin
aa) Aktiv- und Passivprozesse der GbR
Rz. 18
Nach der Rechtsprechung (siehe § 7 Rdn 18) kann die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) selbst als Mandantin auftreten mit dem Ziel einer eigennützigen Interessenvertretung. Soweit es um ihre "persönlichen" Belange geht, bedarf es nicht einer Vertretung der (gesamthänderisch verbundenen) Einzelinteressen der Gesellschafter, sondern findet eine unmittelbare Vertretung des Gesamthandsinteresses statt, weil diesem eigene Subjektivität zukommt. So werden Sozietäten von Rechtsanwälten, Ingenieuren, Steuerberatern oder Architekten, aber auch ärztliche Gemeinschaftspraxen teilweise wie ein Auftraggeber behandelt, wenn sie Honoraransprüche verfolgen (Aktivprozesse) oder sich gegen die Ansicht zur Wehr setzten, solche Ansprüche stünden ihnen nicht zu (Passivprozesse). Gleiches gilt für sog. Vermietungsgesellschaften im Geschäftsleben, insbesondere wenn sie als Firma auftreten, oder für Arbeitsgemeinschaften (Arge) von Bauunternehmen.
bb) Hinzutreten von Gesellschaftern
Rz. 19
Von der GbR als alleiniger Mandantin zu unterscheiden ist die Fallgestaltung, wo es um persönliche Verpflichtungen von Gesellschaftern geht. Wird etwa nicht nur von der Gesellschaft, sondern daneben auch von den Gesellschaftern persönlich Zahlung verlangt, so vertritt der Anwalt nicht nur das Gesamthandsinteresse, sondern darüber hinaus auch die einzelnen Abwehrinteressen der Gesellschafter. Diese sind unmittelbar betroffen und als Mandanten neben der Gesellschaft gemeinschaftlich beteiligt. In Betracht kommt nach der BGH-Rechtsprechung allerdings auch, dass nur die Gesellschaft als solche Auftraggeberin des Anwalts geworden ist und dass die Gesellschafter als vertraglich nicht gebundene Personen von ihm mit vertreten werden. Dann fällt ein Mehrvertretungszuschlag nicht an.
cc) Streitigkeiten unter Gesellschaftern
Rz. 20
Bei Streitigk...