Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
Rz. 129
Nach der zutreffenden und wohl herrschenden Gegenauffassung wird zunächst die Verfahrensgebühr ohne Erhöhung nach VV 1008 aus dem Gesamtwert bzw. dem gem. § 22 Abs. 1 zusammengerechneten Wert ermittelt und sodann eine Erhöhung nach VV 1008 aus dem Wert der gemeinschaftlichen Beteiligung berechnet. § 15 Abs. 3 wird nicht angewandt.
Beispiel:
Im Beispiel oben (siehe Rdn 126) ergibt sich dann folgende Berechnung:
1,3-Verfahrensgebühr (VV 3100), Wert 5.220 EUR |
507,00 EUR |
0,3-Verfahrensgebühr (VV 1008), Wert 720 EUR |
26,40 EUR |
Gesamt |
533,40 EUR |
Rz. 130
Gegen diese Berechnungsweise spricht vordergründig, dass die Gebührenerhöhung nach VV 1008 hierbei als eigener Gebührentatbestand erscheint (Erhöhungsgebühr), obwohl nach VV 1008 eine einheitliche Verfahrensgebühr einschließlich Erhöhung entsteht (siehe Rdn 3 f.).
Rz. 131
Für diese Berechnung spricht aber, dass zutreffend gem. § 22 Abs. 1 in derselben Angelegenheit zunächst die Werte mehrerer verschiedener Gegenstände zusammengerechnet werden und erst anschließend die Gebührenerhöhung aus dem Wert der gemeinschaftlichen Beteiligung angesetzt wird.
Rz. 132
Beispiel 1: Rechtsanwalt R vertritt den Fahrer A, den Halter B und dessen Haftpflichtversicherung C, die auf Zahlung i.H.v. 20.000 EUR in Anspruch genommen worden sind. Der Halter B und die Haftpflichtversicherung C erheben durch Rechtsanwalt R Widerklage gegen den Kläger und dessen Haftpflichtversicherung auf Zahlung i.H.v. 10.000 EUR. A macht im Wege der Widerklage einen Anspruch i.H.v. 2.000 EUR gegen den Kläger geltend.
1. Berechnungsmöglichkeit (siehe Rdn 126 f.):
1,9 Verfahrensgebühr VV 3100, 1008, Wert 20.000 EUR |
1.561,80 EUR |
1,6 Verfahrensgebühr VV 3100, 1008, Wert 10.000 EUR |
982,40 EUR |
1,3 Verfahrensgebühr VV 3100, Wert 2.000 EUR |
215,80 EUR |
Gesamt |
2.760,00 EUR |
Gem. § 15 Abs. 3 nicht mehr als eine 1,9 Verfahrensgebühr (Wert 32.000 EUR) mit 1.968,40 EUR, die hier die Obergrenze bilden.
2. Berechnungsmöglichkeit (siehe Rdn 129 f.):
1,3 Verfahrensgebühr VV 3100, Wert 32.000 EUR |
1.346,80 EUR |
0,6 Erhöhung VV 1008, Wert 20.000 EUR |
493,20 EUR |
0,3 Erhöhung VV 1008, Wert 10.000 EUR |
184,20 EUR |
Gesamt |
2.024,20 EUR |
Beispiel nach Kindermann, Gebührenpraxis für Anwälte, Teil 1 Rn 145.
Bei der ersten Berechnungsmöglichkeit entfällt somit unter Berücksichtigung des nach § 15 Abs. 3 ermittelten Höchstbetrages auf die Gebührenerhöhung im Ergebnis lediglich ein Betrag i.H.v. 621,60 EUR. Das ergibt sich aus folgender Berechnung:
|
1.968,40 EUR |
(1,9 Verfahrensgebühr – höchster Gebührensatz – aus 32.000 EUR gem. § 15 Abs. 3) |
– |
1.346,80 EUR |
(1,3 Verfahrensgebühr – ohne Erhöhung – aus 32.000 EUR) |
= |
621,60 EUR |
Entspricht 0,6 Erhöhung aus 32.000 EUR |
Bei der ersten Berechnungsmöglichkeit (§ 15 Abs. 3) wird damit nach der Gebührentabelle zu § 13 im Ergebnis eine 0,6 Erhöhung für zwei weitere Auftraggeber aus einem zusammengerechneten Wert i.H.v. 32.000 EUR berechnet.
R hat aber nicht zwei weitere Auftraggeber wegen 32.000 EUR, sondern zwei weitere Auftraggeber wegen 20.000 EUR, einen anderen weiteren Auftraggeber wegen 10.000 EUR und nur einen Auftraggeber wegen 2.000 EUR vertreten, was bei der zweiten Berechnungsmethode berücksichtigt wird.
Die Berechnungen zeigen, dass die Erhöhungen bei der 2. Berechnungsmöglichkeit nur nach den Beträgen berechnet werden, an dem die mehreren Auftraggeber auch tatsächlich gemeinschaftlich beteiligt sind. Noch deutlicher zeigt sich das bei dem nachfolgenden Beispiel:
Rz. 133
Beispiel 2: Rechtsanwalt R vertritt den Fahrer A, den Halter B und dessen Haftpflichtversicherung C, die auf Zahlung i.H.v. 20.000 EUR in Anspruch genommen worden sind. Der Halter B und die Haftpflichtversicherung C erheben durch Rechtsanwalt R Widerklage gegen den Kläger und dessen Haftpflichtversicherung auf Zahlung i.H.v. 10.000 EUR. A macht im Wege der Widerklage einen Anspruch i.H.v. 2.000 EUR, B i.H.v. 4.000 EUR gegen den Kläger geltend.
1. Berechnungsmöglichkeit (siehe Rdn 126 f.):
1,9 Verfahrensgebühr VV 3100, 1008 (Wert 20.000 EUR) |
1.561,80 EUR |
1,6 Verfahrensgebühr VV 3100, 1008 (Wert 10.000 EUR) |
982,40 EUR |
1,3 Verfahrensgebühr VV 3100 (Wert 2.000 EUR) |
215,80 EUR |
1,3 Verfahrensgebühr VV 3100 (Wert 4.000 EUR) |
361,40 EUR |
Gesamt |
3.121,40 EUR |
Gem. § 15 Abs. 3 nicht mehr als eine 1,9 Verfahrensgebühr (Wert 36.000 EUR) mit 2.122,30 EUR, die hier die Obergrenze bilden.
2. Berechnungsmöglichkeit (siehe Rdn 129 f.): Wertaddition und dann Gebührenerhöhung VV 1008:
1,3 Verfahrensgebühr VV 3100 (Wert 36.000 EUR) |
1.452,10 EUR |
0,6 Erhöhung VV 1008 (Wert 20.000 EUR) |
493,20 EUR |
0,3 Erhöhung VV 1008 (Wert 10.000 EUR) |
184,20 EUR |
Gesamt |
2.129,50 EUR |
Bei der ersten Berechnungsmöglichkeit entfällt somit unter Berücksichtigung des nach § 15 Abs. 3 ermittelten Höchstbetrages auf die Gebührenerhöhung im Ergebnis lediglich ein Betrag i.H.v. 670,20 EUR. Das ergibt sich aus folgender Berechnung:
|
2.122,30 EUR |
(1,9 Verfahrensgebühr – höchster Gebührensatz – aus 36.000 EUR gem. § 15 Abs. 3) |
– |
1.452,10 EUR |
(1,3 Verfahrensgebühr – ohne ... |