Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
1. Mehrere Auftraggeber und Wertgebühren
a) Gebührenerhöhung oder Wertzusammenrechnung
Rz. 47
Die Erhöhung nach VV 1008 tritt bei Wertgebühren (§ 13) nur ein, wenn und soweit Gegenstandsidentität vorliegt, der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit somit derselbe ist. Betrifft die anwaltliche Tätigkeit für mehrere Auftraggeber in derselben Angelegenheit dagegen verschiedene Gegenstände, erfolgt keine Gebührenerhöhung nach VV 1008, sondern ggf. Wertaddition gem. § 22. Der Mehraufwand für mehrere Auftraggeber wird also grds. durch die Gebührenerhöhung nach VV 1008 (bei Gegenstandsidentität) oder durch Wertzusammenrechnung nach § 22 Abs. 1 (bei Wertgebühren) abgegolten. Die Erhöhung nach VV 1008 sowie die Wertaddition gem. § 22 schließen sich grds. aus.
b) Satzrahmengebühren
Rz. 48
Auch die Satzrahmengebühr (z.B. die Geschäftsgebühr VV 2300, 2301) ist im Ergebnis eine Wertgebühr. Nach Bestimmung des Gebührensatzes (§ 14 Abs. 1) wird die Höhe der Gebühr anhand des Gegenstandswertes aus der Gebührentabelle (§ 13) abgelesen. Auch die Erhöhung der Satzrahmengebühr setzt daher Gegenstandsidentität für die mehreren Auftraggeber voraus.
c) Mischfälle Gegenstandsidentität und -verschiedenheit
Rz. 49
Zu Mischfällen, wenn bei mehreren Auftraggebern tlw. Gegenstandsverschiedenheit und tlw. Gegenstandidentität vorliegt, vgl. Rdn 124 ff.
2. Begriff des Gegenstandes
a) Recht oder Rechtsverhältnis
Rz. 50
Der Begriff des gebührenrechtlichen Gegenstandes ist vom Gesetzgeber nicht näher bestimmt worden. Es geht hierbei um den Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit. Maßgeblich ist allein der sachliche Gehalt dieser Tätigkeit ungeachtet der jeweiligen Person desjenigen, für den der Anwalt tätig wird. Das folgt ohne weiteres aus der gesetzlichen Vorgabe in Anm. Abs. 1, ein Gegenstand könne trotz Mehrzahl und Verschiedenheit der Mandanten derselbe sein. Worum es jeweils geht, bestimmt sich nach der anwaltlichen Aufgabenstellung im Einzelfall. Dabei handelt es sich zwar stets um die Wahrnehmung von einseitigen Rechtspositionen, nämlich um Rechtsverfolgung oder um Rechtsverteidigung (vgl. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO). Diese werden aber – ähnlich wie beim Streitgegenstand eines Prozesses – erst durch die konkreten Daten eines Sachverhalts und die daran geknüpften Rechtsfolgen festgelegt. Der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit wird aus dem Recht oder Rechtsverhältnis gebildet, auf das sich die jeweilige Tätigkeit des Anwalts bezieht.
b) Abgrenzung verschiedener Gegenstände
Rz. 51
Da die anwaltliche Tätigkeit zugleich mehrere Gegenstände umfassen kann (§ 22 Abs. 1), bedarf es der Abgrenzung von Gegenständen untereinander. Dies geschieht durch eine Beschränkung der Sache nach auf die kleinste Einheit einer Rechtsposition anhand der Bestimmungsgrößen Sachverhalt und Rechtsfolge:
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Verschiedene Rechtsfolgen ergeben verschiedene Gegenstände, auch wenn sie aus demselben Sachverhalt hergeleitet werden. |
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Verschiedene Sachverhalte ergeben verschiedene Gegenstände, auch wenn die daraus hergeleiteten Rechtsfolgen inhaltsgleich sind. |
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So stellt etwa jede einzelne Schadensposition, die aus einer einzigen unerlaubten Handlung als anspruchsbegründendem Sachverhalt hergeleitet wird, einen eigenen Gegenstand dar. Andererseits besteht etwa ein einziges Zahlungsbegehren als geltend gemachte Rechtsposition aus so vielen Gegenständen, wie es voneinander unabhängige Tatbestände zur Grundlage hat. |
3. Abgrenzung zur Angelegenheit
Rz. 52
Während der Gegenstand inhaltlich eine Rechtsposition umschreibt, die von dem Anwalt vertreten wird, steht in Abgrenzung dazu der Begriff der Angelegenheit für den Vorgang, der den äuße...