Rz. 8

Die Aus- oder Rückzahlung der an den Anwalt geleisteten Zahlungen gehört nicht mehr zu der Gebührenangelegenheit, anlässlich der die Gelder weitergeleitet werden, sondern stellt ein eigenes Verwahrungsgeschäft und damit gebührenrechtlich eine selbstständige Angelegenheit i.S.d. § 15 dar.[7] Missverständlich ist daher die teilweise verwendete Formulierung, die Hebegebühr könne in derselben Angelegenheit mehrmals entstehen. Die Hebegebühr entsteht nicht in einer Angelegenheit, sondern anlässlich einer anderen Angelegenheit,[8] also z.B. anlässlich der außergerichtlichen Vertretung, anlässlich des Rechtsstreits, anlässlich der Zwangsvollstreckung u.Ä. Jeder Verwahrungsvorgang ist dabei eine eigene Angelegenheit und löst somit auch jeweils eigene Hebegebühren aus.

 

Rz. 9

Dies hat u.a. Bedeutung für die Berechnung der Hebegebühren bei mehreren Auszahlungen. Hier gilt nicht § 15 Abs. 2, sondern es entstehen in jeder Auszahlungsangelegenheit eigene Gebühren (vgl. Rdn 1, 55); der Anwalt erhält auch für jeden Auszahlungsvorgang eine gesonderte Postentgeltpauschale nach VV 7002.

 

Rz. 10

Auch im Übrigen hat die Selbstständigkeit der Gebühren nach VV 1009 durchaus Bedeutung, etwa für die Verjährung. Da es sich bei der Entgegennahme und Weiterleitung um eine eigene Angelegenheit handelt, wird der Verjährungsbeginn der Vergütung aus der zugrunde liegenden Angelegenheit hiervon nicht berührt. Die Verjährung beginnt unabhängig davon, wann die Gelder ausgezahlt werden:[9]

 

Beispiel: Der Anwalt hatte im Dezember 2017 für seinen Mandanten einen außergerichtlichen Vergleich geschlossen, wonach dieser 5.000 EUR von der Gegenseite erhalten soll. Der Gegner hatte die Vergleichssumme im Januar 2018 an den Anwalt gezahlt, der diese sofort weitergeleitet hat.

Die außergerichtliche Tätigkeit war mit Abschluss des Vergleichs, also noch in 2017, beendet, so dass die Gebühren für die außergerichtliche Tätigkeit mit Ablauf des 31.12.2020 verjährt sind.[10]

Die Weiterleitung der Zahlung war dagegen eine neue selbstständige Angelegenheit; die Hebegebühr ist daher noch nicht verjährt; sie verjährt erst mit Ablauf des 31.12.2021.

[7] OLG München JurBüro 1967, 228; Riedel/Sußbauer/Schütz, VV 1009 Rn 2; a.A. offenbar Mümmler, JurBüro 2001, 295; Enders, JurBüro 1998, 131.
[8] Riedel/Sußbauer/Schütz, VV 1009 Rn 2.
[9] AG Köln AGS 1999, 150 = JurBüro 1999, 528.
[10] AG Köln AGS 1999, 150 = JurBüro 1999, 528.

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