Rz. 69
Inwieweit die Hebegebühren vom Gegner zu erstatten sind, hängt vom Einzelfall ab.
1. Materiell-rechtliche Kostenerstattung
Rz. 70
Im Rahmen einer außergerichtlichen Vertretung – insbesondere bei Verkehrsunfallregulierungen – wird die Erstattung der Hebegebühr überwiegend verneint. Obwohl es sich bei den Hebegebühren in der Regel nur um Minimalbeträge handelt, zeigt sich die Rechtsprechung hier sehr kleinlich. Diese Kosten sollen nur dann gemäß § 249 BGB einen ersatzfähigen Schaden darstellen, wenn sie notwendige Kosten der Rechtsverfolgung seien. Das wiederum sei grundsätzlich nicht der Fall. Für die Entgegennahme der Ersatzleistung sei keine anwaltliche Hilfe erforderlich. Erstattungsfähig ist die Hebegebühr nach der Rechtsprechung daher nur, wenn ausnahmsweise die Hinzuziehung eines Anwalts erforderlich war. Hierzu zählt z.B. der Fall, dass der Mandant im Ausland wohnt, dass er über kein eigenes Konto verfügt oder dass er krankheits- oder verletzungsbedingt nicht in der Lage ist, über sein Konto zu verfügen. Diese restriktive Haltung ist m.E. unzutreffend. Das Einziehen von Geldern durch den Anwalt ist in aller Regel zweckentsprechend, da er den Eingang zu überwachen und die Abrechnungen zu kontrollieren hat. Diese Aufgabe kann er nur wahrnehmen, wenn er die Zahlungseingänge selbst überwacht. Dass die Hebegebühr noch ein adäquat kausaler Schaden ist, lässt sich wohl kaum in Abrede stellen, da es mit Sicherheit nicht außerhalb der Wahrscheinlichkeit liegt, dass der Anwalt auch mit der Einziehung der Ersatzsumme beauftragt wird. Daher sollte man auch die Hebegebühr grundsätzlich ohne Einschränkung als erstattungsfähig ansehen.
Rz. 71
Darauf, ob die Beauftragung des Anwalts mit der Einziehung der Gelder erforderlich war, kommt es bei der außergerichtlichen Schadensregulierung dann allerdings nicht an, wenn der Schuldner ohne Aufforderung unmittelbar an den Anwalt zahlt. Des Weiteren wird die Erstattungsfähigkeit bejaht, wenn sich der Gegner im Vergleich verpflichtet hat, unmittelbar an den Anwalt zu zahlen.
Rz. 72
Fordert der Anwalt den Schuldner dagegen auf, unmittelbar an ihn zu zahlen, wird die Hebegebühr nur dann als erstattungsfähig angesehen, wenn er gleichzeitig auf die dadurch entstehenden Kosten hinweist.
Rz. 73
Bei Abrechnung nach den Abrechnungsgrundsätzen einiger Haftpflichtversicherer sind Hebegebühren durch die Pauschbeträge abgegolten. Dies gilt auch dann, wenn der Versicherer trotz ausdrücklicher Bitte des Anwalts nicht an den Mandanten, sondern an den Anwalt zahlt.
2. Prozessuale Erstattungspflicht
a) Zahlung im oder während des Verfahrens
Rz. 74
Zahlt der Gegner "freiwillig" während oder nach Abschluss des Rechtsstreits außerhalb einer Vollstreckungsmaßnahme, können Hebegebühren, soweit sie erstattungsfähig sind, nach §§ 103 ff. ZPO festgesetzt werden, wobei umstritten ist, ob es sich noch um Kosten des Rechtsstreits (§ 91 ZPO) oder um Kosten der Zwangsvollstreckung (§ 788 ZPO) handelt. Einig ist man sich jedoch, dass bei Zahlungen durch den Gegner, sei es während oder nach Abschluss des Rechtsstreits, eine Kostenerstattung gemäß § 91 ZPO und damit eine Festsetzung ebenfalls nur unter den oben dargestellten engen Voraussetzungen (vgl. Rdn 69 ff.) in Betracht kommt.
b) Zahlung an den Prozessbevollmächtigten aufgrund eines Vergleichs
Rz. 75
Verpflichtet sich der Schuldner in einem Prozessvergleich zur Zahlung an den Prozessbevollmächtigten des Klägers, ist die durch die spätere Weiterleitung anfallende Hebegebühr zu erstatten.
c) Zahlung aufgrund Zwangsvollstreckung
Rz. 76
Zahlt der Gegner nach Einleitung einer Vollstreckungsmaßnahme an den Anwalt oder führt der Gerichtsvollzieher oder der Drittschuldner die beizutreibenden Gelder an den Anwalt ab, sind die durch deren Auszahlung ausgelösten grundsätzlichen Hebegebühren erstattungsfähig und damit nach § 788 ZPO festsetzbar. Diese Kosten können auch sogleich nach § 788 ZPO als Kosten der Zwangsvollstreckung beigetrieben werden.
Rz. 77
Dies gilt insbesondere dann, wenn die titulierte Forderung vom Schuldner in Raten gezahlt wird. In diesem Fall ist die Entgegennahme und Weiterleitung der einzelnen Teilbeträge und die Überwachung der Zahlungen durch den Anwalt notwendig i.S.d. §§ 91, 788 ZPO. A.A. ist das LG Saarbrücken, wenn der Gläubiger ein Unternehmen betreibt, dessen Buchhaltung unschwer die Überwachung von Ratenzahlungseingängen erledigen kann. Dann komme die Ers...