Rz. 4
Nach dem EuRAG sind die in § 1 EuRAG aufgeführten Rechtsanwälte aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, den anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und der Schweiz berechtigt, sowohl in gerichtlichen Verfahren als auch in behördlichen Verfahren wegen Straftaten, Ordnungswidrigkeiten, Dienstvergehen oder Berufspflichtverletzungen in der Bundesrepublik Deutschland einen Mandanten zu vertreten oder zu verteidigen. Soweit sich in diesen Verfahren der Mandant selbst nicht vertreten oder verteidigen darf, also soweit Anwaltszwang besteht (§ 78 ZPO, § 140 StPO) ist die Vertretung oder Verteidigung eines Mandanten durch den ausländischen Anwalt nach § 28 Abs. 1 EuRAG (früher: § 4 RADG) nur im Einvernehmen mit einem deutschen Rechtsanwalt möglich; dieser wiederum muss zur Vertretung oder Verteidigung bei dem betreffenden Gericht oder der betreffenden Behörde befugt sein (§ 28 Abs. 2 S. 1 EuRAG). Den deutschen Anwalt bezeichnet das EuRAG in § 28 Abs. 1 als Einvernehmensanwalt.
Rz. 5
Das Einvernehmen nach § 29 Abs. 1 EuRAG ist jeweils bei der ersten Handlung gegenüber dem Gericht oder der Behörde nachzuweisen.
Rz. 6
Das Einvernehmen wird schriftlich hergestellt und ist so lange wirksam, bis es schriftlich widerrufen wird (§ 29 Abs. 2 EuRAG).
Rz. 7
Dem deutschen Anwalt, der das Einvernehmen mit dem ausländischen Anwalt herstellt, obliegt es, gegenüber dem ausländischen Rechtsanwalt darauf hinzuwirken, dass dieser bei der Vertretung oder Verteidigung des Mandanten die Erfordernisse einer geordneten Rechtspflege beachtet (§ 28 Abs. 2 EuRAG). Es ist dagegen nicht Aufgabe des deutschen Anwalts, ohne zusätzlichen Auftrag darüber hinaus tätig zu werden. Er hat also weder die Prozessführung zu überwachen noch zu beobachten; er hat auch nicht darauf zu achten, ob der ausländische Rechtsanwalt seinen vertraglichen Pflichten gegenüber dem Mandanten nachkommt.
Rz. 8
Ein Vertragsverhältnis zwischen dem Einvernehmensanwalt und dem Mandanten kommt nicht zustande, sofern nicht etwas anderes vereinbart wird (§ 28 Abs. 3 EuRAG).
Rz. 9
Aufgrund des Einvernehmens kann der ausländische Anwalt vor dem deutschen Gericht oder der Behörde als Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigter tätig werden. Lediglich vor dem BGH kann der ausländische Rechtsanwalt nicht als Prozessbevollmächtigter auftreten (§ 27 Abs. 1 S. 2 EuRAG). Hier ist es allerdings möglich, dass ihm nach § 52 Abs. 2 BRAO die Ausführung der Parteirechte überlassen wird (§ 28 Abs. 4 EuRAG).
Rz. 10
Nach § 30 Abs. 1 S. 2 EuRAG bedarf ein ausländischer Rechtsanwalt ebenfalls des Einvernehmens mit einem deutschen Rechtsanwalt, wenn ersterer den Verkehr mit einem in Haft befindlichen oder untergebrachten Mandanten führen will. Darüber hinaus darf der ausländische Rechtsanwalt den in Haft befindlichen oder untergebrachten Mandanten nur in Begleitung des deutschen Rechtsanwalts besuchen und nur über ihn mit dem Mandanten schriftlich verkehren (§ 30 Abs. 1 EuRAG). Das Gericht oder die Behörde kann den Besuch ohne Begleitung oder den unmittelbaren schriftlichen Verkehr gestatten, wenn eine Gefährdung der Sicherheit nicht zu besorgen ist (§ 30 Abs. 2 EuRAG).