Peter Fölsch, Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
1. Anwendbarkeit von VV 1008
Rz. 13
Teilweise wird eine Erhöhung der in VV 2501 geregelten Beratungsgebühr i.H.v. 38,50 EUR für möglich gehalten, obwohl die Beratungsgebühr in VV 1008 nicht aufgeführt ist. Die wohl h.M. lehnt jedoch die Erhöhung ab, weil die Beratungsgebühr nicht vom Gesetzeswortlaut in VV 1008 erfasst ist und die Gebühr für die Beratung gem. § 34 nicht im VV geregelt ist, die Erhöhung nach VV 1008 aber nach VV Vorb. 1 nur neben den in anderen Teilen des VV geregelten Gebühren entsteht (siehe VV 1008 Rdn 75, 79).
Die Erhöhung der Beratungsgebühr VV 2501 nach VV 1008 kommt auch aus folgenden Gründen nicht in Frage:
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Die durch das KostRÄG 2021 geänderte VV Vorb. 1 bestimmt, dass die Gebühren des VV Teil 1 neben den in anderen Teilen bestimmten Gebühren oder einer Gebühr für die Beratung nach § 34 entstehen. Die Änderung soll bewirken, dass in einem § 34 unterfallenden Beratungsmandat auch eine Einigungs-, Aussöhnungs- oder Erledigungsgebühr nach VV 1000 bis 1006 anfallen kann. |
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Die durch das KostRÄG 2021 vorgenommene Änderung der VV Vorb. 1 kann zwar zu dem Schluss verleiten, dass auch neben einer Beratungsgebühr nach § 34 eine Gebührenerhöhung nach VV 1008 entstehen kann. Allerdings steht dem entgegen, dass durch das KostRÄG 2021 VV 1008 nicht angepasst worden ist. Dort werden weiterhin nur die Verfahrens- oder Geschäftsgebühr als erhöhungsfähige Gebühren genannt, eine Erweiterung des Tatbestands um die Beratungsgebühr ist nicht erfolgt. Ferner ergibt sich aus den Motiven zur Änderung der VV Vorb. 1, dass die Regelung nicht bewirken soll, dass neben der Beratungsgebühr nach § 34 auch der Mehrvertretungszuschlag nach VV 1008 entsteht. Denn nach deren Gebührentatbestand seien nur Geschäfts- und Verfahrensgebühren erhöhungsfähig. Eine solche sei die Beratungsgebühr nach § 34 nicht. Aufgrund der auch im KostRÄG 2021 nicht erfolgten Aufnahme der Beratungsgebühr in den Tatbestand von VV 1008 und der gesetzgeberischen Motive scheidet eine Erhöhung der Beratungsgebühr nach VV 1008 aus. |
2. Berechnung der Erhöhung
a) Höchstgebühr
Rz. 14
Auf der Grundlage der eine Erhöhung der Beratungsgebühr befürwortenden Auffassung ergeben sich die weiteren Folgerungen:
Ist der Anwalt für mehrere Rechtsuchende tätig, so erhöht sich die Gebühr um 30 % je weiteren Auftraggeber, also um jeweils 11,55 EUR (siehe VV 1008). Der Höchstbetrag der Erhöhung beläuft sich auf 77 EUR (200 % von 38,50 EUR), so dass die höchstmögliche Gebühr 115,50 EUR beträgt.
b) Keine Gegenstandsidentität
Rz. 15
Die Erhöhung ist unabhängig davon, ob der Anwalt für die verschiedenen Rechtsuchenden auch hinsichtlich desselben Gegenstands tätig wird oder nicht. Auf dieses Erfordernis wird bei Festgebühren verzichtet. Die Gegenstandsidentität ist nur bei Wertgebühren Erhöhungsvoraussetzung (Anm. Abs. 1 zu VV 1008; siehe VV 1008 Rdn 74 ff.).
Rz. 16
Beispiel: Die rechtskräftig geschiedene Ehefrau sucht den Anwalt auf und beauftragt ihn mit einer Beratung über Unterhaltsansprüche für sich und das gemeinsame Kind gegen den Ehemann und Kindesvater. Das Beratungsergebnis wird schriftlich zusammengefasst und dem Mandanten zugeschickt.
Abzurechnen ist wie folgt:
1. |
Beratungsgebühr, VV 2501, 1008 |
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50,05 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
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10,01 EUR |
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Zwischensumme |
60,06 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
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11,41 EUR |
Gesamt |
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71,47 EUR |
Es liegt nicht derselbe Gegenstand vor, da jeder der Rechtsuchenden einen eigenen Unterhaltsanspruch geltend macht. Die Voraussetzungen des § 1629 BGB lagen nicht vor, so dass sich der Anwalt zwei Auftraggebern gegenübersah. Da in der Beratungshilfe aber Festgebühren anfallen, schließt das Vorliegen verschiedener Gegenstände die Erhöhung nicht aus (VV 1008 Rdn 76).
Rz. 17
Die Einschränkung der Anm. Abs. 1 zu VV 1008 dahingehend, dass die Gebührenerhöhung nur dann greift, wenn der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit derselbe ist, gilt nur bei Wertgebühren. Bei der Beratungsgebühr nach VV 2501 handelt es sich aber um eine wertunabhängige Festgebühr. Daher greift die Ausschlussklausel der Anm. Abs. 1 Nr. 1 VV 1008 nicht, so dass es somit bei der 30 %-igen Erhöhung je weiteren Auftraggeber verbleibt (siehe auch VV 1008 Rdn 74 ff.). Dies mag letztlich als Ausgleich dafür verstanden werden, dass im Gegensatz zu den Wertgebühren eine Addition verschiedener Gegenstände (§ 22 Abs. 1) bei den Festgebühren nicht in Betracht kommt.