Rz. 6
Wird der Rechtsanwalt ausschließlich in einem Verfahren vor den Sozialgerichten, in welchen das GKG nicht anwendbar ist (§ 3 Abs. 1 S. 1), tätig, so erhält er nach VV 3102 eine Verfahrensgebühr in Höhe von 60 EUR bis 660 EUR (Mittelgebühr 360 EUR). Geregelt wird hier nur die Gebührenhöhe. Die Voraussetzungen für das Entstehen der Verfahrensgebühr ergeben sich hingegen aus VV Vorb. 3 Abs. 2. Sie entsteht für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Beschaffung der Information. Auf die Erläuterungen zu VV Vorb. 3 Abs. 2 wird verwiesen.
Rz. 7
Vertritt der Rechtsanwalt in dem Verfahren mehrere Auftraggeber, erhöht sich nach VV 1008 der Mindest- und Höchstbetrag der Verfahrensgebühr für jede weitere Person um 30 %, wobei das Doppelte des Mindest- und Höchstbetrags nicht überstiegen werden darf. Der Höchstrahmen bei 8 Auftraggebern oder mehr wäre daher 180 bis 1.980 EUR (Mittelgebühr 1.080 EUR). Wegen der Einzelheiten wird auf die Kommentierung zu VV 1008 verwiesen.
Rz. 8
Innerhalb des Rahmens bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr nach § 14 Abs. 1 im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Auch das Haftungsrisiko ist zu berücksichtigen. Wegen der Besonderheiten wird auf die Erläuterungen zu §§ 3 und 14 Bezug genommen.
Rz. 9
Der durch eine vorangegangene Tätigkeit im Verwaltungs- oder Nachprüfungsverfahren ersparte Aufwand ist nicht bei der konkreten Bestimmung der Gebühr, sondern ausschließlich durch die Anrechnung zu berücksichtigen. Obwohl bereits bisher in VV Vorb. 3 Abs. 4 S. 3 a.F. geregelt war, dass bei einer Betragsrahmengebühr – wie hier der VV 3102 – nicht zu berücksichtigen ist, dass der Umfang der Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren infolge der vorangegangenen Tätigkeit geringer ist, gab es in der Praxis immer wieder Probleme mit einer doppelten Berücksichtigung. In § 14 Abs. 2 ist nunmehr bestimmt, dass im Falle einer Anrechnung einer Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen ist, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen. Damit soll die gesetzgeberische Absicht betont werden, dass die Synergieeffekte, die bei einer fortschreitenden Befassung eintreten, ausschließlich durch die vorgeschriebene Anrechnung berücksichtigt werden. Die Bestimmung der Höhe der zweiten Gebühr soll so erfolgen, als sei die Rechtsanwältin oder der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen. Diese Regelung bezieht sich auf sämtliche Bemessungsmerkmale des § 14 Abs. 1.
Rz. 10
Abzulehnen ist die Vorgehensweise von einigen Gerichten, in Eilverfahren die Mittelgebühr des Gebührenrahmens von VV 3102 um ⅓ abzusenken. Dies entspricht nicht der gesetzgeberischen Intention des § 14 Abs. 1, denn bei Betragsrahmengebühren stehen nach § 14 andere Möglichkeiten für die Korrektur unbilliger Gebührenbestimmungen bzw. zur Würdigung des Charakters eines Verfahrens im einstweiligen Rechtsschutz zur Verfügung. Die zutreffende Gegenauffassung weist zudem zu Recht darauf hin, dass ein pauschaler Abschlag nicht vorzunehmen ist, da einstweilige Rechtschutzverfahren Besonderheiten aufweisen, die zu einer Erhöhung des anwaltlichen Aufwands führen wie das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache, das einen weiteren Begründungsaufwand erfordert, das Erfordernis der Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes, die Fertigung von Schriftsätzen unter erhöhtem Zeitdruck und die Beibringung von Unterlagen binnen kurzer Frist.
Ist die Tätigkeit tatsächlich weniger umfangreich oder schwierig, kann dies bei der konkreten Bemessung der Verfahrensgebühr im Einzelfall unter Heranziehung der Kriterien des § 14 Abs. 1 berücksichtigt werden. Eine generelle Herabsetzung des Rahmens bei Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz ist vom Gesetzgeber nicht vorgesehen.
Rz. 11
Bei der Höhe der Verfahrensgebühr nach VV 3102 nach Erhebung einer Untätigkeitsklage wird regelmäßig die der Untätigkeitsklage eigene Minderung vorgenommen, da die Untätigkeitsklage ein rein prozessuales Instrument zur Beschleunigung des Verfahrens ist und – anders als insbesondere im verwaltungsgerichtlichen Verfahren – keinen unmittelbaren Weg zur Erlangung der begehrten Sozialleistung eröffnet. Sie ist lediglich auf die Bescheidung eines Antrags oder Widerspruchs gerichtet. Zur Bestimmung der angemessenen Betragsrahmengebühr bei Untätigkeitsklage gibt es in der Rechtsprechung eine Vielzahl von Ansätzen: die vierfache Mindestgebühr und dreifache Mindestgebühr wird ebenso diskutiert wie die Absenkung der Mittelgebühr um 25 %, der Ansatz der doppelten Mindestgebühr oder die Minderung der Mittelgebühr um 25 % der Differenz zwischen Mittelgebühr und Höchstgebühr oder der Ansatz der halben Mittelgebühr, ein Drittel der Mittelgebühr, von 60 % der Mittelgebühr oder von 75 % der Mittelgebühr.