Rz. 81
Führen die Parteien oder die Beteiligten in einem Termin auch Einigungsverhandlungen, die sich auf in diesem Verfahren nicht rechtshängige Ansprüche beziehen, so lassen sich aus der Regelung in Anm. Abs. 2 zwei verschiedene Rechtsfolgen ableiten: Zum einen wird klargestellt, dass auch die in diesem Verfahren nicht rechtshängigen Ansprüche bei der Berechnung der Terminsgebühr zu berücksichtigen sind. Zum anderen enthält die Vorschrift eine Anrechnungsregelung. Es entsteht also in dem Verfahren, in welchem der Termin stattfindet – nicht dagegen in dem Verfahren, dessen Gegenstand einbezogen wird – eine 1,2-Terminsgebühr. Dieser Gebühr ist der Wert der rechtshängigen sowie der nicht in diesem Verfahren rechtshängigen Ansprüche zugrunde zu legen, die Gegenstand der Einigungsverhandlungen der Parteien waren.
Beispiel: In einem Rechtsstreit auf Zahlung von 5.000 EUR verhandeln die Anwälte darüber, einen in diesem Verfahren nicht rechtshängigen Anspruch des Beklagten i.H.v. 3.000 EUR in einen Gesamtvergleich mit einzubeziehen. Die Einigung scheitert.
Die 1,2-Terminsgebühr fällt hier aus einem Wert von 8.000 EUR an.
Rz. 82
Hinsichtlich der nicht rechtshängigen Ansprüche setzt die Entstehung der Terminsgebühr lediglich voraus, dass im Termin von den Anwälten oder Parteien Einigungsverhandlungen geführt wurden – sie müssen nicht erfolgreich gewesen sein. Aus dem Wortlaut ergibt sich weiter, dass die betreffenden Ansprüche im Verfahren nicht rechtshängig sein dürfen. Sie können also:
▪ |
überhaupt nicht rechtshängig sein oder |
▪ |
in einem anderen Verfahren rechtshängig sein oder |
▪ |
bereits rechtskräftig festgestellt sein. |
Rz. 83
Die Anrechnung der solchermaßen entstandenen Terminsgebühr auf die in einer anderen Angelegenheit entstandene Terminsgebühr erfolgt nur in begrenzter Höhe: Angerechnet wird die Terminsgebühr nur, soweit sie den sich ohne Berücksichtigung der nicht rechtshängigen Ansprüche ergebenden Gebührenbetrag übersteigt.
Beispiel: Im obigen Beispiel (siehe Rdn 81) wird nach der gescheiterten Einigung die Forderung von 3.000 EUR gesondert eingeklagt. Die Terminsgebühr im Erstverfahren (Wert: 8.000 EUR) betrug 602,40 EUR. Ohne Berücksichtigung der nicht rechtshängigen Ansprüche wäre eine Terminsgebühr nur aus einem Wert von 5.000 EUR und damit i.H.v. 400,80 EUR entstanden. Folglich ist auch nur der Differenzbetrag von 201,60 EUR (602,40 EUR – 400,80 EUR) auf die Terminsgebühr des zweiten Verfahrens (Wert: 3.000 EUR) anzurechnen. Es ergibt sich folgende Abrechnung:
1. Verfahren: |
|
1,2-Terminsgebühr aus 8.000 EUR |
602,40 EUR |
2. Verfahren: |
|
1,2-Terminsgebühr aus 3.000 EUR |
266,40 EUR |
abzgl. Anrechnung |
– 201,60 EUR |
Gesamtbetrag Terminsgebühr |
64,80 EUR |
Rz. 84
Da der Wortlaut der Anrechnungsvorschrift nicht von "einem anderen Verfahren", sondern vielmehr von "einer anderen Angelegenheit" spricht, greift die Anrechnungsregelung nicht erst dann, wenn die betreffenden Ansprüche in einem Verfahren rechtshängig sind. Erfasst wird vielmehr auch eine Terminsgebühr, die der Anwalt für eine außergerichtliche Besprechung vor Rechtshängigkeit erhält. In diesem Fall ist allerdings erforderlich, dass der Anwalt schon einen Verfahrensauftrag hat, da sonst die Terminsgebühr nach VV Vorb. 3 Abs. 3 nicht entstehen kann (im Einzelnen vgl. VV Vorb. 3 Rdn 168 ff.).
Rz. 85
Eine ähnliche Anrechnungsregelung enthält auch hinsichtlich der Verfahrensgebühr Anm. Abs. 1 zu VV 3101. Wegen weiterer Einzelheiten wird daher auf die dortige Kommentierung verwiesen (VV 3101 Rdn 103 ff.).