I. Termin nach VV Vorb. 3 Abs. 3

 

Rz. 8

Die Terminsgebühr nach VV 3202 entsteht zunächst einmal unter sämtlichen Voraussetzungen der VV Vorb. 3 Abs. 3, also bei

Wahrnehmung von gerichtlichen Terminen, ausgenommen Termine nur zur Verkündung einer Entscheidung (S. 1),
Wahrnehmung eines von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Termins (S. 3 Nr. 1) oder
Mitwirkung an Besprechungen, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sind, ausgenommen Besprechungen mit dem Auftraggeber (S. 3 Nr. 2).
 

Rz. 9

Die Terminsgebühr nach VV 3202 für die Vertretung in einem Gerichtstermin entsteht nur, wenn der Termin auch stattfindet. Dies setzt voraus, dass das Gericht, sofern der Termin nicht förmlich aufgerufen wird, zumindest konkludent mit dem Termin "begonnen" hat.[3]

 

Rz. 10

Führen die Anwälte Besprechungen auch ohne Beteiligung des Gerichts zur Erledigung des Berufungsverfahrens, so entsteht die Terminsgebühr nach VV Vorb. 3 Abs. 3, S. 3 Nr. 2 immer. Die frühere zum Teil gegenteilige Auffassung des BGH,[4] die irrig davon ausging, dass auch eine Terminsgebühr durch eine Besprechung der Anwälte nur in einem Verfahren mit obligatorischer mündlicher Verhandlung anfallen könne, ist nach der Neufassung der VV Vorb. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 nicht mehr vertretbar. Auf diese frühere Rechtsprechung, die ohnehin verfehlt war, kann nicht mehr zurückgegriffen werden.

 

Rz. 11

Die Terminsgebühr entsteht nach VV Vorb. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 auch dann, wenn der Richter vor einem Hinweisbeschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO jeweils telefonisch mit den Prozessbevollmächtigten beider Parteien über eine vergleichsweise Beilegung des Rechtsstreits verhandelt.[5]

[3] BGH 12.10.2010 – VIII ZB 16/10, AGS 2010, 527 = RVGreport 2011, 63 = NJW 2011, 388.
[4] BGH 15.3.2007 – V ZB 170/06, AGS 2007, 397 = RVGreport 2007, 271 = NJW 2007, 2644.
[5] OLG Düsseldorf AGS 2011, 322 = JurBüro 2011, 304.

II. Anwendung der Anm. Abs. 1 Nr. 1 und 3 zu VV 3104

1. Verfahren mit vorgeschriebener mündlicher Verhandlung

 

Rz. 12

Aus der Verweisung in der Anm. Abs. 1 auf die Anm. zu VV 3104 ergibt sich, dass auch im Berufungsverfahren die Terminsgebühr anfällt, wenn "schriftlich verhandelt" wird. Insoweit gelten keine Besonderheiten, sodass auf die Kommentierung zu Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu VV 3104 Bezug genommen werden kann.

 

Rz. 13

Da es sich bei einem Berufungsverfahren immer um ein Verfahren mit vorgeschriebener mündlicher Verhandlung handelt (z.B. §§ 525 S. 1, 128 Abs. 1 ZPO; §§ 125 Abs. 1 S. 1, 101 Abs. 1 VwGO; §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 1 SGG), bereitet diese Voraussetzung grundsätzlich keine Probleme, was der BGH jedoch verkennt. Weitere Voraussetzung ist jedoch, dass die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung im Einverständnis mit den Parteien erfolgte. Kann das Gericht die konkrete Entscheidung auch ohne deren Einverständnis treffen, kommt eine Terminsgebühr nach der Anm. gleichwohl nicht in Betracht.

 

Rz. 14

In Verfahren vor dem Finanzgericht ist in der Hauptsache ebenfalls grundsätzlich eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben (§ 90 Abs. 1 FGO).

 

Rz. 15

Bei den Beschwerdeverfahren nach VV Vorb. 3.2.1 Nr. 2 ist zu unterscheiden:

In Beschwerdeverfahren

in Ehe- und Familienstreitsachen (§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 128 Abs. 1 ZPO),
in Beschlussverfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen (§§ 90 Abs. 2, 83 Abs. 4 S. 3 ArbGG),
in personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit (§ 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. §§ 87 ff. ArbGG) sowie
nach dem GWB (§ 69 Abs. 1 GWB),
nach dem EnWG (§ 81 Abs. 1 EnWG),
nach dem KSpG (§ 35 Abs. 6 S. 1 KSpG i.V.m. § 81 Abs. 1 EnWG),
nach dem VSchDG (§ 18 Abs. 1 VSchDG) sowie
nach dem WpÜG (§ 54 Abs. 1 WpÜG)

ist grundsätzlich eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben, sodass Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu VV 3104 Anwendung finden kann.

In den Beschwerdeverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit – zu denen auch die Verfahren nach dem SpruchG zählen – und nach h.M. auch in den übrigen Familiensachen kann hingegen auch ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, sodass eine fiktive Terminsgebühr hier nicht in Betracht kommt.

2. Schriftliche Entscheidung im Einverständnis mit den Parteien

 

Rz. 16

Weitere Voraussetzung ist allerdings, wie sich aus der Verweisung in Anm. Abs. 1 auf Anm. Abs. 1 zu VV 3104 ergibt, dass

im Einverständnis mit den Parteien oder Beteiligten oder
gemäß § 307 ZPO[6] ohne mündliche Verhandlung entschieden

wird.

 

Rz. 17

Da eine Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO in Anm. Abs. 1 unter Verweis auf Anm. Abs. 1 zu VV 3104 nicht erwähnt wird und diese Entscheidung auch nicht dem Einverständnis der Parteien oder Beteiligten bedarf, scheitert die Terminsgebühr an dieser Voraussetzung, wenn das Gericht nach § 522 Abs. 2 ZPO entscheidet.[7]

 

Rz. 18

Dasselbe gilt auch bei ähnlichen Regelungen in den übrigen Verfahrensordnungen, wenn das Gericht das Rechtsmittel durch Beschluss zurückweisen kann.

 

Rz. 19

Nach § 130a VwGO kann das OVG/der VGH über die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung entscheiden, wenn das Gericht sie einstimmig für begründet oder einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Nach § 130a S. 2 VwGO i...

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