1. Verfahren mit vorgeschriebener mündlicher Verhandlung
Rz. 12
Aus der Verweisung in der Anm. Abs. 1 auf die Anm. zu VV 3104 ergibt sich, dass auch im Berufungsverfahren die Terminsgebühr anfällt, wenn "schriftlich verhandelt" wird. Insoweit gelten keine Besonderheiten, sodass auf die Kommentierung zu Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu VV 3104 Bezug genommen werden kann.
Rz. 13
Da es sich bei einem Berufungsverfahren immer um ein Verfahren mit vorgeschriebener mündlicher Verhandlung handelt (z.B. §§ 525 S. 1, 128 Abs. 1 ZPO; §§ 125 Abs. 1 S. 1, 101 Abs. 1 VwGO; §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 1 SGG), bereitet diese Voraussetzung grundsätzlich keine Probleme, was der BGH jedoch verkennt. Weitere Voraussetzung ist jedoch, dass die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung im Einverständnis mit den Parteien erfolgte. Kann das Gericht die konkrete Entscheidung auch ohne deren Einverständnis treffen, kommt eine Terminsgebühr nach der Anm. gleichwohl nicht in Betracht.
Rz. 14
In Verfahren vor dem Finanzgericht ist in der Hauptsache ebenfalls grundsätzlich eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben (§ 90 Abs. 1 FGO).
Rz. 15
Bei den Beschwerdeverfahren nach VV Vorb. 3.2.1 Nr. 2 ist zu unterscheiden:
In Beschwerdeverfahren
ist grundsätzlich eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben, sodass Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu VV 3104 Anwendung finden kann.
In den Beschwerdeverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit – zu denen auch die Verfahren nach dem SpruchG zählen – und nach h.M. auch in den übrigen Familiensachen kann hingegen auch ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, sodass eine fiktive Terminsgebühr hier nicht in Betracht kommt.
2. Schriftliche Entscheidung im Einverständnis mit den Parteien
Rz. 16
Weitere Voraussetzung ist allerdings, wie sich aus der Verweisung in Anm. Abs. 1 auf Anm. Abs. 1 zu VV 3104 ergibt, dass
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im Einverständnis mit den Parteien oder Beteiligten oder |
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gemäß § 307 ZPO ohne mündliche Verhandlung entschieden |
wird.
Rz. 17
Da eine Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO in Anm. Abs. 1 unter Verweis auf Anm. Abs. 1 zu VV 3104 nicht erwähnt wird und diese Entscheidung auch nicht dem Einverständnis der Parteien oder Beteiligten bedarf, scheitert die Terminsgebühr an dieser Voraussetzung, wenn das Gericht nach § 522 Abs. 2 ZPO entscheidet.
Rz. 18
Dasselbe gilt auch bei ähnlichen Regelungen in den übrigen Verfahrensordnungen, wenn das Gericht das Rechtsmittel durch Beschluss zurückweisen kann.
Rz. 19
Nach § 130a VwGO kann das OVG/der VGH über die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung entscheiden, wenn das Gericht sie einstimmig für begründet oder einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Nach § 130a S. 2 VwGO i.V.m. § 125 Abs. 2 S. 3–5 VwGO sind die Beteiligten vorher zu hören. Gegen den Beschluss steht den Beteiligten das Rechtsmittel zu, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Die Beteiligten sind über dieses Rechtsmittel zu belehren. Ergeht eine solche Entscheidung erhält der Rechtsanwalt im Gegensatz zur früheren Fassung des RVG keine Terminsgebühr mehr. Der früher in Anm. Abs. 2 zu VV 3202 genannte Fall des § 130a VwGO ist gestrichen worden, da nach Auffassung des Gesetzgebers weder ein besonderer Aufwand des Anwalts ersichtlich ist, noch die Parteien eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung verhindern können. Daher sei die Notwendigkeit einer besonderen Terminsgebühr nicht ersichtlich. Durch die Streichung wurde konsequent der Grundsatz umgesetzt, dass eine Terminsgebühr bei schriftlicher Entscheidung oder schriftlichem Vergleich nur dann anfallen soll, wenn eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist.
Rz. 20
Im Fall des § 153 Abs. 4 SGG, wonach das LSG außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 S. 1 SGG die Berufung durch Beschluss zurückweisen kann, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, fällt ebenfalls keine Terminsgebühr nach der Anm. an.
Rz. 21
Auch bei einer Entscheidung nach § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG entsteht keine fiktive Terminsgebühr. Soweit man davon ausgeht, dass in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nie eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben sei, kommt hier eine fiktive Terminsgebühr ohnehin nicht in Betracht, zumal es dann auch nicht auf § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG ankommt, da das Gericht ja ohnehin von der mündlichen Verhandlung absehen kann. Problematisch ist der Fall in Familienstreitsachen. Hier kann das OLG nach § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Nach § 68 Abs. 3 S. 1 FamFG sind die jeweiligen Vorschrift...