Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
a) Besondere Angelegenheit
Rz. 95
Aus Abs. 1 Nr. 1 und 2 ergibt sich zunächst einmal der Grundsatz, dass Vollstreckungs- bzw. Vollziehungsmaßnahmen und Maßnahmen im Verwaltungszwangs- bzw. -vollstreckungsverfahren gegenüber dem Verfahren, in dem der Vollstreckungstitel geschaffen wurde, eine selbstständige und damit besonders zu vergütende Angelegenheit darstellen. Allerdings zählen gewisse Tätigkeiten für den Rechtsanwalt, der den Mandanten bereits im titelschaffenden Verfahren (Hauptsacheverfahren) vertreten hatte, noch zum Rechtszug und werden für ihn nicht besonders vergütet (vgl. § 19 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 9, 12, 13, 16, § 19 Abs. 2).
b) Ende des Hauptsacheverfahrens und Beginn der Zwangsvollstreckung
Rz. 96
Die Zwangsvollstreckung bildet gegenüber dem Hauptsacheverfahren eine besondere Angelegenheit. Der Rechtsanwalt erhält aber keine besonderen Gebühren
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für Tätigkeiten, die als Neben- und Abwicklungstätigkeiten mit dem der Zwangsvollstreckung vorhergehenden Erkenntnis- bzw. Hauptsacheverfahren zusammenhängen sowie |
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für Tätigkeiten, die die Zwangsvollstreckung vorbereiten. |
Diese Tätigkeiten werden mit den Gebühren abgegolten, die in dem Rechtszug entstanden sind.
Rz. 97
Es ist daher zu unterscheiden, ob der Rechtsanwalt bereits im vorhergehenden Erkenntnis- bzw. Hauptsacheverfahren tätig war oder nicht:
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Für den Rechtsanwalt, der im Erkenntnis- bzw. Hauptsacheverfahren nicht als Prozessbevollmächtigter tätig war, beginnt die gebührenrechtliche Angelegenheit der Zwangsvollstreckung nach entsprechender Auftragserteilung mit Tätigkeiten, die die Zwangsvollstreckung lediglich vorbereiten. Dazu gehören insbesondere die Mitwirkung bei der Erbringung der Sicherheitsleistung (§ 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 7), die Erteilung des Notfrist- oder Rechtskraftzeugnisses (§ 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9), die erstmalige Erteilung der Vollstreckungsklausel (§ 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 13) und die Zustellung des Vollstreckungstitels, der Vollstreckungsklausel und der sonstigen in § 750 ZPO genannten Urkunden (§ 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 15). |
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Für den bereits im Erkenntnis- bzw. Hauptsacheverfahren tätigen Rechtsanwalt sind die o.g. Tätigkeiten gemäß § 19 Abs. 1 noch mit den Gebühren für das Erkenntnis- bzw. Hauptsacheverfahren abgegolten. |
Rz. 98
Zu der Frage, wann das Hauptsacheverfahren endet und die Vollstreckung im gebührenrechtlichen Sinn beginnt und die insoweit entfalteten Tätigkeiten somit nicht mehr von den Gebühren des Hauptsacheverfahrens abgegolten werden, vgl. im Einzelnen Rdn 96 ff. Insoweit ist auch § 19 Abs. 2 zu beachten. Aus dem einleitenden Satz in § 19 Abs. 2 "zu den in § 18 Abs. 1 Nr. 1 und 2 genannten Verfahren gehören insbesondere" ergibt sich, dass die dort beispielhaft aufgeführten Angelegenheiten solche des Zwangsvollstreckungs- bzw. Vollziehungsverfahrens sind. Die Tätigkeiten in diesen Verfahren gehören nicht mehr zum Rechtszug der Hauptsache, sondern sind solche in der Zwangsvollstreckung, so dass sie stets eine Verfahrensgebühr gemäß VV 3309 auslösen, wenn der Anwalt allein und erstmalig mit einer dieser Tätigkeiten beauftragt ist.
Rz. 99
Sämtliche Tätigkeiten in den in §§ 18 Abs. 1 Nr. 4 bis 21, 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 11, 12, 13 und 16 und § 19 Abs. 2 genannten Angelegenheiten stellen solche in der Zwangsvollstreckung dar. Dazu gehören z.B.: Erteilung der Vollstreckungsklausel, Zustellung des Vollstreckungstitels (zu den Besonderheiten bei der einstweiligen Verfügung siehe Rdn 53 ff.), Aufhebung von Pfändungen, Eintragung bzw. Löschung einer Zwangshypothek, eidesstattliche Versicherung bzw. Vermögensauskunft, Ausüben einer Veröffentlichungsbefugnis.
Rz. 100
Insoweit ist aber stets zu beachten, dass für die in § 19 genannten Tätigkeiten die Vollstreckungsgebühr nur erwächst, wenn keine andere gebührenauslösende Tätigkeit vorangegangen ist (sie also nicht zusätzlich erwächst), und die in § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 13 und 16 aufgeführten Tätigkeiten für den auch schon im zugrunde liegenden Erkenntnisverfahren tätigen Anwalt zum Rechtszug gehören (§ 19 Abs. 1 S. 1), für ihn also keine Vollstreckungsgebühr begründen.
Rz. 101
Hingegen sind die in § 18 Abs. 1 Nr. 4 bis 21 genannten Tätigkeiten solche in der Zwangsvollstreckung und lösen stets eine Vollstreckungsgebühr aus, unabhängig davon, ob eine Vollstreckungsgebühr bereits aufgrund einer anderen Tätigkeit verdient worden ist oder nicht.
Rz. 102
§ 19 Abs. 2 regelt das Verhältnis der dort genannten Maßnahmen zum Zwangsvollstreckungsverfahren, § 19 Abs. 1 das Verhältnis zum Erkenntnisverfahren. § 18 Abs. 1 Nr. 1 und 2 wird damit durch § 19 Abs. 2 an überraschender, aber gesetzessystematisch richtiger Stelle ergänzt. War der Rechtsanwalt bereits in dem Zwangsvollstreckungs- bzw. Vollziehungsverfahren i.S.v. § 18 Abs. 1 Nr. 1 und 2 tätig, ist die Tätigkeit in den in § 19 Abs. 2 genannten Angelegenheiten mit der aufgrund der früheren oder einer späteren Tätigkeit entstandenen Verfahrensgebühr nach VV 3309 abgegolten, soweit keiner der Fälle des § 18 Abs. 1 Nr. 3 bis 21 vorliegt.
Rz. 103
§ 19 Abs. 2 trifft eine Regelung nur für Maßnahmen nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 und 2, nic...