Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
aa) Grundsatz
Rz. 219
Wird der Auftrag, eine gütliche Erledigung mit dem Schuldner zu versuchen, mit dem Auftrag für weitere Vollstreckungsmaßnahmen kombiniert, entsteht bereits für den Auftrag zur gütlichen Erledigung die Verfahrensgebühr VV 3309. Allerdings bildet der Auftrag zur gütlichen Erledigung keine besondere Angelegenheit. Zwar entsteht bei einem kombinierten Auftrag eine weitere Verfahrensgebühr nach VV 3309, wenn die Bedingung für den weiteren Auftrag eingetreten ist und dadurch aus dem bedingten Auftrag ein unbedingter geworden ist. Allerdings ist Voraussetzung für den Anfall von zwei Verfahrensgebühren nach VV 3309, dass beide Maßnahmen verschiedene gebührenrechtliche Angelegenheiten bilden. Das ist indes bei einem mit einem Auftrag für weitere Vollstreckungsmaßnahmen kombinierten Auftrag zur gütlichen Erledigung nicht der Fall.
Rz. 220
Soll der Gerichtsvollzieher aufgrund des Vollstreckungsauftrags zunächst eine gütliche Einigung versuchen, bei deren Scheitern jedoch ohne weiteres weitere Vollstreckungsmaßnahmen vornehmen, etwa eine Pfändung durchführen oder eine Vermögensauskunft einholen, kann die Vollstreckung zwar schon durch eine gütliche Einigung beendet werden. Ist dies aber nicht der Fall, wird die weitere Vollstreckung vom Gerichtsvollzieher aufgrund des schon erteilten, einheitlichen Vollstreckungsauftrags des Gläubigers betrieben. Der gescheiterte Versuch der gütlichen Einigung stellt sich dann im Fall des kombinierten Vollstreckungsauftrags lediglich als bloß vorbereitende Vollstreckungshandlung dar, die nur dazu dient, die nachfolgenden Vollstreckungsmaßnahmen zu betreiben.
Deshalb ist wie folgt zu unterscheiden:
bb) Erfolgreiche gütliche Erledigung
Rz. 221
Führt der Versuch der isoliert beauftragten gütlichen Erledigung durch den Gerichtsvollzieher zum Erfolg (z.B. Abschluss einer Zahlungsvereinbarung, § 802b Abs. 2 ZPO), verbleibt es für den Anwalt bei der bereits durch die Stellung des Antrages auf gütliche Erledigung verdienten Verfahrensgebühr VV 3309.
cc) Erfolglose gütliche Erledigung
Rz. 222
Führt der isolierte Auftrag zur gütlichen Erledigung nicht zum Erfolg bzw. kommt die gütliche Erledigung nicht zustande und wird deshalb vom Gerichtsvollzieher der bedingt für den Fall des Scheiterns der gütlichen Erledigung gestellte Vollstreckungsauftrag durchgeführt, bildet die gütliche Erledigung keine besondere Angelegenheit. Es entsteht insgesamt eine Verfahrensgebühr VV 3309. Zwar könnten die allgemeinen vom BGH entwickelten Grundsätze zur Vollstreckungsmaßnahme und Vollstreckungshandlung sowie die Nennung der gütlichen Erledigung als eigene Vollstreckungsmaßnahme in § 802a Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO zunächst dafür sprechen, dass die gütliche Erledigung und die folgende Vollstreckung verschiedene Angelegenheiten bilden. Denn die vom Anwalt beantragte isolierte gütliche Erledigung ist durch ihr Scheitern beendet.
Rz. 223
Allerdings wird dieses Ergebnis den Besonderheiten der gütlichen Erledigung nicht gerecht. Es muss zum einen berücksichtigt werden, dass es eines ausdrücklichen Auftrags zur gütlichen Erledigung überhaupt nicht bedarf. Der Gerichtsvollzieher ist bereits aufgrund des (allgemeinen) Vollstreckungsauftrags befugt, die gütliche Erledigung zu versuchen. Zum anderen soll der Gerichtsvollzieher die gütliche Erledigung in jeder Lage des Verfahrens (§ 802b Abs. 1 ZPO) versuchen (vgl. Rdn 214 f.). Das zeigt, dass die gütliche Erledigung auch im Falle ihres Scheiterns nicht dauerhaft beendet ist. Vielmehr kann es auch anschließend wieder zu einer gütlichen Erledigung kommen. Deshalb ist die gütliche Erledigung im Rahmen eines kombinierten Auftrages nicht als besondere Angelegenheit, sondern als (vorbereitende) Vollstreckungshandlung im Rahmen einer Vollstreckungsmaßnahme zu betrachten. Der Versuch der gütlichen Erledigung steht entweder im Zusammenhang mit einer laufenden oder
einer danach eingeleiteten Vollstreckungsmaßnahme.
Beispiel: Der Rechtsanwalt beauftragt den Gerichtsvollzieher mit der gütlichen Erledigung und für den Fall deren Scheiterns mit der Mobiliarvollstreckung. Weil der Anwalt dem vom Gerichtsvollzieher festgesetzten und ihm mitgeteilten Zahlungsplan widerspricht, führt der Gerichtsvollzieher die Mobiliarvollstreckung durch.
Die Tätigkeiten im Rahmen der gütlichen Erledigung haben für den Rechtsanwalt die Verfahrensgebühr VV 3309 ausgelöst. Für die Tätigkeit bei der anschließenden Mobiliarvollstreckung entsteht die Gebühr aber nicht erneut. Die gütliche Erledigung sowie die Mobiliarvollstreckung bilden dieselbe Angelegenheit.