I. Umfang der Angelegenheit
Rz. 4
Soweit der Anwalt Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigter bzw. Verteidiger ist, erhält er für die Rüge oder für die Abwehr der Rüge keine gesonderte Vergütung. Seine Tätigkeit wird nach § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 vielmehr durch die Gebühren der Hauptsache abgegolten. Weder das Verfahren über die Rüge selbst noch das weitere Verfahren nach erfolgreicher Rüge lösen eine neue Angelegenheit aus (§ 15 Abs. 1). Das gilt unabhängig davon, ob sich die Gebühren nach VV Teil 3 richten oder nach VV Teil 4–6.
Rz. 5
Ist der Anwalt dagegen ausschließlich mit der Rüge oder mit der Abwehr einer vom Gegner erhobenen Rüge beauftragt, so erhält er die Vergütung nach VV 3330, 3331, soweit VV Teil 3 anwendbar ist.
Rz. 6
Wird der Anwalt zunächst mit der Vertretung im Verfahren über die Rüge beauftragt und nach Erfolg der Rüge im anschließenden fortgesetzten Verfahren, so ist ebenfalls nur eine Angelegenheit gegeben, da lediglich eine Auftragserweiterung vorliegt und kein Auftrag zu einer neuen Angelegenheit. Die bereits verdiente Vergütung nach VV 3330 geht dann in der anschließenden Vergütung der Hauptsache auf. Die weitere Tätigkeit bildet mit der Gehörsrüge eine Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 2. Es entsteht nicht etwa eine neue Angelegenheit:
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Die Vorschrift des § 17 Nr. 1 ist nicht anwendbar, da die Gehörsrüge kein Rechtsmittel ist. |
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Die Vorschrift des § 21 Abs. 1 S. 1 greift ebenso wenig, da es mangels eines Rechtsmittels an einer Zurückverweisung fehlt. |
Es bleibt vielmehr bei dem Grundsatz des § 15 Abs. 1 u. 2, wonach sämtliche Gebühren insgesamt nur einmal anfallen können.
II. Die Gebühren
1. Wertgebühren
a) Verfahrensgebühr, VV 3330
Rz. 7
Der Anwalt erhält zunächst einmal eine Verfahrensgebühr nach VV 3330. Die Höhe der Gebühr im Verfahren über die Rüge beläuft sich auf die Höhe der Verfahrensgebühr im zugrunde liegenden Verfahren, höchstens jedoch auf 0,5. Das gilt auch dann, wenn die Gehörsrüge im Rechtsmittelverfahren erhoben wird.
Rz. 8
Die Begrenzung greift also nur, wenn die Hauptsachegebühr nicht unter 0,5 liegt (so z.B. in der Zwangsvollstreckung mit 0,3, VV 3309) oder die Verfahrensgebühr ohnehin 0,5 beträgt (so z.B. in einfachen Beschwerdeverfahren, VV 3500).
Rz. 9
Die Verfahrensgebühr erhöht sich nach VV 1008 bei mehreren Auftraggebern um jeweils 0,3 je weiteren Auftraggeber, höchstens um 2,0, sofern der Gegenstand der Hauptsache derselbe ist.
Rz. 10
Eine Reduzierung der Verfahrensgebühr bei vorzeitiger Erledigung ist nicht vorgesehen (arg. e VV 3337).
b) Terminsgebühr, VV 3331
Rz. 11
Findet im Verfahren über die Gehörsrüge ein Termin i.S.d. VV Vorb. 3 Abs. 3 statt, erhält der Anwalt nach VV 3331 eine Terminsgebühr in Höhe von 0,5.
Rz. 12
Eine fiktive Terminsgebühr bei Entscheidung ohne mündliche Verhandlung oder Abschluss eines schriftlichen Vergleichs ist mangels Bezugnahme auf die entsprechenden Vorschriften (Anm. Abs. 1 zu VV 3104 etc.) nicht möglich, abgesehen davon, dass eine mündliche Verhandlung über die Gehörsrüge nicht vorgeschrieben ist.
Rz. 13
Anders als nach der früheren Gesetzesfassung ist die Terminsgebühr (VV 3331) jetzt unproblematisch, wenn die Terminsgebühr in der Hauptsache unter dem Gebührensatz von 0,5 liegt. Nach dem früheren Wortlaut konnte im Verfahren über die Gehörsrüge eine höhere Terminsgebühr anfallen als in der Hauptsache. Das ist jetzt nicht mehr möglich.
Beispiel: In einem Verfahren auf Festsetzung eines Zwangsgelds wird Anhörungsrüge erhoben. Es kommt zu einem Termin über die Anhörungsrüge.
Der Anwalt erhält nach VV 3330 nur eine 0,3-Verfahrensgebühr. Nach der früher anzuwendenden der VV 3332 hätte er dagegen eine 0,5-Terminsgebühr verdient, obwohl in der Hauptsache nur eine 0,3-Terminsgebühr hätte anfallen können. Jetzt ist mit der neuen VV 3331 klargestellt, dass auch der Gebührensatz der Terminsgebühr nicht höher als 0,3 liegen kann.
c) Einigungs-, Erledigungs- und Aussöhnungsgebühr
Rz. 14
Möglich ist auch der Anfall einer Einigungsgebühr nach VV 1000, einer Erledigungsgebühr nach VV 1002 und auch einer Aussöhnungsgebühr nach VV 1001. Da der Gegenstand im Verfahren der Gehörsrüge noch anhängig i.S.d. VV 1003 ist, entsteht die Gebühr nur zu 1,0, bei Anhängigkeit im Rechtsmittelverfahren zu 1,3 (VV 1004). Soweit sich auch über nicht anhängige Gegenstände geeinigt wird, entsteht die Gebühr zu 1,5 (VV 1000). Zu beachten ist die Begrenzung nach § 15 Abs. 3.
d) Gegenstandswert
Rz. 15
Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 23 Abs. 2 S. 3. Maßgebend ist das Interesse der Partei.
Rz. 16
Dabei bemisst sich der Gegenstandswert nicht unbedingt nach dem Wert der Hauptsache. Wie sich aus den jeweiligen Verfahrensvorschriften ergibt, kann die Rüge nur im Rahmen der Beschwer erhoben werden, sodass der Gegenstandswert den Betrag der Verurteilung oder anderweitigen Beschwer nicht überschreiten kann. Darüber hinaus kann sich die Gehörsrüge auch auf einen Teil der Verurteilung beschränken.
Beispiel: Der Kläger hatte drei Mietforderungen zu 300 EUR eingeklagt. Hinsichtlich der ersten Miete ist der Klage stattgegeben worden; hinsichtlich der beiden weitere...