a) Gesetzliche Regelung
Rz. 92
Den Maßstab für die Erstattungsfähigkeit von Kosten eines Verkehrsanwalts legt § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO fest. Danach sind nur solche Kosten zu erstatten, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Vor der Erweiterung der Postulationsfähigkeit der Rechtsanwälte war es in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte und der Literatur weitgehend einheitliche Ansicht, dass die Einschaltung eines Verkehrsanwalts, grundsätzlich nicht notwendig ist und im Allgemeinen nur die Kosten einer oder ggf. mehrerer Informationsreisen der auswärtigen Partei zu ihrem Prozessbevollmächtigten erstattungsfähig sind. Danach sind Kosten des Verkehrsanwalts nach den Umständen des Einzelfalls ausnahmsweise erstattungsfähig, wenn es der Partei etwa wegen Krankheit oder sonstiger persönlicher Unfähigkeit unmöglich oder unzumutbar ist, den Prozessbevollmächtigten am entfernten Gerichtsort persönlich oder schriftlich und telefonisch zu informieren. Im Berufungsverfahren kann die Beteiligung eines Verkehrsanwalts auch dann notwendig werden, wenn ein neuer tatsächlich oder rechtlich besonders schwieriger Prozessstoff in das Verfahren eingeführt wird. Die gesetzliche Regelung für die Erstattungsfähigkeit von Verkehrsanwaltskosten findet sich in § 91 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 ZPO. Danach sind die Kosten eines Verkehrsanwalts erstattungsfähig, wenn sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren.
b) Notwendigkeit
aa) Grundsatz
Rz. 93
Die Notwendigkeit, einen Verkehrsanwalt einzuschalten, ist grundsätzlich nur dann gegeben, wenn die Partei selbst nicht in der Lage ist, den am auswärtigen Gericht tätigen Verfahrensbevollmächtigten selbst zu unterrichten.
Ist es der Partei dagegen ohne Weiteres möglich, den am auswärtigen Gericht tätigen Anwalt ebenso zu unterrichten und mit den notwendigen Unterlagen zu versehen, wie den am eigenen Ort tätigen Anwalt, kommt eine unmittelbare Erstattungsfähigkeit nicht in Betracht. Die Kosten eines Verkehrsanwalts können dann lediglich unter dem Gesichtspunkt ersparter anderweitiger Kosten wie z.B. erstattungsfähiger Reisekosten des Hauptbevollmächtigten, zu erstatten sein.
bb) Gesundheitliche Gründe
Rz. 94
Die Notwendigkeit, einen Verkehrsanwalt einzuschalten, kann sich unter Umständen daraus ergeben, dass es der Partei aus gesundheitlichen oder altersbedingten Gründen nicht zumutbar ist, eine Informationsreise zu dem Verfahrensbevollmächtigten zu unternehmen. Gleiches gilt für eine schwerbehinderte Partei. In solchen Fällen wird es auf die Entfernung ankommen sowie auf die konkrete Beeinträchtigung. Auch in diesen Fällen scheidet aber eine Erstattungsfähigkeit aus, wenn eine telefonische und schriftliche Unterrichtung ausreichend gewesen wäre.
cc) Soziale und wirtschaftliche Gründe
Rz. 95
Möglich ist auch, dass es der Partei aus sozialen oder wirtschaftlichen Bedingungen unmöglich ist, eine erforderliche Informationsreise zum auswärtigen Verfahrensbevollmächtigten zu unternehmen. Nach von Eicken soll ein solcher Fall beispielsweise bei einer allein erziehenden Mutter gegeben sein, die mehrere Kleinkinder zu betreuen hat. Auch die persönliche Betreuung anderer pflegebedürftiger Angehöriger kann einen Grund darstellen, wenn eine Ersatzpflegekraft nicht zu erhalten ist. Ebenso kann eine Informationsreise unzumutbar sein, wenn sich die Partei für diese Reise Urlaub nehmen müsste. Das Gleiche gilt auch für Selbstständige, wenn sie unabkömmlich sind.
Rz. 96
In diesen Fällen ist jedoch stets zu fragen, ob nicht eine telefonische oder schriftliche Information ausgereicht hätte oder ob sich die Informationsreise auf einen günstigeren Zeitpunkt hätte verschieben lassen können.
dd) Geschäftsgewandte Partei
Rz. 97
Bei geschäftsgewandten Parteien, insbesondere bei größeren Unternehmen, zumal mit eigenen Rechtsabteilungen, wird in aller Regel die Erstattungsfähigkeit abgelehnt mit der Begründung, dass der auswärtige Anwalt unmittelbar hätte unterrichtet werden müssen und keine Notwendigkeit bestand, für die Unterrichtung zusätzlich einen Verkehrsanwalt einzuschalten. Insbesondere bei Banken geht die Rechtsprechung davon aus, dass diese aufgrund der Qualifikation ihrer Mitarbeiter ohne Weiteres in der Lage sind, den auswärtigen Anwalt selbst zu informieren.
ee) Rechtsmittelverfahren
Rz. 98
Im Berufungsverfahren sind vor Inkrafttreten des OLG-Ve...