I. Sachlicher Anwendungsbereich

 

Rz. 5

Die Vorschrift der VV 3403 gilt nur für Verfahren nach VV Teil 3,[1] also nur für solche Verfahren, in denen sich die Vergütung des Verfahrensbevollmächtigten nach den VV 3100 ff. richten würde. Hierzu zählen auch Arrest- und einstweilige Verfügungsverfahren sowie einstweilige Anordnungsverfahren in Familien- oder FG-Sachen. Ebenso zählen hierzu verwaltungsgerichtliche Verfahren und sozialgerichtliche Verfahren, die sich nach dem Gegenstandswert richten.

 

Rz. 6

Keine Anwendung findet VV 3403 in sozialgerichtlichen Verfahren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten (§ 3 Abs. 1 S. 1). Hier gilt VV 3406.

Die Vorschrift gilt auch nicht in Straf- und Bußgeldsachen, und zwar auch dann nicht, wenn dort nach Wert abgerechnet wird, es sei denn, es wird auf die Gebühren nach VV Teil 3 verwiesen (VV Vorb. 4 Abs. 5, Vorb. 5 Abs. 4). Vorgesehen sind dort gesonderte Gebührentatbestände für Einzeltätigkeiten (VV 4300 ff., VV 5200).

 

Rz. 7

Unerheblich ist, ob das Verfahren bereits anhängig ist oder noch anhängig gemacht werden soll. Daher kann z.B. der isolierte Auftrag zu einer Schutzschrift gegen eine drohende einstweilige Verfügung unter VV 3403 fallen, wenn kein Gesamtvertretungsauftrag besteht.[2] Auch die Tätigkeit für einen noch nicht beigetretenen Streitverkündeten kann sich gegebenenfalls nach VV 3403 richten, wenn der Anwalt nur Einzeltätigkeiten ausführen soll, ohne mit der Vertretung des Streithelfers im Gesamten beauftragt zu sein.

 

Rz. 8

Für alle anderen Verfahren ist VV 3403 nicht anwendbar. Dies gilt insbesondere für

Vollstreckungssachen, in denen sich auch die Vergütung des Anwalts für Einzeltätigkeiten nach VV 3309 f. richtet,
für Beschwerdeverfahren (VV 3500) oder
Prozesskostenhilfeverfahren (VV 3334) sowie
für sonstige Verfahren, für die auch der Verfahrensbevollmächtigte eine gesonderte Vergütung erhalten würde (z.B. VV 3328, 3330, 3334 u.a.).

Der Anwalt könnte aber auch bei Abrechnung nach VV 3403 in diesen Fällen keine höhere Gebühr erhalten als ein Verfahrensbevollmächtigter (§ 15 Abs. 6).[3]

 

Beispiel: Der Anwalt ist in einer Vollstreckungssache mit einer Einzeltätigkeit beauftragt.

Geht man von VV 3309 aus, dann erhält der Anwalt eine 0,3-Verfahrensgebühr. Geht man von VV 3403 aus, kann der Anwalt nach § 15 Abs. 6, VV 3309 auch nicht mehr als eine 0,3-Verfahrensgebühr verlangen.

 

Rz. 9

Auch für eine Terminswahrnehmung im obligatorischen Schlichtungsverfahren nach § 15a EGZPO ist VV 3403 nicht anwendbar, da es sich um eine außergerichtliche Tätigkeit handelt; es gilt vielmehr VV 2303 Nr. 1.[4]

 

Rz. 10

Ebenso ist die Vorschrift nicht anwendbar, soweit die Einzeltätigkeit in den Abgeltungsbereich der VV 3400, 3401, 3402 fällt. Die dortigen Regelungen sind vorrangig (Anm. zu VV 3403).[5]

[1] Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, VV 3403 Rn 2.
[2] Im Falle eines Gesamtauftrags entsteht eine volle 1,3-Verfahrensgebühr nach VV 3100, BGH 13.3.2008 – I ZB 20/07, AGS 2008, 274.
[3] Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, VV 3403 Rn 3.
[4] N. Schneider, AnwBl 2001, 327.
[5] Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, VV 3403 Rn 5.

II. Persönlicher Anwendungsbereich

 

Rz. 11

Die Vorschrift ist grundsätzlich für alle Rechtsanwälte und Rechtsbeistände anwendbar.

 

Rz. 12

Ausgeschlossen ist VV 3403 dagegen, soweit der Anwalt gleichzeitig als Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigter beauftragt ist.[6] Dieser wird vielmehr nach den VV 3100 ff. vergütet (Anm. zu VV 3403). Ein solcher Fall ist nach OLG Stuttgart gegeben, wenn in einer Familiensache der Prozessbevollmächtigte der ersten und zweiten Instanz den Revisionsbeklagten lediglich dahin berät, dass eine Vertretung durch einen am BGH zugelassenen Rechtsanwalt nicht erforderlich sei, weil ein Versäumnisurteil ausgeschlossen werden könne. Diese Tätigkeit soll keine Gebühr nach VV 3403 auslösen, sondern zähle vielmehr gemäß § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 zum vorangegangenen Rechtszug.[7]

 

Rz. 13

Unschädlich ist es dagegen, dass der Rechtsanwalt später als Prozessbevollmächtigter beauftragt wird oder dass er früher Verfahrensbevollmächtigter war.

 

Beispiel: Der Anwalt wird zunächst mit der Einreichung eines Schriftsatzes beauftragt. Später erteilt ihm der Auftraggeber das Mandat als Prozessbevollmächtigter.

Für die Einreichung des Schriftsatzes gilt VV 3403. Für die Tätigkeit als Prozessbevollmächtigter erhält er die Vergütung nach den VV 3100 ff. Insgesamt kann der Anwalt jedoch die Vergütung nur einmal verlangen (§ 15 Abs. 5 und 6). Er erhält nicht mehr an Gebühren, als er erhalten würde, wenn er von vornherein umfassend beauftragt worden wäre.

 

Rz. 14

Ebenso ist es unschädlich, wenn der Rechtsanwalt in einer anderen Instanz als Verfahrensbevollmächtigter tätig ist.[8]

 

Beispiel 1: Der erstinstanzliche LG-Anwalt wird nach Rücknahme der Berufung beauftragt, vor dem OLG lediglich einen Antrag auf Ergänzung oder Berichtigung der Kostenentscheidung zu stellen.

 

Beispiel 2: In einem Räumungsrechtsstreit ist der Anwalt als Prozessbevollmächtigter beauftragt. Im Parallelverfahren auf Zahlung rückständiger Mieten, das die Partei selbst betriebe...

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