I. Einmaligkeit der Gebühr
Rz. 6
Die Grundgebühr kann in jedem Verfahrensstadium des VV Teil 4 Abschnitt 1 entstehen, mit Ausnahme des Wiederaufnahmeverfahrens (VV Vorb. 4.1.4). Sie ist also möglich im vorbereitenden Verfahren, im erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren, in der Berufung und der Revision. Sie kann auch in einem Verfahren nach Zurückverweisung (§ 21 Abs. 1) entstehen.
Rz. 7
Die Grundgebühr entsteht auch im Strafbefehlsverfahren nach § 408b StPO.
Rz. 8
In Verfahren anderer Abschnitte ist eine Grundgebühr nicht vorgesehen. Insbesondere fällt bei Einzeltätigkeiten oder in Vollstreckungsverfahren keine Grundgebühr an.
Rz. 9
Bei Tätigkeiten als Verteidiger oder Vertreter eines Beteiligten i.S.d. VV Vorb. 4 Abs. 1 in dem Verfahrensstadium des VV Teil 4 Abschnitt 1 entsteht die Grundgebühr immer. Eine andere Gebühr kann nicht losgelöst ohne Grundgebühr entstehen.
Rz. 10
Die Grundgebühr fällt allerdings nur einmalig an (Anm. Abs. 1), nämlich in dem Verfahrensabschnitt, in dem der Verteidiger erstmals tätig geworden ist. In den nachfolgenden Angelegenheiten entsteht die Grundgebühr dann nicht nochmals. So kann die Grundgebühr in der Rechtsmittelinstanz also grundsätzlich nur dann anfallen, wenn der Verteidiger nicht bereits in der Vorinstanz tätig war.
Rz. 11
Die Grundgebühr kann sich nachträglich auch nicht erhöhen, da weitere Einarbeitungen, Ermittlungen und rechtliche Prüfungen dann nicht mehr durch die Grundgebühr abgegolten werden, sondern durch die jeweilige Verfahrensgebühr des betreffenden Verfahrensabschnitts.
Rz. 12
Dagegen kann die Grundgebühr mehrmals entstehen, wenn ein Fall des § 15 Abs. 5 S. 2 vorliegt, wenn also ein erledigtes Strafverfahren nach Ablauf von zwei Kalenderjahren wieder aufgenommen wird. Dies ergibt sich zwar nicht ausdrücklich aus § 15 Abs. 5 S. 2 und auch nicht aus VV 4100. Entsprechend dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 15 Abs. 5 S. 2 muss die Grundgebühr jedoch erneut anfallen, da der Anwalt sich erneut in die Sache einarbeiten muss.
Rz. 13
Im Falle der Trennung entsteht die Grundgebühr in dem abgetrennten Verfahren nicht erneut, da sich der Verteidiger bereits vor der Trennung in den gesamten Fall eingearbeitet hat. Denkbar wären allenfalls zwei Grundgebühren, wenn noch vor Einarbeitung oder während der Einarbeitung die Verfahren getrennt werden.
Rz. 14
Werden mehrere Verfahren verbunden, so bleiben die bis dahin entstandenen Grundgebühren erhalten. Sie können durch Verbindung nicht nachträglich entfallen oder zusammengefasst werden.
Rz. 15
Grundsätzlich stellt jedes Ermittlungsverfahren einen Rechtsfall i.S.d. VV 4100 dar. Daran ändert sich nichts, wenn mehrere Taten zufällig am gleichen Tage begangen worden sind, wenn wegen dieser unterschiedliche Verfahren geführt werden. Auch die Grundgebühr fällt dann mehrmals an.
Rz. 16
Im Falle einer Zurückverweisung entsteht die Grundgebühr für den zuvor bereits befassten Verteidiger nicht erneut, weil er bereits eingearbeitet ist.
Rz. 17
Zu den Fragen des Übergangsrechts, also zur Frage, ob die Grundgebühr auch dann anfallen kann, wenn der Anwalt vor dem 1.7.2004 bereits tätig war und nach dem 30.6.2004 in einer neuen Instanz beauftragt worden ist, siehe die 6. Aufl. (vgl. dort § 61 Rn 73 ff.).
II. Entstehen der Gebühr
Rz. 18
Die Grundgebühr entsteht mit der ersten Tätigkeit, in der Regel mit der Entgegennahme der Information. VV Vorb. 4 Abs. 2 ist insoweit analog anzuwenden.
Rz. 19
Wird der Rechtsanwalt erst später beauftragt, etwa erst in der Hauptverhandlung, entsteht dennoch auch die Grundgebühr. Jeder Verteidiger muss sich einarbeiten, unabhängig davon, wann er bestellt wird. Die gegenteilige Auffassung, die z.B. dem erst im Hauptverhandlungstermin bestellten Verteidiger eine Grundgebühr abspricht, ist unzutreffend und mit dem Gesetz nicht zu vereinbaren und verfassungswidrig.
Rz. 20
Bei der Erhebung einer Nachtragsanklage und deren Einbeziehung in ein laufendes Verfahren handelt es sich nach OLG Brandenburg um einen selbstständigen Rechtsfall i.S.d. Anm. Abs. ...