a) Rücknahme
Rz. 77
Der Verteidiger erhält nach Anm. Abs. 1 S. 1 Nr. 3 auch dann eine Zusätzliche Gebühr, wenn er an der Rücknahme des Einspruchs gegen einen Strafbefehl mitgewirkt hat.
Rz. 78
Nicht ausreichend ist das Abraten, einen Einspruch gegen den Strafbefehl einzulegen. Insoweit besteht auch keine Regelungslücke, die zu einer analogen Anwendung führen könnte.
Rz. 79
Eine Teilrücknahme reicht grundsätzlich nicht aus. Wird die Rücknahme des Einspruchs gegen einen Strafbefehl auf einzelne Taten beschränkt oder auf den Strafausspruch, so genügt das nicht. Eine Zusätzliche Gebühr nach Anm. Abs. 1 S. 1 Nr. 3 findet nur dann statt, wenn sich das Verfahren insgesamt erledigt.
Rz. 80
Dagegen reicht ausnahmsweise dann eine Teilrücknahme, wenn hierdurch das Verfahren gegen einen Mandanten abgeschlossen wird.
Beispiel: Gegen die beiden Mittäter A und B ist jeweils ein Strafbefehl ergangen. Beide legen hiergegen Einspruch ein. Der Verteidiger des A nimmt für diesen außerhalb der Hauptverhandlung den Einspruch gegen den Strafbefehl nach Beratung des Mandanten zurück.
Das Verfahren gegen den A ist durch die Einspruchsrücknahme endgültig abgeschlossen, sodass sein Verteidiger nach Anm. Abs. 1 S. 1 Nr. 3 eine Zusätzliche Gebühr aus VV 4141 erhält. Dass das Verfahren hinsichtlich des B fortgesetzt wird, ist für ihn insoweit unerheblich.
b) Förderung
Rz. 81
Förderung bedeutet auch hier nicht Ursächlichkeit, sondern lediglich eine mitwirkende, begleitende Tätigkeit, die wiederum vermutet wird (Anm. Abs. 2). Es ist danach nicht erforderlich, dass der Verteidiger selbst die Rücknahme des Einspruchs erklärt. Es genügt, wenn der Mandant den Einspruch zurücknimmt, solange der Anwalt daran mitgewirkt hat, etwa weil er dazu geraten hat.
Rz. 82
Ausreichend ist eine Beratung durch den Anwalt. Es ist nicht erforderlich, dass er eine Einlassung oder eine sonstige Stellungnahme zur Akte abgibt. Im Falle der Rücknahme eines Einspruchs beschränkt sich die Tätigkeit des Anwalts in aller Regel auf eine Beratung und Einflussnahme auf den Mandanten. Erklärungen gegenüber dem Gericht sind vollkommen überflüssig. Die Tätigkeit des Verteidigers findet "denknotwendigerweise nicht in der Akte, sondern im Büro des Verteidigers statt". Erklärt der Verteidiger selbst die Einspruchsrücknahme, so dürfte an seiner Mitwirkung ohnehin kein Zweifel bestehen.
c) Zeitpunkt der Rücknahme
Rz. 83
Im Gegensatz zur Einstellung ist die Rücknahme des Einspruchs gegen den Strafbefehl fristgebunden. Es ist danach zu differenzieren, ob ein Termin zur Hauptverhandlung bereits anberaumt war oder nicht:
aa) Termin zur Hauptverhandlung war noch nicht anberaumt
Rz. 84
War die Hauptverhandlung noch nicht terminiert, so löst die Rücknahme unter Mitwirkung des Verteidigers immer die Zusätzliche Gebühr nach Anm. Abs. 1 S. 1 Nr. 3 aus. Die frühere Streitfrage, ob eine Gebührenerhöhung auch dann eintritt, wenn noch gar kein Termin anberaumt war, hat sich bereits seit längerem erledigt.
bb) Termin zur Hauptverhandlung war anberaumt
Rz. 85
War bereits ein Termin zur Hauptverhandlung anberaumt, so muss die Rücknahme zwei Wochen vor dem Beginn des Tages, für den die Hauptverhandlung vorgesehen war, erklärt worden sein. Entscheidend für die Wahrung der Frist ist der Eingang bei Gericht, nicht die Abgabe der Rücknahmeerklärung.
Rz. 86
Unerheblich ist, ob und wann der Anwalt von dem anberaumten Hauptverhandlungstermin Kenntnis erlangt hat. Die gesetzliche Regelung ist insoweit eindeutig. Würde man darauf abstellen, wann der Betroffene oder sein Verteidiger Kenntnis erlangen, wäre die Vorschrift nicht mehr praktikabel. Auch die Auffassung von Schmitt, es könne im Falle der Fristversäumung eine Wiedereinsetzung beantragt werden, ist abzulehnen. Bei der Frist der Anm. Abs. 1 S. 1 Nr. 3 handelt es sich nicht um eine Notfrist.
Rz. 87
Die Berechnung der sog. "Zwei-Wochen-Frist" bereitetet in der Praxis Schwierigkeiten. Schon im Normalfall bestehen unterschiedliche Auffassungen, wie die sog. "Zwei-Wochen-Frist" zu berechnen ist.
Beispiel: Nach Einspruch gegen den Strafbefehl hatte das AG Köln Termin zur Hauptverhandlung auf Mittwoch, den 19.8.2020, bestimmt. Der Verteidiger sollte den Einspruch vor der Hauptverhandlung zurücknehmen.
Rz. 88
Die Rücknahme musste also
▪ |
früher als zwei Wochen |
▪ |
vor Beginn des Tages, der für die Hauptverhandlung vorgesehen war, |
zurückgenommen worden sind.
Wäre der Einspruch erst am Donnerstag, den 6.8.2020, oder noch später zurückgenommen worden, wäre die sog. "Zwei-Wochen-Frist" auf keinen Fall mehr gewahrt gewesen. Eine Zusätzliche Gebühr wäre nicht angefallen.
Auch ein...