Rz. 113
Die Zusätzliche Gebühr entsteht auch bei Rücknahme der Berufung. Ebenso wie die Rücknahme des Strafbefehls muss auch die Rücknahme der Berufung früher als zwei Wochen vor Beginn des Tages erfolgen, für den die Hauptverhandlung vorgesehen war; zur Fristberechnung kann insoweit auf die obenstehende Kommentierung Bezug genommen werden (siehe Rdn 83 ff.). Die dortigen Ausführungen gelten entsprechend. Daher greift VV 4141 erst recht, wenn noch gar kein Hauptverhandlungstermin im Berufungsverfahren anberaumt war.
Rz. 114
Eine Zusätzliche Gebühr entsteht nicht, wenn in der erstinstanzlichen Hauptverhandlung Berufung eingelegt, diese dann aber anschließend noch im Termin zurückgenommen wird.
Rz. 115
Die bloße Rücknahme der Berufung reicht für eine Mitwirkung aus. Es müssen sich keine weiteren Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Verteidiger auf die Rücknahme der Berufung Einfluss genommen hat, etwa durch eine Beratung des Mandanten oder wenn er mit ihm die verschiedenen Möglichkeiten der Verfahrensdurchführung besprochen hat. Das LG Duisburg lässt ein bloßes Mandantengespräch, das dazu führt, dass die Berufung zurückgenommen wird, ausreichen.
Rz. 116
Da eine Berufung im Gegensatz zum Einspruch gegen einen Strafbefehl nicht nur vom Angeklagten eingelegt werden kann, sondern auch von anderen Verfahrensbeteiligten, ist der Anwendungsbereich der VV 4141 im Berufungsverfahren größer als in erster Instanz. Die Vorschrift erfasst daher nicht nur die Rücknahme der vom Angeklagten eingelegten Berufung, sondern auch die Rücknahme einer von der Staatsanwaltschaft oder von einem Privat- oder Nebenkläger eingelegten Berufung.
Rz. 117
Bei dem Erfordernis, dass der Verteidiger an der Rücknahme mitgewirkt haben muss, bleibt es aber auch bei Berufungen Dritter. Die Darlegungs- und Beweislast für das Fehlen einer Mitwirkung verbleibt allerdings beim Gebührenschuldner. Entsprechende Fälle sind insbesondere dann gegeben, wenn der Verteidiger durch seine Berufungserwiderung die Gegenseite von der Aussichtslosigkeit ihrer Berufung überzeugt und diese daraufhin entsprechend reagiert. Ebenso zählt hierzu der Fall, dass der Verteidiger durch anderweitige Zugeständnisse den Privat- oder Nebenkläger zur Rücknahme seines Rechtsmittels bewegt.
Beispiel: Gegen den Freispruch des Angeklagten legt der Nebenkläger Berufung ein. Anschließend verhandeln die Beteiligten über zivilrechtliche Ersatzansprüche und schließen einen außergerichtlichen Vergleich, in dem sich der Nebenkläger verpflichtet, seine Berufung zurückzunehmen.
Sowohl der Verteidiger als auch der Nebenklagevertreter erhalten eine Zusätzliche Gebühr nach Anm. Abs. 1 S. 1 Nr. 3.
Rz. 118
Nach OLG Nürnberg soll eine Mitwirkung nicht vorliegen, wenn der Verteidiger gegen ein in derselben Sache zuvor ergangenes Berufungsurteil erfolgreich Revision eingelegt hatte und die Sache deshalb in die Berufungsinstanz zurückverwiesen worden war und die Staatsanwaltschaft jetzt in Hinblick auf das Ergebnis des Revisionsverfahrens die Berufung zurücknimmt. Zutreffend wäre hier die Zusätzliche Gebühr zuzusprechen, da erst das vom Verteidiger durchgeführte Revisionsverfahren den Ausschlag für die Rücknahme der Berufung nach Zurückverweisung gegeben hat.
Rz. 119
Strittig ist allerdings, ob die Zwei-Wochen-Frist auch bei Rücknahme der Berufung durch einen anderen Verfahrensbeteiligten gilt. Zum Teil wird die Auffassung vertreten, die Zwei-Wochen-Frist gelte hier nicht. Andere Gerichte wenden die Zwei-Wochen-Frist allerdings auch hier an.
Rz. 120
Die Zusätzliche Gebühr kommt auch dann noch in Betracht, wenn bereits ein Hauptverhandlungstermin stattgefunden hat und das Verfahren ausgesetzt worden ist.
Rz. 121
Sind mehrere Berufungen eingelegt worden, findet Anm. Abs. 1 S. 1 Nr. 3 nur dann Anwendung, wenn sämtliche Berufungen zurückgenommen werden und das Verfahren sich damit erledigt. Insoweit reicht es allerdings aus, dass der Verteidiger an der Rücknahme nur einer Berufung mitgewirkt hat. Er muss nicht an der Rücknahme sämtlicher Berufungen mitgewirkt haben.
Rz. 122
Über den Wortlaut hinaus greift Anm. Abs. 1 S. 1 Nr. 3 auch dann, wenn die Staatsanwaltschaft die Anklage zurücknimmt und anschließend das Verfahren einstellt, was im Berufungsverfahren wegen § 156 StPO allerdings nur noch in den Fällen der §§ 153 Abs. 1, 153a Abs. 1, 153c Abs. 3 oder 153d Abs. 2 StPO möglich ist.
Rz. 123
Ebenso gilt Anm. Abs. 1 S. 1 Nr. 3, wenn der Privatkläger seine Klage zurücknimmt (§ 391 Abs. 1 StPO), vorausgesetzt, der Verteidiger hat daran mitgewirkt.
Rz. 124
Die Zusätzliche Gebühr entsteht auch dann, wenn sich die Verfahrensakte noch beim erstinstanzlichen Gericht befindet. Die Anhängigkeit des Berufungsverfahrens ist nicht Tatbestandsvoraussetzung.