Rz. 49
Im gerichtlichen Verfahren ist die Anwendung der Anm. Abs. 1 S. 1 Nr. 1 zum Teil umstritten.
(1) Es kommt zur Hauptverhandlung
Rz. 50
Kommt es zur Hauptverhandlung, in der das Verfahren eingestellt wird, so ist Anm. Abs. 1 S. 1 Nr. 1 nicht anwendbar, auch dann nicht, wenn der Verteidiger an der Hauptverhandlung selbst nicht teilnimmt.
Beispiel: Der Verteidiger legt durch seine Einlassungsschrift den Grundstein dazu, dass das Verfahren in der Hauptverhandlung, an der er nicht teilnimmt, eingestellt wird.
Der Verteidiger hat es nicht erreicht, dass die Hauptverhandlung entbehrlich wurde; Anm. Abs. 1 S. 1 Nr. 1 greift nicht.
(2) Es kommt nicht zur Hauptverhandlung
Rz. 51
Sofern es infolge der Einstellung nicht zur Hauptverhandlung kommt und der Verteidiger hieran mitgewirkt hat, erhält er die Gebühr nach Anm. Abs. 1 S. 1 Nr. 1. Dieser Fall ist ebenso unstrittig. Eine Frist ist hier – im Gegensatz zur Rücknahme des Einspruchs gegen einen Strafbefehl oder eines Rechtsmittels – nicht vorgesehen.
(3) Einstellung nach Aussetzung der Hauptverhandlung
Rz. 52
Problematisch sind jedoch die Fälle, in denen bereits eine Hauptverhandlung stattgefunden hat, die dann jedoch ausgesetzt werden musste und die an sich vorgesehene erneute Hauptverhandlung dann infolge Einstellung entbehrlich wird.
Beispiel 1: Im ersten Hauptverhandlungstermin erscheint ein Zeuge nicht. Die Hauptverhandlung wird daher ausgesetzt und muss von neuem begonnen werden. Der Angeklagte beauftragt erst jetzt einen Anwalt mit seiner Verteidigung. Dieser erreicht, dass das Verfahren außerhalb der Hauptverhandlung endgültig eingestellt wird.
Beispiel 2: Im ersten Hauptverhandlungstermin vor dem AG wird das Verfahren ausgesetzt, da noch ein Gutachten einzuholen ist. Nach Eingang des Gutachtens nimmt die Verteidigung ausführlich Stellung. Das Gericht stellt daraufhin das Verfahren nach § 153 StPO ein.
Auch wenn in diesen Fällen bereits ein Hauptverhandlungstermin stattgefunden hat, kann anschließend eine Zusätzliche Gebühr anfallen. Der Wortlaut spricht nur davon, dass die Hauptverhandlung entbehrlich wird. Es ist hier nicht davon die Rede, dass überhaupt keine Hauptverhandlung stattgefunden haben darf. Auch Sinn und Zweck der Regelung sprechen eindeutig dafür, die Vorschrift der Anm. Abs. 1 S. 1 Nr. 1 in diesen Fällen entsprechend anzuwenden. Der Verteidiger soll einen Anreiz dafür erhalten, entlastende Aspekte bereits vor der Hauptverhandlung vorzubringen und dem Gericht Zeit, Arbeit und Mühe einer Hauptverhandlung zu ersparen. Der Verteidiger soll belohnt werden, wenn er es erreicht, dass diese zusätzliche Arbeit und der zusätzliche Aufwand durch eine Einstellung, an der er mitwirkt, entbehrlich gemacht wird. Diese Intention des Gesetzgebers gilt aber nicht nur für den ersten Hauptverhandlungstermin, sondern auch für den erneuten ersten Hauptverhandlungstermin. Auch dieser Termin erfordert Arbeit und Zeitaufwand und muss ebenso wie der erste Hauptverhandlungstermin vorbereitet werden, sodass dies dafür spricht, hier die Zusätzliche Gebühr zu gewähren. Würde man die Zusätzliche Gebühr hier ablehnen, so würde man wieder in alte Zeiten zurückverfallen. Der Verteidiger, der die entlastenden Momente zurückhält und diese erst in der erneuten Hauptverhandlung vorträgt, würde belohnt, da er eine neue Terminsgebühr erhalten würde. Sinn und Zweck der Vorschrift würden also gerade in ihr Gegenteil verkehrt. Daher hat der BGH zwischenzeitlich klargestellt, dass auch nach einer Aussetzung der Hauptverhandlung eine Zusätzliche Gebühr anfallen kann, wenn dadurch eine erneute Hauptverhandlung vermieden wird.
Rz. 53
Nicht erforderlich ist, dass die Hauptverhandlung ausdrücklich ausgesetzt worden ist. Es reicht aus, dass das Gericht die Frist für einen Fortsetzungstermin nach § 229 StPO verstreichen lässt, sodass damit die Hauptverhandlung faktisch ausgesetzt und nicht lediglich unterbrochen worden ist.
Rz. 54
Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn nur ein Fortsetzungstermin innerhalb der Frist des § 229 StPO entbehrlich gemacht wird. Hier gilt der Grundsatz der Einheit der Hauptverhandlung. Es muss also die Hauptverhandlung als solche entbehrlich gemacht werden. Dass lediglich einer von mehreren Hauptverhandlungsterminen letztlich wegfällt, reicht für die Zusätzliche Gebühr nach VV 4141 nicht aus, ebenso wenig wie die vorzeitige Beendigung der Hauptverhandlung ausreicht. Ist einmal mit der Hauptverhandlung begonnen worden, so kann für diese Hauptverhandlung die Gebühr nach VV 4141 nicht mehr anfallen, sondern nur dann, wenn das Verfahren ausgesetzt wird und dann erneut eine Hauptverhandlung stattfinden muss.