Rz. 1

Zum Geltungsbereich der Vorschriften in VV Teil 6 Abschnitt 2, zur Abgrenzung von Disziplinarverfahren und berufsgerichtlichen Verfahren wegen Verletzung einer Berufspflicht zu diesen ähnlichen Verfahren und zur Anwendung der Vorschriften nach VV Teil 2 und 3 wird auf die grundlegenden Ausführungen zu VV Vorb. 6.2 verwiesen.

 

Rz. 2

Vergleichbar den Regelungen in anderen Verfahren soll das besondere Bemühen des Rechtsanwalts honoriert werden, das eine mündliche Verhandlung im gerichtlichen Verfahren entbehrlich macht. In Betracht kommen insbesondere die Fälle des § 59 BDG und des § 102 WDO. VV 6216 übernimmt insoweit den Grundgedanken der Regelung in § 84 Abs. 2 BRAGO. Diese war geschaffen worden, um intensive und zeitaufwendige Tätigkeiten des Rechtsanwalts, die zu einer Vermeidung der Hauptverhandlung und damit beim Rechtsanwalt zum Verlust der Hauptverhandlungsgebühr führten, gebührenrechtlich zu honorieren.[1] Deshalb erhielt der Rechtsanwalt, wenn durch seine Mitwirkung eine Hauptverhandlung entbehrlich wurde, nicht nur die halbe Gebühr des § 84 Abs. 1 BRAGO, sondern die volle Gebühr des § 83 Abs. 1 BRAGO. Dies greift VV 6216 auf, indem dem Rechtsanwalt nun eine zusätzliche Gebühr in Höhe der jeweiligen Verfahrensgebühr zugebilligt wird. Diese Zusätzliche Gebühr wird – wie schon in der Vergangenheit – den Anreiz, Verfahren ohne mündliche Verhandlung zu erledigen, erhöhen und somit zu weniger mündlichen Verhandlungen führen.[2]

 

Rz. 3

Die Regelung der Zusätzlichen Gebühr in einem gesonderten Unterabschnitt spricht dafür, sie in allen Verfahrensabschnitten der Unterabschnitte 2 und 3 Teil 6 VV anzuwenden.[3] Danach kann die Zusätzliche Gebühr auch in der außergerichtlichen Vertretung anfallen. Hierfür sprechen insbesondere die Belohnungsfunktion der Norm und die Tatsache, dass auch durch eine außergerichtliche Erledigung eine Hauptverhandlung ebenfalls entbehrlich wird.

 

Rz. 4

Soweit Landesdisziplinargesetze die Möglichkeit der Beendigung des Disziplinarverfahrens durch Vergleich vorsehen (vgl. § 20 AGVwGO Baden-Württemberg), so ist zunächst festzustellen, dass es insoweit an einer korrespondierenden Regelung im RVG und im Vergütungsverzeichnis fehlt. Die VV 1000, 1003, 1004 greifen nicht, da sie eine Abrechnung nach Wert voraussetzen. VV 1005, 1006 wiederum greifen nicht, da diese nur für sozialrechtliche Angelegenheiten gelten. Eine spezielle Regelung wie für Strafsachen in VV 4147 fehlt. Die damit vorliegende Regelungslücke dürfte durch entsprechende Anwendung der VV 6216 zu schließen sein, da dadurch die vergleichsfördernde Tätigkeit des Rechtsanwalts, die zur unstreitigen Erledigung führt, entsprechend dem Verfahrensstadium sachnah honoriert werden kann. Ein Nebeneinander von Einigungs- und Befriedigungsgebühr widerspricht ohnehin dem Willen des Gesetzgebers (siehe Anm. Abs. 2 S. 2 zu VV 4141).

[1] BT-Drucks 12/6962, S. 106.
[2] BT-Drucks 15/1971, S. 227.
[3] Schneider, AGS 2007, 225.

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