Lotte Thiel, Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
1. Höhe
Rz. 76
Ist der Anwalt vom Gericht beigeordnet worden, so erhält er – ebenso wie der Pflichtverteidiger – die gleichen Gebühren wie der Wahlanwalt, allerdings sind für ihn geringere, insbesondere Festgebühren vorgesehen. Die Gebühren belaufen sich:
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im Falle der VV 6300 auf 224 EUR |
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im Falle der VV 6301 auf 224 EUR |
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im Falle der VV 6302 auf 141 EUR |
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im Falle der VV 6303 auf 141 EUR |
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im Falle der VV 6500 auf 141 EUR. |
2. Mehrere Auftraggeber
Rz. 77
Auch hier kommt eine Erhöhung der Verfahrensgebühr (VV 6300, 6303) bei Vertretung mehrerer Auftraggeber nach VV 1008 in Betracht.
3. Staatskasse
Rz. 78
Der Gebührenanspruch gegen die Staats- oder Landeskasse entsteht mit der ersten Tätigkeit nach der Beiordnung.
4. Pauschgebühr
Rz. 79
Die Vorschrift des § 51 (Bewilligung einer Pauschgebühr) ist anwendbar. Nach § 51 Abs. 1 ist in Freiheitsentziehungs- und Unterbringungssachen sowie in Verfahren über freiheitsentziehende Unterbringungen und freiheitsentziehende Maßnahmen nach § 151 Nr. 6 und 7 FamFG dem gerichtlich bestellten oder beigeordneten Rechtsanwalt auf Antrag eine Pauschgebühr zu bewilligen.
5. Anspruch gegen den Vertretenen (§ 53)
Rz. 80
§ 53 ist entsprechend anwendbar, wonach der beigeordnete Anwalt den Vertretenen unter den dort genannten Voraussetzungen unmittelbar in Anspruch nehmen kann.
Wird der Rechtsanwalt (z.B. in Abschiebehaftsachen) dem Betroffenen im Wege der PKH beigeordnet, kann er nach §§ 53 Abs. 1, 52 die Zahlung der Gebühren eines Wahlanwalts vom Betroffenen verlangen. Hinsichtlich der Voraussetzungen für die Geltendmachung dieses Anspruchs wird auf die Erl. zu § 53 verwiesen.
6. Anrechnung von Zahlungen (§ 58)
Rz. 81
Schließlich gilt auch § 58 entsprechend, sodass sich der beigeordnete Anwalt Zahlungen des Betroffenen oder Dritter anrechnen lassen muss.
7. Umfang des Anspruchs
Rz. 82
Die Beiordnung des Anwalts erstreckt sich – ebenso wie in Strafsachen – auf das gesamte Verfahren. Einer gesonderten Beiordnung für das Beschwerdeverfahren bedarf es nicht.
8. Verfahrenspfleger
Rz. 83
Unanwendbar sind die VV 6300 ff., 6500, wenn der Anwalt als Verfahrenspfleger tätig wird (§ 1 Abs. 2). Auf Rdn 21 ff. wird verwiesen.
Dem zum Verfahrenspfleger bestellten Rechtsanwalt steht auch dann kein Anspruch auf Zahlung der Wahlanwaltsgebühren gem. § 53 Abs. 1 zu, wenn er nach § 1835 Abs. 3 BGB, § 1 Abs. 2 S. 2 Gebühren nach dem RVG verlangen kann (vgl. Rdn 80). Denn er gehört nicht zu den beigeordneten und bestellten Anwälten i.S.v. §§ 52 und 53. Der Verfahrenspfleger ist auch dann kein beigeordneter Rechtsanwalt i.S.v. § 53 Abs. 1, wenn er vom Gericht nicht bestellt, sondern beigeordnet worden ist.
9. Auslagen
Rz. 84
Neben den Gebühren nach VV 6300 ff. erhält der beigeordnete Anwalt auch seine Auslagen aus der Staatskasse ersetzt (§§ 45, 46). Hierzu zählen insbesondere Reisekosten zu dem untergebrachten Betroffenen. Gleiches gilt für Reisekosten zum behandelnden Arzt, um mit ihm die Sache zu besprechen. Der beigeordnete Anwalt kann nicht auf fernmündliche Nachfragen verwiesen werden.
10. Vorschuss (§ 47)
Rz. 85
Dem beigeordneten Anwalt steht auch ein Recht auf Vorschuss zu (§ 47). Der Vorschuss kann allerdings nur für bereits verdiente Gebühren verlangt werden sowie für entstandene und voraussichtlich entstehende Auslagen.
11. Festsetzung (§ 55)
Rz. 86
Die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung wird entsprechend § 55 vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle festgesetzt. Da sich die Vergütung in Freiheitsentziehungsverfahren nach § 415 FamFG und § 62 AufenthG (Abschiebehaftsachen) und in Unterbringungssachen nach § 312 FamFG nach VV 6300 richtet, ist für die Festsetzung der Vergütung nach § 55 Abs. 1 das erstinstanzliche Gericht und nicht das Rechtsmittelgericht nach § 55 Abs. 2 zuständig.