a) Rechtsvorschriften

 

Rz. 118

Die zusätzlichen Kopien müssen aufgrund einer Rechtsvorschrift oder nach Aufforderung durch das Gericht, die Behörde oder die sonst das Verfahren führende Stelle angefertigt worden sein. Solche Rechtsvorschriften enthalten die §§ 86 Abs. 1 S. 2, 86 Abs. 5 VwGO,[197] § 93 S. 1 SGO,[198] §§ 64 Abs. 2 S. 1, 77 Abs. 1 S. 3 FGO und §§ 131 Abs. 1, 133, 253 Abs. 5 ZPO. Diese Vorschriften betreffen vorwiegend Kopien von eigenen Schriftsätzen, die das Gericht zustellen oder formlos bekannt geben muss.

Auch Schriftsatzanlagen, wie Vertragstexte, Skizzen o.Ä., werden von Nr. 1 Buchst. b erfasst.[199]

 

Rz. 119

Da die Einreichung von Urkunden, auf die eine Partei in ihren Schriftsätzen Bezug nimmt, vom Gesetz durch § 131 Abs. 1 ZPO vorgeschrieben ist, ist sie regelmäßig auch als notwendig i.S.v. Nr. 1 Buchst. b anzusehen, zumal das Unterlassen der Beifügung derartiger Unterlagen prozessuale Nachteile nach sich ziehen kann.[200] Das gilt erst recht im Urkundenprozess. Hier wird auch die vorsorgliche Einreichung der vollständigen Unterlagen als Belege für die Klageansprüche nicht als missbräuchlich angesehen werden können.[201] Sind Unterlagen dem Gegner bereits bekannt (§ 133 Abs. 1 S. 2 ZPO), existiert keine Rechtsvorschrift, die die Anfertigung verlangt.[202] Das kann insbesondere dann gelten, wenn Schriftstücke aus Parallelverfahren betroffen sind, die dem Gegner bereits vorliegen.[203]

[197] OLG Brandenburg Rpfleger 1991, 160.
[199] OLG Koblenz OLGR 1999, 216; OLG Koblenz AGS 2001, 164 = JurBüro 2001, 364; LG Wuppertal AGS 2000, 147 = AnwBl 2000, 759; OLG Karlsruhe NJW-RR 1999, 437; OLG Brandenburg JurBüro 1996, 259; OLG Brandenburg AGS 2000, 257; LG Mönchengladbach AGS 2000, 147 und 258; a.A. OLG Düsseldorf AGS 2000, 22; OLG Karlsruhe MDR 2000, 1998: als allgemeine Geschäftsunkosten abgegolten.
[200] LG Memmingen Rpfleger 2007, 288.
[201] OLG Hamburg RVGreport 2007, 36 = OLGR 2006, 730.

b) Wohnungseigentümergemeinschaft/Bauherrengemeinschaft

 

Rz. 120

Die Vorschrift der Nr. 1 Buchst. b kann insbesondere dann anwendbar sein, wenn gegen eine Wohnungseigentümergemeinschaft prozessiert wird, die aus einer Vielzahl von Wohnungseigentümern besteht.[204] Soweit in diesen Fällen allerdings die Zustellung an einen einzigen Vertreter ausreicht, ist die Anfertigung weiterer Kopien nicht erforderlich. Dies gilt z.B. dann, wenn eine Wohnungseigentümergemeinschaft als solche verklagt[205] oder durch einen Verwalter oder durch den von diesem beauftragten Prozessbevollmächtigten vertreten wird, es sich somit um einen Rechtsstreit gegen eine Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband handelt.[206] Dann ist es nicht erforderlich, dass für alle Wohnungseigentümer Kopien gefertigt werden.

Das gilt entsprechend, wenn ein Treuhänder für eine Bauherrengemeinschaft vertretungsberechtigt ist.[207]

 

Rz. 121

Im Beschlussanfechtungsprozess gem. § 46 WEG kann die Dokumentenpauschale aber mehrfach anfallen, wenn der Verwalter nicht zustellungsbevollmächtigt ist, weil er als Gegner der Wohnungseigentümer an dem Verfahren beteiligt ist oder wenn aufgrund des Streitgegenstandes die Gefahr besteht, dass er die Wohnungseigentümer nicht sachgerecht unterrichtet (§ 45 WEG; vgl. Rdn 135).[208]

[204] OLG München JurBüro 1978, 382; OLG Schleswig JurBüro 1983, 1091.
[207] OLG München JurBüro 1987, 704.

c) Streitverkündete/Nebenintervention

 

Rz. 122

Streitverkündete und Nebenintervenienten sind zwar Gegner bzw. Beteiligte (siehe Rdn 115). Allerdings existiert keine Rechtsvorschrift, die eine Herstellung von Kopien und Ausdrucken zur Zustellung oder Mitteilung an diesen Personenkreis vorschreibt. Nach § 73 ZPO reicht die Beschreibung der Lage des Rechtsstreits aus, so dass keine Dokumentenpauschale anfällt, jedenfalls aber auch nicht erstattungsfähig ist (vgl. Rdn 241).[209] Sie kann aber dann anfallen, wenn die Herstellung nach Aufforderung durch das Gericht erfolgt oder der Rechtsanwalt des Streitverkündeten aus der Gerichtsakte Kopien fertigt (Nr. 1 Buchst. a).

[209] OLG Karlsruhe AGS 2011, 308; KG JurBüro 2006, 34; OLG München MDR 1989, 548.

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