Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
a) BGB-Gesellschaft/Kündigungsschutzklagen
Rz. 133
Hauptanwendungsfall der Nr. 1 Buchst. c werden zum einen umfangreiche Verfahren, zum andern auch die Fälle sein, in denen zahlreiche Auftraggeber unterrichtet werden müssen, etwa größere BGB-Gesellschaften, sofern jeder Gesellschafter unterrichtet werden muss.
Erfasst werden auch Sammelklagen mehrerer Auftraggeber, die sich zusammengeschlossen haben, etwa bei Kündigungsschutzklagen nach einer Massenentlassung. Wird der Anwalt dagegen von jedem Auftraggeber einzeln beauftragt, so erhält er jeweils eigene Gebühren, die die Dokumentenpauschale abgelten.
Beispiel: Der Anwalt ist von 15 Arbeitnehmern mit einer Kündigungsschutzklage beauftragt.
Hat der Anwalt den Auftrag zur Sammelklage, liegt dieselbe Angelegenheit vor. Er erhält zur Unterrichtung der fünf weiteren Auftraggeber die Dokumentenpauschale nach Nr. 1 Buchst. c, sobald 100 Kopien überschritten sind.
Ist der Anwalt dagegen von jedem Arbeitnehmer mit einer individuellen Kündigungsschutzklage beauftragt, liegen 15 verschiedene Angelegenheiten vor, so dass der Anwalt die Dokumentenpauschale nach Nr. 1 Buchst. b erst verlangen kann, wenn für den einzelnen Auftraggeber 100 Kopien überschritten werden.
b) Wohnungseigentümergemeinschaft
Rz. 134
Weiterhin gehören hierzu die Fälle, in denen eine Wohnungseigentümergemeinschaft vertreten wird und jeder Wohnungseigentümer unterrichtet werden muss. Die anwaltliche Informationspflicht gegenüber einer großen Wohnungseigentümergemeinschaft erfordert es i.d.R. aber nicht, dass sämtliche Prozessunterlagen kopiert und komplett jedem einzelnen Wohnungseigentümer zugeleitet werden. Es reicht vielmehr aus, den Vertreter der Wohnungseigentümer (Verwalter) in Kenntnis zu setzen, wenn es sich um einen Rechtsstreit gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband handelt.
Rz. 135
Etwas anderes kann aber im Beschlussanfechtungsprozess gem. § 46 WEG gelten, wenn der Verwalter nicht zustellungsbevollmächtigt ist, weil er als Gegner der Wohnungseigentümer an dem Verfahren beteiligt ist oder wenn aufgrund des Streitgegenstandes die Gefahr besteht, dass er die Wohnungseigentümer nicht sachgerecht unterrichtet (§ 45 WEG; vgl. Rdn 243). Hier können dann die Dokumentenpauschalen zur Unterrichtung der übrigen Wohnungseigentümer über die Anfechtungsklage und ihre Begründung entstehen und erstattungsfähig sein.
c) Musterverfahren (§ 93a VwGO)
Rz. 136
Die Dokumentenpauschale nach Nr. 1 Buchst. c entsteht nach der Rechtsprechung des BVerwG auch, wenn der Kläger eines Musterverfahrens nach § 93a Abs. 1 VwGO die Prozessbevollmächtigten der übrigen Kläger der aufgrund der Durchführung des Musterverfahrens ausgesetzten Verfahren über den Stand des Rechtsstreits und über die weiteren Verfahrensmöglichkeiten nach Ergehen der Musterurteile unterrichtet und diese anschließend die von ihnen vertretenen Kläger der ausgesetzten Verfahren informieren.
Rz. 137
Die Entscheidung des BVerwG bezieht sich auf Schreiben, durch die die Prozessbevollmächtigten die Kläger des Verfahrens, das gem. § 93a Abs. 1 S. 1 VwGO ausgesetzt worden war (sog. Passivkläger), insbesondere über den Stand des Verfahrens und über die weiteren Verfahrensmöglichkeiten nach Ergehen der Musterurteile informiert haben. De Entscheidung des BVerwG berücksichtigt aber nicht, dass Urschriften von Schreiben des Rechtsanwalts an den Mandanten keine Dokumentenpauschale auslösen können (vgl. Rdn 19 f.). Außerdem hat das BVerwG nicht berücksichtigt, dass bei Schreiben zur notwendigen Unterrichtung des Auftraggebers eine Dokumentenpauschale nur entsteht, soweit hierfür mehr als 100 Seiten zu fertigen waren. Das BVerwG hat insoweit lediglich darauf verwiesen, dass sich eine Wertung dahingehend, dass auf diese besondere Prozesssituation zurückzuführende Informationsschreiben nicht erstattungsfähig sein sollen, sich auch einer Zusammenschau von § 162 Abs. 2 S. 1 VwGO mit VV 7000 Nr. 1 Buchst. c nicht entnehmen lasse.
Rz. 138
Allerdings könnte in einem solchen Fall nach Nr. 1 Buchst. a die Dokumentenpauschale von der ersten Seite an berechnet werden, wenn der Prozessbevollmächtigte eines Klägers eines ausgesetzten Verfahrens Kopien oder Ausdrucke aus den Gerichtsakten des Musterverfahrens gefertigt hätte.
d) Eigene Dokumente des Rechtsanwalts
Rz. 139
Die Herstellung von Kopien oder Ausdrucken von eigenen Schriftsätzen des Rechtsanwalts zur Unterrichtung des Auftraggebers ist notwendig, damit sich dieser ein Bild vom Fortgang des Verfahrens machen kann. Allerdings kann die Abrechnung erst ab der 101. Seite erfolgen. Fertigt der Rechtsanwalt aber ein Schreiben nur für den Mandanten bzw. schreibt er den Mandanten an, handelt es sich um die Urschrift, für die keine Dokumentenpauschale anfallen kann (vgl. Rdn 19 f.).