Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
aa) Notwendigkeit von Ausdrucken
Rz. 81
Wird dem Rechtsanwalt vom Gericht nicht die im Strafprozess in Papierform zu führende Papierakte, sondern die Strafakte auf einem für den Verbleib beim Rechtsanwalt bestimmten Datenträger in elektronischer Form überlassen, stellt sich die Frage, ob der Rechtsanwalt für die Fertigung von Ausdrucken von diesem die Strafakte in elektronischer Form enthaltenden Datenträger die Dokumentenpauschale nach Nr. 1 Buchst. a erhält. Insbesondere ist zu beantworten, ob der Rechtsanwalt auf die elektronische Akte zurückgreifen muss oder ob insoweit ein Wahlrecht besteht mit der Folge, dass auch auslagenpflichtige Ausdrucke aus der elektronischen Akte gefertigt werden dürfen.
Rz. 82
Für die Frage, ob ein Ausdruck aus der elektronischen Akte zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache geboten ist, gelten zunächst die Erl. in Rdn 54 entsprechend. Es kommt insbesondere nicht auf den subjektiven Standpunkt des Anwalts, sondern auf eine objektive Betrachtung (allgemeine Verkehrsanschauung im Prozessrechtsverkehr) an, wobei dem Anwalt allerdings ein von ihm auszuübender großzügiger Ermessensspielraum einzuräumen ist. Der Grundsatz kostensparender Verfahrens- und Prozessführung ist zu beachten. Grds. trifft den Rechtsanwalt, der die ihm zur Verfügung gestellte elektronische Akte ausdruckt und dafür eine Dokumentenpauschale geltend macht, eine besondere Darlegungs- und Beweislast. Die Notwendigkeit für die Fertigung eines Ausdrucks zusätzlich zu der zur Verfügung gestellten elektronischen Akte, die eine sachgerechte Bearbeitung erst ermöglicht, ist deshalb zu begründen.
Rz. 83
Ob ein Ausdruck einer vollständigen elektronischen Akte, die dem Rechtsanwalt dauerhaft zur Verfügung steht, nach dem objektiven Standpunkt eines vernünftigen sachkundigen Dritten geboten ist, wird derzeit uneinheitlich beantwortet.
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Nach wohl h.M. führen Ausdrucke aus der elektronischen Akte grds. nicht zur Entstehung der Dokumentenpauschale nach Nr. 1 Buchst. a. Es ist dem Rechtsanwalt danach grds. zuzumuten, mit der ihm zur Verfügung gestellten elektronischen Akte zu arbeiten. Zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache ist es nicht zwingend geboten, eine elektronische Akte auszudrucken. |
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Nach Auffassung des OLG Celle ist das Anfertigen von Ausdrucken jedenfalls bei einem weit überdurchschnittlichen Umfang zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache geboten. |
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Ausdrucke aus der elektronischen Akte können erstattungsfähig sein, weil die Notwendigkeit bestehen kann, zur sachgerechten Bearbeitung der Sache zusätzlich zu der digitalisierten Akte Teil davon in Papierform zu erstellen. Das setzt entsprechenden Sachvortrag voraus. Derzeit besteht noch keine gesetzliche Verpflichtung eines Rechtsanwalts zur ausschließlichen Verwendung einer elektronischen bzw. digitalisierten Verfahrensakte. |
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Grds. ist die Dokumentenpauschale auch dann erstattungsfähig, wenn ein Rechtsanwalt Ausdrucke von einer auf einem digitalen Datenträger gespeicherten Akte anfertigt. Maßstab für die Vergütungsfähigkeit kann auch hier lediglich die Frage sein, ob ein Ausdruck zur sachgerechten Bearbeitung der Rechtssache geboten war. Dies hängt zwar nicht von der subjektiven Auffassung des jeweiligen Rechtsanwalts, aber von der ihm zur Verfügung stehenden und auch zumutbaren technischen Ausstattung ab. |
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Das Lesen von 76 Bänden der Hauptakten (nicht der Ermittlungsakten) am Bildschirm ist nach Auffassung des LG Duisburg nicht zumutbar. Dem Rechtsanwalt steht deshalb die Dokumentenpauschale für die Anfertigung von Ausdrucken von dem übersandten Datenträger zu. |
Rz. 84
Teilweise wird anstelle der Pauschale für einen kompletten Ausdruck der elektronischen Akte auch der Ausdruck von zuvor vom Rechtsanwalt am Bildschirm gesichteter und für die sachgemäße Bearbeitung der Sache erforderlicher Ausdrucke bejaht (vgl. Rdn 90 f.).
Zur Entstehung der Dokumentenpauschale für den Ausdruck der vom Rechtsanwalt zuvor eingescannten Akte vgl. Rdn 24 ff.