1. Notwendigkeitsprüfung

 

Rz. 111

Nach Nr. 1 Buchst. b erhält der Anwalt Dokumentenpauschalen für Kopien oder Ausdrucke zur Zustellung und Mitteilung an Gegner oder Beteiligte und Verfahrensbevollmächtigte aufgrund einer Rechtsvorschrift oder nach Aufforderung des Gerichts oder der das Verfahren führenden Behörde. Kopien und Ausdrucke nach Nr. 1 Buchst. b sind somit im Gegensatz zu denjenigen nach Nr. 1 Buchst. c nicht für den Mandanten/Auftraggeber angefertigt.

 

Rz. 112

Bei der Herstellung von Kopien und Ausdrucken i.S.v. Nr. 1 Buchst. b besteht ein Ermessensspielraum. Nur bei Überschreitung dieses Spielraums scheidet die Erstattung der Kopien aus, die zur Zustellung an den Gegner und dessen Prozessbevollmächtigten gefertigt worden sind.[187] Allerdings ist auch hier, auch wenn es im Gegensatz zu Nr. 1 Buchst. a und c nicht ausdrücklich genannt ist, für die Entstehung der Pauschale die Notwendigkeit der Vorlage von Kopien und Ausdrucken zu prüfen. Das ergibt sich tlw. auch aus den erforderlichen Rechtsvorschriften (§§ 131 Abs. 2, 133 Abs. 1 ZPO).[188]

[187] OLG Oldenburg JurBüro 2007, 208.

2. Billigere Herstellung durch Mandant

 

Rz. 113

Es kommt für die Entstehung der Dokumentenpauschale nicht darauf an, ob der Mandant die Kopien oder Ausdrucke billiger herstellen könnte. Nr. 1 Buchst. b stellt für die Entstehung der Dokumentenpauschale nur darauf ab, ob die Kopie oder der Ausdruck zur Zustellung oder Mitteilung an den genannten Personenkreis aufgrund einer Rechtsvorschrift oder nach Aufforderung durch das Gericht hergestellt worden ist und mehr als 100 Kopien oder Ausdrucke gefertigt worden sind.[189]

[189] KG RVGreport 2016, 106; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, VV 7000 Rn 88.

3. Mehr als 100 Kopien oder Ausdrucke

 

Rz. 114

Die Dokumentenpauschale entsteht erst, wenn der Rechtsanwalt mehr als 100 Kopien oder Ausdrucke fertigt. Die ersten 100 Kopien oder Ausdrucke für Gegner oder Beteiligte und Verfahrensbevollmächtigte werden noch als allgemeine Geschäftskosten nach VV Vorb. 7 Abs. 1 S. 1 durch die jeweiligen Gebühren abgegolten.[190]

Dazu gehören auch für die Handakten des Rechtsanwalts gefertigte Kopien und Ausdrucke.

Ausdrucke i.S.v. Nr. 1 Buchst. b können vorliegen, wenn Ausdrucke von Inhalten, die sich auf einem elektronischen Datenträger befinden, zur Zustellung oder Mitteilung an Gegner oder Beteiligte und Verfahrensbevollmächtigte aufgrund einer Rechtsvorschrift oder nach Aufforderung durch das Gericht, die Behörde oder die sonst das Verfahren führende Stelle, soweit hierfür mehr als 100 Seiten zu fertigen waren, vorgenommen werden.[191]

4. Gegner, Beteiligte und Verfahrensbevollmächtigte

a) Erfasste Personen

 

Rz. 115

Der Begriff des Gegners oder Beteiligten und Verfahrensbevollmächtigten ist hier weit zu verstehen. Erfasst wird jede Gegenpartei in kontradiktorischen Verfahren und jeder Verfahrensbeteiligte in Verfahren, in denen sich keine Parteien als Gegner gegenüberstehen, also auch in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Unter den Personenkreis der Nr. 1 Buchst. b fallen daher sämtliche Personen, die nicht zum Kreis des Auftraggebers gehören. Beteiligte sind insbesondere Streitverkündete, Streithelfer (vgl. §§ 64 ff. ZPO) (aber vgl. Rdn 122),[192] Nebenklagevertreter und Beteiligte im Verwaltungsverfahren und in Familiensachen. Zu den Beteiligten i.S.d. Nr. 1 Buchst. b zählen auch die im Verfassungsbeschwerdeverfahren nach § 94 Abs. 1 BVerfGG Äußerungsberechtigten sowie der Beigeladene nach § 65 VwGO.[193]

[192] KG JurBüro 2006, 34.
[193] BVerfG NJW 1996, 382.

b) Nicht erfasste Personen

 

Rz. 116

Nicht erfasst von Nr. 1 Buchst. b sind sämtliche Person, die zum Kreis des Auftraggebers gehören. Nicht zu den Beteiligten und Verfahrensbevollmächtigten i.S.d. Nr. 1 Buchst. b gehören daher solche, die im Lager des Auftraggebers stehen, also der Verkehrsanwalt, der Verhandlungsvertreter/Terminsvertreter und die eigene Rechtsschutzversicherung des Mandanten. Ist eine Versicherung Auftraggeber des Rechtsanwalts, kommt die Pauschale nur nach Nr. 1 Buchst. c in Frage. Das gilt auch in den Fällen gem. § 3 Abs. 2 Nr. 3 AHB und § 7 Abs. 2 Nr. 5 AKB, wenn der Versicherungsnehmer die Prozessführung der Versicherung (Haftpflicht) überlassen muss.[194]

 

Rz. 117

Der Verkehrsanwalt oder der Terminsvertreter ist kein Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigter. Insoweit kommt nur eine Pauschale nach Nr. 1 Buchst. d in Betracht (vgl. Rdn 144 ff.). Gegner und Beteiligte sind nicht das Gericht[195] oder eine andere Stelle, die in der Sache zu entscheiden hat. Kopien oder Ausdrucke der Klageschrift nebst Anlagen für das Gericht, für den anwaltlich vertretenen Beklagten sowie für die eigenen Handakten des Prozessbevollmächtigten fallen deshalb nicht unter Nr. 1 Buchst. b.[196] Für den Gegner gilt ggf. Nr. 1 Buchst. c. Schriftsätze an das Gericht sind als Urschriften auslagenfrei (vgl. Rdn 19 f.).

[194] Gerold/Schmidt/Mülle...

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