I. Abrechnung nach den gesetzlichen Gebühren
Rz. 65
Ist nach den vorstehenden Ausführungen Umsatzsteuer angefallen, so hat der Anwalt diese nach VV 7008 dem Auftraggeber in Rechnung zu stellen.
Rz. 66
Dies gilt auch dann, wenn der Anwalt Kleinunternehmer ist und er sich nach § 19 Abs. 2 UStG dazu entschlossen hat, zur Umsatzsteuer zu optieren. Auch dann hat er die Umsatzsteuer dem Auftraggeber gemäß VV 7008 in Rechnung zu stellen. Der Auftraggeber kann sich nicht darauf berufen, der Anwalt hätte als Kleinunternehmer nicht zur Umsatzsteuer optieren müssen. Die Vorschrift des VV 7008 stellt nur darauf ab, ob die Umsatzsteuer nach § 19 Abs. 1 UStG unerhoben bleibt, nicht darauf, ob sie hätte unerhoben bleiben können.
II. Abrechnung des bestellten oder beigeordneten Anwalts
Rz. 67
Ist der Anwalt gerichtlich bestellt oder beigeordnet, so erhält er aus der Staatskasse zuzüglich zu seiner Vergütung auch die darauf anfallende Umsatzsteuer, die sich allerdings nicht aus den gesetzlichen Gebühren berechnet, sondern aus der Vergütung, die die Staatskasse tatsächlich zu zahlen hat. Dies gilt auch für die Pauschvergütung nach § 51. Die Pauschvergütung wird vom OLG oder dem BGH in der Regel in Höhe des Nettobetrages bewilligt. Auf Antrag wird die Umsatzsteuer hierauf vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle hinzugesetzt.
Rz. 68
Die Umsatzsteuer ist von der Staatskasse auch dann zu zahlen, wenn die Partei, der der Anwalt gerichtlich bestellt oder beigeordnet worden ist, zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Vergütungsschuldner ist in diesem Falle nämlich gerade nicht die vertretene Partei, sondern die Staatskasse, so dass der Vorsteuerabzug ausscheidet. Seit dem 1.1.2021 ist diese Streitfrage durch die Änderung des § 55 geklärt (siehe § 55 Rdn 53 ff.).
Rz. 69
Eine andere Frage ist es, ob für den bestellten oder beigeordneten Anwalt überhaupt Umsatzsteuer anfällt. So ist das OVG Berlin-Brandenburg der Auffassung, dass bei Vertretung eines Auftraggebers außerhalb der EU (hier Verbraucher aus der Türkei) auch im Falle der Beiordnung oder Bestellung durch ein Gericht die Tätigkeit des Anwalts umsatzsteuerfrei sei und daher auch von der Landeskasse keine Umsatzsteuer festzusetzen und zu zahlen sei.
Rz. 70
Anders verhält es sich dagegen, wenn der Anwalt nach § 126 ZPO von seinem Beitreibungsrecht gegen den Gegner Gebrauch macht. Hier ist die Vorsteuerabzugsberechtigung des Auftraggebers zu berücksichtigen, da es sich um einen Erstattungsanspruch handelt.
III. Beratungshilfe
Rz. 71
Bei Abrechnung der Beratungshilfevergütung muss die Landeskasse auch die auf die Vergütung anfallende Umsatzsteuer festsetzen und auszahlen.
Rz. 72
Hier war bislang unstrittig, dass die Landeskasse die Umsatzsteuer auch dann zahlen muss, wenn der Rechtsuchende zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, da hier erst gar kein Anspruch gegen den Rechtsuchenden bestand. Infolge der Neufassung des BerHG zum 1.1.2014 besteht jetzt aber ein Anspruch, der nach § 8 Abs. 2 S. 2 BerHG lediglich gegen den Rechtsuchenden nicht geltend gemacht werden kann, solange die Bewilligung andauert (vergleichbar § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO) Die Sperre kann aber durch Aufhebung der Bewilligung entfallen. Daher dürfte die sich bislang nur bei der Prozesskostenhilfe gestellte Streitfrage sich nunmehr auch für die Beratungshilfe stellen.
Rz. 73
Eindeutig verhält es sich dagegen bei der Schutzgebühr in Höhe von 15 EUR nach VV 2500. Hierbei handelt es sich um einen Bruttobetrag, der bereits die Umsatzsteuer enthält. Das ist ausdrücklich in Anm. zu VV 2500 geregelt. Da die Umsatzsteuer vom RVG als Auslagentatbestand angesehen wird, darf auch sie nicht zusätzlich erhoben werden; sie ist bereits mit den 15 EUR erhoben. Die Gebühr beträgt also faktisch nur 12,61 EUR (netto). Daher muss der Anwalt den in den 15 EUR enthaltenen Umsatzsteuerbetrag selbstverständlich auch abführen.
IV. Abrechnung einer vereinbarten Vergütung
Rz. 74
Ist eine Vergütung vereinbart (§§ 3a ff.), so gilt VV 7008 nicht ohne weiteres. Fehlt eine ausdrückliche Vereinbarung, so ist durch Auslegung zu ermitteln, ob die Umsatzsteuer in dem vereinbarten Honorar enthalten sein soll, also ob es sich um eine Brutto-Ve...