Rz. 81
Wie jeder andere Unternehmer muss der Rechtsanwalt die Umsatzsteuer in seiner Rechnung gesondert ausweisen. Dem Mandanten steht unter Umständen ein Zurückbehaltungsrecht zu, wenn er zum Vorsteuerabzug berechtigt ist und eine nach § 14 UStG ordnungsgemäße Rechnung benötigt, um den Vorsteuerabzug geltend machen zu können. Zu den Anforderungen an eine umsatzsteuerrechtlich ordnungsgemäße Rechnung siehe Hansens und J. Schneider sowie die Kommentierung zu § 10 (siehe auch Anhang VII).
Rz. 82
Im Übrigen gilt § 10. Da die Umsatzsteuer nach der Systematik des RVG zu den Auslagen zählt, muss die Umsatzsteuer nach § 10 Abs. 2 S. 1 in der Berechnung verzeichnet und ausgewiesen sein. Fehlt es daran, ist die Honorarforderung des Anwalts gemäß § 10 Abs. 1 S. 1 nicht klagbar.
Rz. 83
Ein Fehler, der in der anwaltlichen Praxis häufig vorkommt, liegt darin, Vorschüsse oder sonstige Zahlungen auf der Bruttobasis zu verrechnen. Dies ist unzutreffend und birgt eine Haftungsfalle für den Anwalt.
Rz. 84
Hatte der Anwalt bereits einen Vorschuss vereinnahmt und muss dieser bei der Endabrechnung mit aufgeführt und verrechnet werden (§ 10 Abs. 2 S. 1), bieten sich zwei Möglichkeiten der Abrechnung an.
Beispiel: Der Honoraranspruch des Anwalts beträgt netto 1.000 EUR, einschließlich Umsatzsteuer also 1.190 EUR. Zuvor hatte der Anwalt dem Mandanten einen Vorschuss wie folgt berechnet:
1. |
Vorschuss, § 9 |
400,00 EUR |
2. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
76,00 EUR |
Gesamt |
476,00 EUR |
Diesen Vorschuss hat der Mandant bezahlt.
Rz. 85
Zum einen können zunächst die gesamten Gebühren und Auslagen netto berechnet und hierauf dann der Vorschuss (netto) angerechnet werden. Auf den sich dann ergebenden Netto-Restbetrag ist dann wiederum Umsatzsteuer (VV 7008) zu erheben.
1. |
Honorar |
|
1.000,00 EUR |
2. |
abzüglich Vorschuss (netto) |
|
– 400,00 EUR |
|
Zwischensumme |
600,00 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
|
114,00 EUR |
Gesamt |
|
714,00 EUR |
Rz. 86
Diese Alternative ist übersichtlicher, weil sich hieraus leichter die abgerechnete und abzuführende Umsatzsteuer und die weitere Nettovergütung sofort entnehmen lassen. Diese Berechnungsmethode versagt allerdings, wenn sich zwischen Vorschuss und Abrechnung der Umsatzsteuersatz ändert, da dann auch der Vorschuss nach dem geänderten Steuersatz nachzurechnen ist. Siehe hierzu Anhang zu VV 7008 Rdn 23.
Rz. 87
Die andere Alternative besteht darin, zunächst die Gesamtvergütung einschließlich Umsatzsteuer auszurechnen und dann den Vorschuss (brutto, also einschließlich Umsatzsteuer) in Abzug zu bringen. In diesem Fall muss sich allerdings aus der Rechnung klar und eindeutig ergeben, welche Umsatzsteuerbeträge bereits mit dem Vorschuss erhoben worden waren und welche Umsatzsteuerbeträge noch in dem Restbetrag enthalten sind. Fehlt dieser Hinweis, macht sich der Anwalt gegebenenfalls ersatzpflichtig, wenn der Auftraggeber aufgrund dieser fehlerhaften Abrechnung sowohl die Gesamtrechnung als auch die Vorschussrechnung zum Vorsteuerabzug anmeldet.
Rz. 88
Unzutreffend wäre es, ohne diesen Zusatz abzurechnen
1. |
Honorar |
1.000,00 EUR |
2. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
190,00 EUR |
|
Zwischensumme |
1.190,00 EUR |
3. |
Abzüglich Vorschuss |
– 476,00 EUR |
Gesamt |
714,00 EUR |
Wer so verfährt, weist die Umsatzsteuer aus dem Vorschuss letztlich doppelt aus. Aus beiden Rechnungen ergeben sich Umsatzsteuerbeträge in Höhe von (76 EUR + 190 EUR =) 266 EUR. Angefallen ist aber eine Umsatzsteuer nur in Höhe von 190 EUR.
Rz. 89
Der Anwalt begibt sich in die Gefahr, dass der Mandant die Umsatzsteuer aus beiden Rechnungen zur Vorsteuer anmeldet. Fällt dies später auf, kann der Anwalt für die zu viel ausgewiesene Umsatzsteuer und den zu Unrecht geltend gemachten Vorsteuerabzug des Auftraggebers vom Finanzamt in Regress genommen werden. Abgesehen davon muss der Anwalt ohnehin ausgewiesene Umsatzsteuerbeträge in voller Höhe abführen, unabhängig davon, ob sie berechtigt erhoben worden sind oder nicht.
Rz. 90
Daher muss sowohl ausgewiesen werden, wie viel Umsatzsteuer in dem Gesamtbetrag als auch wie viel Umsatzsteuer in dem Vorschuss enthalten ist.
1. |
Honorar |
|
1.000,00 EUR |
2. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
|
190,00 EUR |
|
Zwischensumme |
|
1.190,00 EUR |
3. |
Abzüglich Vorschuss |
|
– 476,00 EUR |
Gesamt |
|
714,00 EUR |
In der Endsumme enthaltene Umsatzsteuer |
114,00 EUR |
aus 600,00 EUR |
In der Vorschusszahlung enthaltene Umsatzsteuer: |
76,00 EUR |
aus 400,00 EUR |
Rz. 91
Beide Rechnungen weisen jetzt insgesamt (76 EUR + 114 EUR =) 190 EUR Umsatzsteuer aus, also den insgesamt angefallenen Betrag. Wer so verfährt, schafft von vornherein Klarheit für seine eigene Buchführung und schließt einen unberechtigten doppelten Vorsteuerabzug des Mandanten aus.
Rz. 92
Diese Methode ist insbesondere von Vorteil, wenn sich nach Erhebung des Vorschusses die Umsatzsteuer erhöht, weil dann automatisch der Vorschuss nachversteuert wird.
Beispiel: Wie Beispiel oben (siehe Rdn 90); jedoch belief sich die Umsatzsteuer zu Beginn des Mandats auf 16 % und beläuft sich bei Beendigung auf 19 %.
Der Vors...