1. Überblick
Rz. 44
Umsatzsteuerpflichtig ist grundsätzlich die gesamte Vergütung (§ 1 Abs. 1 S. 1) des Anwalts, also Gebühren und Auslagen, wobei sich hier im Einzelfall Probleme bei der Abrechnung ergeben können.
Rz. 45
Auch Vergütungen, die aus der Staatskasse gezahlt werden, also insbesondere Prozesskostenhilfe- und Pflichtverteidigervergütung, einschließlich der Pauschvergütung nach § 51, sind umsatzsteuerpflichtig, sodass insoweit Umsatzsteuer vom Anwalt abzuführen ist. Das gilt auch für Auslagen, die nach § 46 von der Staatskasse zu übernehmen sind.
Rz. 46
Vorschüsse auf Gebühren oder Auslagen (§ 47) oder Abschlagszahlungen auf die Pauschvergütung nach § 51 Abs. 1 S. 4 sind ebenfalls umsatzsteuerpflichtig, sofern die zugrunde liegende Vergütung umsatzsteuerpflichtig ist.
Rz. 47
Aus einer vereinbarten Vergütung (§§ 3a ff.) ist Umsatzsteuer abzuführen (zur Frage, ob in der vereinbarten Vergütung bereits Umsatzsteuer enthalten ist, siehe Rdn 74).
Rz. 48
Auch auf Vergütungen außerhalb des RVG ist Umsatzsteuer zu entrichten, wie z.B. auf Testamentsvollstreckerhonorare.
2. Gebühren
Rz. 49
Gebühren sind immer umsatzsteuerpflichtig.
3. Auslagen
a) Überblick
Rz. 50
Auch aus vereinnahmten Auslagen – im Gegensatz zu verauslagten Beträgen (siehe Rdn 61) – ist ebenfalls grundsätzlich Umsatzsteuer abzuführen und zwar unabhängig davon, ob die Auslagen konkret (VV 7001) oder pauschal (VV 7002) berechnet werden. Auslagen sind selbst dann umsatzsteuerpflichtig, wenn sie nicht nach dem RVG, also nicht nach den VV 7000 ff. erhoben werden, sondern nach § 670 BGB, und auch dann, wenn die Auslagen selbst keine Umsatzsteuer enthalten, wie z.B. Porto, gegebenenfalls Parkgebühren o.Ä. Hier gilt im Einzelnen folgendes:
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VV 7000: Dokumentenpauschalen sind immer umsatzsteuerpflichtig, auch für die Herstellung elektronischer Dateien. |
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VV 7001: Werden Postentgelte konkret abgerechnet, dann unterliegen sie der Umsatzsteuer, auch dann, wenn den einzelnen Positionen keine Umsatzsteuer enthalten ist. Soweit in den Kosten Umsatzsteuer enthalten ist, darf diese nicht in Rechnung gestellt werden (siehe Rdn 51). |
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VV 7002: Die Postentgeltpauschale ist ebenfalls immer umsatzsteuerpflichtig. |
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VV 7003: Die Kilometerpauschale für die Nutzung des eigenen Kraftfahrzeugs ist umsatzsteuerpflichtig. |
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VV 7004: Fahrkosten für sonstige Verkehrsmittel – einschließlich Reservierungskosten – sind ebenfalls umsatzsteuerpflichtig; allerdings dürfen hier nur die Netto-Beträge in die Rechnung eingestellt werden (siehe Rdn 51). |
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VV 7005: Tages- und Abwesenheitsgelder – auch bei Auslandsreisen – sind umsatzsteuerpflichtig. |
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VV 7006: Sonstige Kosten einer Reise, wie Übernachtung, Parkgebühren, Kosten einer Fähre etc. sind umsatzsteuerpflichtig; allerdings dürfen auch hier nur die Netto-Beträge in die Rechnung eingestellt werden (siehe Rdn 51). |
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VV 7007: Die Haftpflichtversicherungsprämie unterliegt ebenfalls der Umsatzsteuer, einschließlich der darin enthaltenen Versicherungssteuer. Dass die Prämie selbst nicht umsatzsteuerpflichtig ist, ist unerheblich. |
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VV Vorb. 7 Abs. 1 S. 2: Verauslagte Beträge, die der Anwalt in eigenem Namen vorgelegt hat und die er sich von dem Auftraggeber erstatten lässt, sind ebenfalls umsatzsteuerpflichtig (zum Problem der Aktenversendungspauschale siehe Rdn 52). Soweit in den verauslagten Beträgen Umsatzsteuer enthalten ist, darf diese nicht in Rechnung gestellt werden. |
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VV Vorb. 7 Abs. 1 S. 2: Verauslagte Beträge, die der Anwalt im Namen des Auftraggebers vorgelegt hat, sind nicht mit Umsatzsteuer zu belegen. |
Rz. 51
Ist in den Auslagen Umsatzsteuer enthalten, wie z.B. in den Kosten einer Bahnfahrt, Flugreisekosten, Parkgebühren etc., dann darf der Anwalt, der zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, diese Positionen nur mit den Nettobeträgen in seine Rechnung aufnehmen. Infolge seiner Berechtigung zum Vorsteuerabzug erhält er die von ihm gezahlte Umsatzsteuer im Wege des Vorsteuerabzugs vom Finanzamt zurückerstattet. Sie ist für den Anwalt daher nur eine durchlaufende Position, aber kein nachhaltiger Vermögensnachteil. Auf die Gesamtvergütung ist dann allerdings die vom Anwalt darauf zu zahlende Umsatzsteuer gemäß VV 7008 zu erheben. Insoweit ist unerheblich, in welcher Höhe Umsatzsteuer in den aufgewandten Beträgen enthalten ist. So ist auch dann vom Anwalt 19 % Umsatzsteuer zu erheben, wenn in den aufgewandten Kosten nur 7 % Umsatzsteuer enthalten sind, wie etwa bei Taxikosten.
Beispiel: Der Kölner Anwalt wird in einem gerichtlichen Verfahren (12.000 EUR) vor dem LG Berlin tätig. Zum ersten Termin fährt er mit der Bahn und zahlt für die Hin- und Rückfahrt 234 EUR (einschließlich 19 % Umsatzsteuer) sowie 9 EUR Taxikosten (einschließlich 7 % Umsatzsteuer). Zum zweiten Termin fährt er mit dem Pkw und zahlt für das Parkhaus 8 EUR (einschließlich 19 % Umsatzsteuer). Abzurechnen ist wie folgt:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 (Wert: 12.000 EUR) |
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865,80 EUR |
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