Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
1. Verfahren
a) Umsetzung von europäischem Recht
Rz. 14
Die EU hat am 15.5.2014 die Europäische Kontenpfändungsverordnung (EuKoPfVO) erlassen. Gläubiger sollen in die Lage versetzt werden, in allen EU-Mitgliedstaaten unter denselben Bedingungen Beschlüsse zur vorläufigen Kontenpfändung zu erwirken. Der Gläubiger kann gem. Art. 1 Abs. 1 EuKoPfVO mit einem Europäischen Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung verhindern, dass die spätere Vollstreckung seiner Forderung dadurch gefährdet wird, dass Gelder bis zu dem im Beschluss angegebenen Betrag, die vom Schuldner oder in seinem Namen auf einem in einem Mitgliedstaat geführten Bankkonto geführt werden, überwiesen oder abgehoben werden. Die EuKoPfVO gilt in der Bundesrepublik Deutschland unmittelbar, bedarf jedoch einiger ergänzender Durchführungsvorschriften durch das EuKoPfVODG.
b) Arrestverfahren und Arrestvollziehung
Rz. 15
Das in der EuKoPfVO geregelte Verfahren ist grds. strukturell vergleichbar mit dem Arrestverfahren gem. §§ 916 ff. ZPO i.V.m. einem Kontenpfändungsbeschluss nach § 829 ZPO. Das Konto des Schuldners wird lediglich vorläufig gepfändet, eine Befriedigung des Gläubigeranspruchs durch Überweisung zur Einziehung oder an Zahlungs statt (vgl. § 835 ZPO) erfolgt nicht.
Rz. 16
Die EuKoPfVO sieht den Erlass einen einheitlichen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung vor, der nach Art. 23 ff. EuKoPfVO von der Bank umzusetzen ist. Dagegen sind nach der ZPO im Arrestverfahren für eine Kontopfändung zwei Phasen zu durchlaufen:
1. |
Zunächst erfolgt die Anordnung des Arrests durch Arrestbeschluss (§§ 916 ff. ZPO). |
2. |
Anschließend ist noch der Arrestbeschluss gem. §§ 928 bis 930 ZPO i.V.m. den Vorschriften zur Zwangsvollstreckung zu vollziehen (Pfändungsbeschluss gem. § 829 ZPO). |
c) Regelungen in der ZPO
Rz. 17
Für das Verfahren auf Erlass des Europäischen Beschlusses zur Kontenpfändung sind die Bestimmungen der EuKoPfVO maßgebend. Gem. Art. 46 EuKoPfVO richten sich aber sämtliche der in der EuKoPfVO nicht ausdrücklich geregelten verfahrensrechtlichen Fragen nach nationalem Recht. Deshalb enthalten die neu eingeführten §§ 946 ff. ZPO die notwendigen nationalen Durchführungsvorschriften, insbesondere zur Klarstellung, welche Gerichte, Behörden und Personen im Inland für den Erlass und die Durchführung des Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, für die Veranlassung und die Durchführung von Zustellungen sowie für die Entscheidung über etwaige Rechtsbehelfe zuständig sind.
d) Art. 5 EuKoPfVO – zwei verschiedene Verfahrenskonstellationen
Rz. 18
Aus Art. 5 EuKoPfVO ergibt sich, dass zwei verschiedene Verfahren auf Erlass des Europäischen Beschlusses zur Kontenpfändung möglich sind:
1. |
Art. 5 Buchst. a) EuKoPfVO: Ein Beschluss zur vorläufigen Pfändung ergeht, bevor der Gläubiger in einem Mitgliedstaat ein Verfahren gegen den Schuldner in der Hauptsache einleitet oder während eines solchen Verfahrens, bis die gerichtliche Entscheidung erlassen oder ein gerichtlicher Vergleich gebilligt oder geschlossen wird: Das Verfahren ist vergleichbar mit dem Arrestverfahren nach der ZPO (§§ 916 ff. ZPO) und dessen Vollziehung. Das Gericht muss hier eine Prüfung des dem Antrag zugrunde liegenden Zahlungsanspruchs vorzunehmen. |
2. |
Art. 5 Buchst. b) EuKoPfVO: Ein Beschluss zur vorläufigen Pfändung ergeht, nachdem der Gläubiger in einem Mitgliedstaat eine gerichtliche Entscheidung, einen gerichtlichen Vergleich oder eine öffentliche Urkunde erwirkt hat, mit der bzw. dem der Schuldner aufgefordert wird, die Forderung des Gläubigers zu erfüllen: Hier hat der Gläubiger in aller Regel einen zumindest vorläufig vollstreckbaren Titel, weil es sich um eine deutsche Entscheidung oder einen in der Bundesrepublik Deutschland geschlossenen Vergleich handelt. Die Anspruchsprüfung entfällt hier und die Wirkung des Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung beschränkt sich auf die mit der Sicherungsvollstreckung nach § 720a ZPO vergleichbare vollstreckungsrechtliche Komponente. |
2. Rechtsanwaltsvergütung
Rz. 19
Für die Rechtsanwaltsvergütung ist grundsätzlich zwischen den Verfahren nach Art. 5 Buchst. a) und Art. 5 Buchst. b) EuKoPfVO zu unterscheiden.
3. Gläubiger hat noch keinen Zahlungstitel – Art. 5 Buchst. a) EuKoPfVO
a) Gebühren
Rz. 20
In erstinstanzlichen Verfahren nach Art. 5 Buchst. a) EuKoPfVO, in denen der Gläubiger noch keinen deutschen Zahlungstitel erwirkt hat, entstehen nach VV Vorb. 3.3.3 Abs. 2 S. 2 wie im Arrestverfahren die Gebühren nach VV 3100 ff. Es fallen also die 1,3 Verfahrensgebühr VV 3100 und insbesondere bei Wahrnehmung eines gerichtlichen Termins die 1,2 Terminsgebühr VV 3104 an. Diese Gebühren würden auch in einem erstinstanzlichen Verfahren zur Erwirkung eines Arrests gem. §§ 916 ff. ZPO entste...