1. Keine Grundgebühr (VV Vorb. 4.1.4)
Rz. 16
Eine Grundgebühr (VV 4100) erhält der Anwalt im Wiederaufnahmeverfahren nicht. Die Grundgebühr ist nach VV Vorb. 4.1.4 ausdrücklich ausgeschlossen. Die ansonsten durch die Grundgebühr abgegoltenen Tätigkeiten, also die Einarbeitung, erste Akteneinsicht, Gespräche mit dem Auftraggeber etc., werden im Wiederaufnahmeverfahren durch die jeweilige Verfahrensgebühr abgegolten und sind bei der Gebührenbemessung nach § 14 Abs. 1 hier zu berücksichtigen.
2. Geschäftsgebühr für die Vorbereitung eines Antrags (VV 4136)
Rz. 17
Für die Vorbereitung eines Antrags erhält der Anwalt gemäß VV 4136 eine Gebühr in Höhe der Verfahrensgebühr des ersten Rechtszugs.
Rz. 18
Die Geschäftsgebühr erhält der Rechtsanwalt für die Vorbereitung des Wiederaufnahmeantrags, unabhängig davon, ob er den Verurteilten bereits im vorangegangenen Strafverfahren vertreten hat oder ob er erstmals im Wiederaufnahmeverfahren mandatiert worden ist.
Rz. 19
Abgegolten durch die Geschäftsgebühr ist insbesondere die Einarbeitung in die Sache, die hier nicht durch die Grundgebühr abgegolten wird (VV Vorb. 4.1.4).
Rz. 20
Der Gebührenrahmen bestimmt sich dabei nach der Ordnung desjenigen Gerichts, das im ersten Rechtszug des vorangegangenen Verfahrens entschieden hat. Es entsteht also eine Gebühr nach VV 4106, 4112, 4118 (zur Höhe der Gebühren siehe Rdn 46 ff.).
Rz. 21
Bei der Anwendung der VV 4136 ff. i.V.m. VV 4106, 4112, 4118 verbleibt es auch dann, wenn das Wiederaufnahmeverfahren vor dem Berufungsgericht stattfindet. Dies ergibt sich aus der ausdrücklichen Verweisung auf die Verfahrensgebühr des ersten Rechtszugs.
Beispiel: Im Berufungsverfahren wird der Angeklagte rechtskräftig verurteilt. Später beantragt er die Wiederaufnahme. Dem Antrag wird stattgegeben. Die Sache wird vor dem Berufungsgericht erneut verhandelt.
In dem vorangegangenen Verfahren vor dem Berufungsgericht erhält der Anwalt die Gebühren aus VV 4124 ff.; ebenso für das Verfahren nach der Wiederaufnahme (§ 373 StPO). Für das Wiederaufnahmeverfahren selbst erhält der Anwalt dagegen nur die Gebühr nach VV 4136 ff. i.V.m. VV 4106 ff.
Rz. 22
Die Geschäftsgebühr fällt auch dann an, wenn der Anwalt von der Stellung des Wiederaufnahmeantrags abrät (Anm. zu VV 4136). Es ist nicht erforderlich, dass er den Antrag auf Wiederaufnahme stellt. Voraussetzung ist allerdings, dass der Anwalt bereits mit der Vertretung im Wiederaufnahmeverfahren beauftragt worden war. Ist das nicht der Fall, sondern soll er erst darüber beraten, ob ein Wiederaufnahmeverfahren Aussicht auf Erfolg hat und ob der Auftraggeber einen entsprechenden Auftrag erteilen soll, so gilt für die Beratungstätigkeit wiederum § 34 Abs. 1 i.V.m. § 612 BGB, es sei denn, es ist eine Gebührenvereinbarung geschlossen.
3. Verfahrensgebühr für das Verfahren über die Zulässigkeit des Antrags (VV 4137)
Rz. 23
Im Verfahren über die Zulässigkeit des Antrags, also für die Tätigkeiten einschließlich der Stellung des Wiederaufnahmeantrags bis zur gerichtlichen Entscheidung nach § 368 Abs. 1 StPO, erhält der Anwalt eine weitere Verfahrensgebühr nach VV 4137 i.V.m. VV 4106, 4112, 4118 (zur Höhe der Gebühren siehe Rdn 46 ff.).
Rz. 24
Wird gegen die Verwerfung des Antrags als unzulässig Beschwerde eingelegt, ist das Beschwerdeverfahren nach § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 10a eine neue Angelegenheit (siehe Rdn 30). Das Einlegen der Beschwerde zählt allerdings nach § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 10 noch zum Verfahren über die Zulässigkeit des Antrags.
4. Verfahrensgebühr für das weitere Verfahren (VV 4138)
Rz. 25
Schließt sich das weitere Verfahren an, so erhält der Anwalt hierfür eine weitere Verfahrensgebühr, wiederum in Höhe der Verfahrensgebühr für den ersten Rechtszug (VV 4106, 4112, 4118). Erforderlich ist allerdings eine Entscheidung nach § 367 StPO. Ist eine solche nicht getroffen, kommen die Gebühren VV 4137 und VV 4138 mangels dahingehender weiterer Tätigkeit nicht nebeneinander in Ansatz.
Rz. 26
Auch hier wird die Vergütung ausgelöst mit der ersten Tätigkeit (VV Vorb. 4 Abs. 2), in der Regel mit der Entgegennahme des Beschlusses über die Zulässigkeit des Wiederaufnahmeantrags.
Rz. 27
Das Verfahren dauert fort bis zum rechtskräftigen Abschluss, also bis zur Verwerfung des Antrags wegen Unzulässigkeit (§ 368 Abs. 1 StPO) oder wegen Unbegründetheit (§ 370 Abs. 1 StPO) oder mit der Anordnung der Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 370 Abs. 2 StPO) (zur Höhe der Gebühren siehe Rdn 46 ff.).
Rz. 28
Wird gegen die Zurückweisung des Antrags als unbegründet Beschwerde eingelegt, ist das Beschwerdeverfahren nach § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 10a wiederum eine neue Angelegenheit (siehe Rdn 30). Das Einlegen der Beschwerde zählt allerdings nach § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 10 noch zum Verfahren über die Zulässigkeit des Antrags und wird durch die Verfahrensgebühr der VV 4138 abgegolten.