1. Geschäfts- und Verfahrensgebühren

a) Gebühren

 

Rz. 46

Die Höhe der Geschäfts- und Verfahrensgebühren nach VV 4136 bis 4139 richtet sich nach den Verfahrensgebühren für den ersten Rechtszug, also nach den Verfahrensgebühren aus Unterabschnitt 3 (VV 4106, 4112, 4118). Hier ist also zunächst einmal nach der Zuständigkeit des Gerichts zu differenzieren. Der Gebührenrahmen bestimmt sich nach der Ordnung desjenigen Gerichts, das im Rechtszug des vorangegangenen Verfahrens entschieden hat. Bei dieser Gebühr verbleibt es auch dann, wenn das Wiederaufnahmeverfahren vor dem Berufungsgericht stattfindet. Dies ergibt sich aus der ausdrücklichen Verweisung auf die Verfahrensgebühr für den ersten Rechtszug.

 

Beispiel: Im Berufungsverfahren wird der Angeklagte rechtskräftig verurteilt. Später beantragt er die Wiederaufnahme. Dem Antrag wird stattgegeben. Die Sache wird vor dem Berufungsgericht erneut verhandelt.

In dem vorangegangenen Verfahren vor dem Berufungsgericht erhält der Anwalt die Gebühren aus VV 4124 ff.; ebenso für das Verfahren nach der Wiederaufnahme (§ 373 StPO). Für das Wiederaufnahmeverfahren selbst erhält der Anwalt dagegen nur die Gebühr nach VV 4136 ff. i.V.m. VV 4106 ff.

 

Rz. 47

Der Anwalt erhält also, wenn in erster Instanz entschieden hat

 
– das Amtsgericht, eine Verfahrensgebühr nach VV 4106
– Gebührenrahmen 44,00 bis 319,00 EUR
– Mittelgebühr 181,50 EUR
– die Strafkammer, die Jugendkammer, soweit sich die Gebühr nicht nach VV 4118 bestimmt, gemäß VV 4112
– Gebührenrahmen 55,00 bis 352,00 EUR
– Mittelgebühr 203,50 EUR
– das OLG, das Schwurgericht oder die Strafkammer in Verfahren nach den §§ 74a und 74c GVG sowie in Verfahren vor der Jugendkammer, sofern diese in Sachen entscheidet, die nach den allgemeinen Vorschriften zur Zuständigkeit des Schwurgerichts gehören, gemäß VV 4118
– Gebührenrahmen 110,00 bis 759,00 EUR
– Mittelgebühr 434,50 EUR

b) Haftzuschlag, VV Vorb. 4 Abs. 4

 

Rz. 48

Zwar enthält der Unterabschnitt 4 keine ausdrückliche Regelung für den Fall, dass sich der Auftraggeber nicht auf freiem Fuß befindet; dies ist jedoch auch nicht erforderlich. Aus der pauschalen Verweisung auf die Gebühren des ersten Rechtszugs folgt, dass auch insoweit die Vorschrift der VV Vorb. 4 Abs. 4 entsprechend anwendbar ist. Befindet sich der Angeklagte nicht auf freiem Fuß, so sind die Verfahrensgebühren mit Zuschlag maßgebend.[32] Unerheblich ist, ob sich der Angeklagte wegen der Verurteilung des wieder aufzunehmenden Verfahrens in Haft befindet oder in anderer Sache.[33]

 

Rz. 49

Der Anwalt erhält also, wenn in erster Instanz entschieden hat

 
– das Amtsgericht, die erhöhte Verfahrensgebühr nach VV 4106, 4107
– Gebührenrahmen 44,00 bis 399,00 EUR
– Mittelgebühr 221,50 EUR
– die Strafkammer, die Jugendkammer, soweit sich die Gebühr nicht nach VV 4118 bestimmt, die erhöhte Gebühr nach VV 4112, 4113
– Gebührenrahmen 55,00 bis 440,00 EUR
– Mittelgebühr 247,50 EUR
– das OLG, das Schwurgericht oder die Strafkammer in Verfahren nach den §§ 74a und 74c GVG sowie in Verfahren vor der Jugendkammer, sofern diese in Sachen entscheidet, die nach den allgemeinen Vorschriften zur Zuständigkeit des Schwurgerichts gehören, die erhöhte Gebühr nach VV 4118, 4119
– Gebührenrahmen 110,00 bis 949,00 EUR
– Mittelgebühr 529,50 EUR
[32] So auch die Begründung zu VV 4136, BT-Drucks 14/1971, 227; Burhoff/Volpert, RVG, VV Vorb. 4.1.4 Rn 14.
[33] Burhoff/Volpert, RVG, VV Vorb. 4.1.4 Rn 14.

c) VV 4142, 4134 f.

 

Rz. 50

Nicht anwendbar sind die Vorschriften der VV 4142, 4134 f.[34] Der Grund hierfür liegt darin, dass im Verfahren nach § 359 StPO nur die Wiederaufnahmegründe geprüft werden, nicht aber auch die Sache selbst. Zusätzliche Tätigkeiten im Hinblick auf die Gegenstände der VV 4142, 4134 f. sind daher nicht erforderlich.

 

Rz. 51

Beschränkt sich das Wiederaufnahmeverfahren ausschließlich auf vermögensrechtliche Ansprüche (z.B. im Fall des § 406c Abs. 1 StPO), so gelten ebenfalls nur die VV 4136 ff. und nicht die VV 4142 ff.

 

Rz. 52

Kommt es allerdings zur Wiederaufnahme des Verfahrens, so sind für das wiederaufgenommene Verfahren die VV 4142, 4134 f. wieder anwendbar.[35] Soweit sich das Verfahren nach Wiederaufnahme im Falle des § 406c Abs. 1 StPO beschränkt, erhält der Anwalt im nachfolgenden Verfahren nur die Gebühr der VV 4142, 4134 f.

[34] Burhoff/Volpert, RVG, VV Vorb. 4.1.4 Rn 14.
[35] Burhoff/Volpert, RVG, VV Vorb. 4.1.4 Rn 12.

d) VV 4141

 

Rz. 53

Die Vorschrift der VV 4141 ist ebenfalls unanwendbar. Eine zusätzliche Gebühr ist hier nicht vorgesehen und würde auch nicht dem Sinn und Zweck der zusätzlichen Gebühr entsprechen. Erst im wiederaufgenommenen Verfahren kann diese Gebühr entstehen. Die scheinbar gegenteilige Entscheidung des LG Dresden[36] hat tatsächlich die zusätzliche Gebühr im nachfolgenden wieder aufgenommenen Verfahren zugesprochen und lediglich die Tätigkeit in Wiederaufnahmeverfahren als Mitwirkung ausreichen lassen.

[36] StraFo 2006, 475.

e) VV 1008

 

Rz. 54

Vertritt der Anwalt mehrere Auftraggeber, so erhöht sich der Gebührenrahmen gemäß VV 1008 um 30 % für jeden weiteren Auftraggeber.

2. Terminsgebühr (VV 4140)

 

Rz. 55

Die Terminsgebühr nach VV 4140 entsteht für jeden Verhandlun...

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