Rz. 33
Gemäß der Anm. zu VV 3305 wird die 1,0-Verfahrensgebühr (nicht Auslagen (!), vgl. Rdn 58) auf die Verfahrensgebühr eines nachfolgenden Rechtsstreits angerechnet. Hierbei muss jedoch zwischen dem Rechtsanwalt des Mahnverfahrens und dem Rechtsanwalt des nachfolgenden streitigen Verfahrens eine Personenidentität bestehen. Beauftragt daher der Mandant zunächst einen Rechtsanwalt mit der Durchführung eines Mahnverfahrens und mandatiert er für den späteren Rechtsstreit einen anderen Anwalt, kommt es bei einem solchen Anwaltswechsel nicht zu einer Gebührenanrechnung. Dies gilt auch, wenn ein Rechtsanwalt sich zunächst selbst vertreten und nach § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO Anspruch auf Gebührenerstattung wie im Falle der Mandatierung durch einen Dritten hat. Der BGH hat bereits zu den Anrechnungsvoraussetzungen nach VV Vorb. 3 Abs. 6 im Falle einer Zurückverweisung an das Berufungsgericht entschieden, dass eine Anrechnung ausscheidet, wenn die anzurechnende Gebühr (hier Verfahrensgebühr) von einem anderen Rechtsanwalt verdient worden war. Ein Anwaltswechsel liegt nämlich nur dann vor, wenn ein neuer Beratungsvertrag mit einem Anwalt geschlossen worden ist, der nicht identisch ist mit demjenigen Anwalt, welcher das vorherige Verfahren geführt hat. Auf die jeweils handelnde Person kommt es daher nicht an, weil einen Anspruch auf die jeweilige Gebühr nur die jeweilige Vertragspartei hat.
Kommt es auf den Einspruch oder Widerspruch hin zur Durchführung des streitigen Verfahrens, so ist die Mahnverfahrensgebühr nach der Anm. zu VV 3305 auf die Verfahrensgebühr (VV 3100) des nachfolgenden Rechtsstreits in voller Höhe anzurechnen (Anm. zu VV 3305). Nach der gesetzlichen Regelung kann daher, wenn der Anspruchsteller in gleicher Angelegenheit zwischen vorgerichtlicher Auseinandersetzung und streitigem gerichtlichen Verfahren bei durchgängiger anwaltlicher Vertretung ein Mahnverfahren betrieben hat, eine Anrechnung der vorgerichtlich verdienten Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr nach VV 3100 niemals in Betracht kommen.
Rz. 34
Eine Anrechnung ist auch im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 55 auf die gerichtliche Verfahrensgebühr des beigeordneten Rechtsanwalts nach VV 3100 vorzunehmen. Der Wortlaut der Anmerkung zu VV 3305 ist eindeutig und stimmt mit VV Vorb. 3 Abs. 4 S. 1 über die anteilige Anrechnung der vorgerichtlich entstandenen Geschäftsgebühr überein. Beide Anrechnungsvorschriften verfolgen den übereinstimmenden Zweck, die Einarbeitung des Rechtsanwalts in denselben Sachverhalt nicht doppelt zu vergüten. Ein Rechtsanwalt, der bereits im Rahmen seiner vorgerichtlichen Tätigkeit bzw. des Mahnverfahrens mit der Sache befasst gewesen ist, bedarf in der Regel für die Prozessvertretung selbst eines geringeren Einarbeitungs- und Vorbereitungsaufwands. Auch aus den Materialien zum RVG erschließen sich keine Hinweise, die für eine unterschiedliche Handhabung beider Anrechnungsregeln sprechen könnten. Dementsprechend unterliegt die Anwendung des Anrechnungstatbestands zu VV 3305 denselben Grundsätzen wie die Parallelvorschrift der VV Vorb. 3 Abs. 4 S. 1. Nach dieser Bestimmung hat im Verhältnis zwischen der Geschäftsgebühr und der Verfahrensgebühr im nachfolgenden Rechtsstreit eine Anrechnung unabhängig davon stattzufinden, ob es sich hierbei um die volle Verfahrensgebühr nach VV 3100 oder um die verminderte Gebühr nach VV 3101 handelt. Dabei ist es bereits nach dem Wortlaut der VV Vorb. 3 Abs. 4 ohne Bedeutung, ob die Geschäftsgebühr unstreitig geltend gemacht, tituliert oder sogar schon beglichen ist.
Rz. 35
Im Anwendungsbereich des § 49, d.h. jenseits einer Wertgrenze von 4.000 EUR, hat die Anrechnung der Widerspruchsgebühr nach VV 3305 in der Weise zu erfolgen, dass die verminderte Verfahrensgebühr nach VV 3100 nur um das 1,0-Fache des ermäßigten Vergütungssatzes nach der Tabelle zu § 49 gekürzt wird.
Rz. 36
Eine eventuelle Terminsgebühr nach VV Vorb. 3.2.2, VV 3104 wird dagegen nicht angerechnet, sondern bleibt anrechnungsfrei, auch wenn im streitigen Verfahren erneut eine Terminsgebühr nach VV 3104 entsteht. Dies gilt allerdings nur in den – wohl sehr selten vorkommenden – Fällen, in denen dem Rechtsanwalt der unbedingte Prozessauftrag für den nachfolgenden Rechtsstreits bis zum 30.12.2006 erteilt wurde. Erfolgte eine unbedingte Beauftragung nach diesem Stichtag, so wird die im gerichtlichen Mahnverfahren angefallene Terminsgebühr angerechnet (vgl. auch Rdn 94 ff.).
Rz. 37
Der Sinn der Anrechnung besteht darin, die Einarbeitung des Rechtsanwaltes in denselben Sachverhalt nicht doppelt zu vergüten. Ein Rechtsanwalt, der bereits im Rahmen seiner vorgerichtlichen Tätigkeit bzw. des Mahnverfahrens mit der Sache befasst gewesen ist, bedarf in der Regel für die Prozessvertretung selbst eines geringeren Einarbeitungs- und Vorbereitungsaufwandes. Daraus ergibt sich der Umkehrschluss, dass es sich bei der Tätigkeit, in der die anzurechnende Gebühr entsteht um denselben Gegenstand h...