Rz. 43

Die Verfahrensgebühr des Mahnverfahrens ist auf die Verfahrensgebühr eines nachfolgenden Rechtsstreits dann nicht anzurechnen, wenn zwischen der Beendigung des Mahnverfahrens und dem streitigen Verfahren mehr als zwei Kalenderjahre liegen. In diesem Fall unterbleibt nach § 15 Abs. 5 S. 2 eine Anrechnung. Allerdings kommt nur eine analoge Anwendung des § 15 Abs. 5 S. 2 in Betracht. Hiernach gilt die weitere Tätigkeit als neue Angelegenheit, wenn der frühere Auftrag seit mehr als zwei Kalenderjahren erledigt ist. Eine direkte Anwendung dieser Regelung ist ausgeschlossen, weil das Mahnverfahren und das Streitverfahren gebührenrechtlich nicht dieselbe Angelegenheit darstellen (vgl. § 17 Nr. 2). Allerdings hat der Gesetzgeber in § 15 Abs. 5 S. 2 eine Regelung eingefügt, wonach die weitere Tätigkeit als neue Angelegenheit gilt und in diesem Gesetz bestimmte Anrechnungen von Gebühren entfallen sollen. Begründet wird diese Ergänzung des Gesetzestextes damit, dass der Rechtsanwalt sich auch in diesen Fällen wegen des Zeitablaufs in die Angelegenheit wieder neu einarbeiten müsse.[39] Ausdrücklich wird in der Begründung verneinend darauf verwiesen, dass auch sonst vorgesehene Anrechnungen entfallen sollen. Damit dürfte klargestellt sein, dass jegliche Anrechnung zu unterbleiben hat, wenn der frühere Auftrag seit mehr als zwei Kalenderjahren erledigt ist.

 

Rz. 44

Auch bei einer analogen Anwendung von § 15 Abs. 5 S. 2 findet daher eine Anrechnung der Gebühr nach VV 3305 auf die Verfahrensgebühr nach VV 3100 nicht mehr statt, wenn das Mahnverfahren und der Rechtsstreit länger als zwei Kalenderjahre auseinander liegen.

 

Beispiel: Keine Anrechnung der Mahnverfahrensgebühr nach Ablauf von zwei Kalenderjahren

Der Anwalt hatte im November 2014 den Auftrag für ein Mahnverfahren über 7.500 EUR erhalten und den Mahnbescheid beantragt. Der Antragsgegner hatte im Dezember 2014 fristgerecht Widerspruch eingelegt. Der Antragsteller will zunächst nichts Weiteres veranlassen. Im Januar 2019 erteilt er dem Anwalt den Auftrag zur Durchführung des streitigen Verfahrens.

Da hier seit dem Widerspruch zwei Kalenderjahre verstrichen sind, ist nach § 15 Abs. 5 S. 2 eine Anrechnung der Mahnverfahrensgebühr (VV 3305) gemäß Anm. zu VV 3305 ausgeschlossen.

I. Mahnverfahren

 
1.

1,0-Verfahrensgebühr, VV 3305

(Wert: 7.500,00 EUR)
  502,00 EUR
2. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 522,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   99,18 EUR
Gesamt   621,18 EUR

II. Streitiges Verfahren

 
1.

1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100

(Wert: 7.500,00 EUR)
  652,60 EUR
2.

1,2-Terminsgebühr, VV 3104

(Wert: 7.500,00 EUR)
  602,40 EUR
3. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.275,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   242,25 EUR
Gesamt   1.517,25 EUR
[39] BT-Drucks 15/1971 S. 190 li. Sp.

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