Ob der überlebende Ehegatte ausschlägt und die "güterrechtliche Lösung" wählt, setzt eine Interessenabwägung voraus. Diese steht im Fall der Erbeinsetzung unter dem Zeitdruck der Frist des § 1944 BGB. Nur eingeschränkt gilt dies beim Vermächtnis; hier kann es aber zu einer Fristsetzung durch den Erben gem. § 2307 Abs. 2 BGB kommen.
Erbschaft und Vermächtnisanspruch werden sogleich mit dem Tod des Erblassers erworben. Allerdings gelten nach der form- und fristgerechten Ausschlagung die Erbschaft und das Vermächtnis als niemals angefallen, § 1953 BGB (§ 2180 BGB). Die Ausschlagung der Erbschaft und der Anfall an den nunmehr berufenen Erben werden gem. § 1953 Abs. 1, Abs. 2 BGB auf den Erbfall zurückbezogen, um einen auch nur vorübergehend herrenlosen Nachlass zu vermeiden.
Die Entscheidung des überlebenden Ehegatten, ob es finanziell günstiger ist, die erbrechtliche oder die güterrechtliche Lösung zu wählen, ist davon abhängig, neben welchen Verwandten er erbt und in welchem Verhältnis der in der Ehe erzielte Zugewinn des verstorbenen Ehegatten zur gesamten Erbmasse steht und ob bzw. welchen Zugewinn der überlebende Ehegatte selbst in der Ehe erzielt hat.
Kössinger kommt anhand komplexer Berechnungen zum Ergebnis, dass unter der Voraussetzung, dass nur der verstorbene Ehegatte Zugewinn erzielt hat, neben Verwandten der ersten Ordnung die Wahl der güterrechtlichen Lösung sich nur rentiert, wenn der Anteil des Zugewinns am Gesamtnachlass mehr als 85,71 % bzw. 6/7 beträgt; neben Verwandten der zweiten Ordnung die erbrechtliche Lösung immer die günstigere ist.
Geißler, kommt in einer vertiefenden Analyse zum Ergebnis, dass der pauschale Zugewinnausgleich im Todesfall über das erhöhte gesetzliche Erbrecht des Überlebenden vom Gesetzgeber so attraktiv ausgestaltet worden sei, dass es in der Regel uninteressant sein dürfte, den güterrechtlichen Weg zu wählen. Mathematische Gleichungen müssten spätestens in der Praxis scheitern. Ansonsten könnten keine zuverlässigen Aussagen gemacht werden.
Bei der Entscheidung wird in der Praxis ferner zu berücksichtigen sein, dass der überlebende Ehegatte durch eine Ausschlagung des gesetzlichen Erbteils sein Recht auf den Voraus verliert. Außerdem ist er nach einer Ausschlagung nicht mehr dinglich am Nachlass beteiligt und kann deshalb keinen Einfluss mehr auf dessen Verwaltung und Abwicklung nehmen.
Auf der anderen Seite wird der Ausschlagende nicht mit Verwaltungs- und Abwicklungskosten belastet.
Bevor der überlebende Ehegatte die Erbschaft ausschlägt, ist außerdem genau zu überprüfen, ob dieser sich etwaige Vorempfänge nach der Maßgabe des § 1380 BGB anrechnen lassen muss (vgl. auch § 2315 BGB).
Danach wird auf die Ausgleichsforderung eines Ehegatten angerechnet, was ihm von dem anderen Ehegatten durch Rechtsgeschäft unter Lebenden zugewendet worden ist. Die Zuwendung muss mit der Bestimmung versehen worden sein, dass diese auf die Ausgleichsforderung angerechnet werden soll. Im Zweifel kann angenommen werden, dass Zuwendungen angerechnet werden sollen, wenn ihr Wert den von Gelegenheitsgeschenken übersteigt, die nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten üblich sind, § 1380 Abs. 1 Satz 2 BGB.
Bezüglich der Verjährungsfristen ist zu berücksichtigen, dass die Pflichtteilsansprüche, unabhängig ob nach §§ 2303, 2305, 2307, 2325 oder 2329 BGB, und Ausgleichsforderungen nach der allgemeinen Regel des § 195 BGB in drei Jahren verjähren. Die ehemals in § 1378 Abs. 4 BGB normierte Sonderregel für die Verjährung der Ausgleichsforderung ist bereits im Jahr 2009 durch das Gesetz zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts aufgehoben worden. Änderungen ergeben sich zwar nicht für die weiterhin geltende dreijährige Frist, jedoch für deren Beginn und Lauf. Gemäß § 199 Abs. 1 BGB beginnt die Frist nun mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Auch der Vermächtnisanspruch verjährt gemäß des Gesetzes zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts seit dem 1.1.2010 innerhalb der Regelfrist von 3 Jahren, beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Vermächtnisnehmer die anspruchsbegründenden Umstände kannte oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte kennen müssen (§§ 195, 199 Abs. 1 BGB). Ohne Rücksicht auf die Kenntnis verjährt der Anspruch in 30 Jahren seit seiner Entstehung (§ 199 Abs. 3a BGB). Der Erbteil verjährt gar nicht.