Die Annahme als Kind (Adoption) kann ein gesetzliches Erbrecht begründen. Zu unterscheiden ist dabei zwischen der Minderjährigen- und der Volljährigenadoption sowie danach, ob die Annahme vor oder nach Inkrafttreten des Adoptionsgesetzes am 1.1.1977 erfolgt ist.
4.2.5.1 Minderjährigenadoption
Durch die Annahme eines Minderjährigen als Kind erlangt dieser gem. § 1754 Abs. 2 BGB in vollem Umfang die Rechtsstellung eines Kindes des Annehmenden. Nimmt ein Ehepaar ein Kind oder ein Ehegatte das Kind des anderen Ehegatten an, erlangt das Kind die rechtliche Stellung eines gemeinschaftlichen Kindes der Ehegatten (§ 1754 Abs. 1 BGB). Nach § 1755 Abs. 1 BGB erlöschen die Verwandtschaftsverhältnisse zu den bisherigen Verwandten. Damit gehört das adoptierte Kind zu den gesetzlichen Erben der ersten Ordnung nach dem Annehmenden, dessen Eltern etc.; es wird jedoch nicht mehr gesetzlicher Erbe seiner leiblichen Eltern und deren Vorfahren.
Nimmt ein Ehegatte das Kind seines Ehegatten an (so genannte Stiefkindadoption) entfällt gem. § 1755 Abs. 2 BGB nur das Verwandtschaftsverhältnis zu dem anderen Elternteil und dessen Verwandten.
§ 1756 Abs. 2 BGB trifft eine besondere Regelung, wenn ein Ehegatte das Kind des anderen Ehegatten annimmt, dessen frühere Ehe durch Tod aufgelöst ist. In diesem Fall erlöschen die Verwandtschaftsverhältnisse zu den Verwandten des anderen Elternteils nicht, wenn dieser die elterliche Sorge innehatte. Das hat zur Folge, dass das angenommene Halbwaisenkind gesetzlicher Erbe erster Ordnung nach drei Großelternpaaren sein kann.
Ähnliches gilt nach § 1756 Abs. 1 BGB bei der Verwandtenadoption: Nach dieser Vorschrift erlischt bei einer Adoption durch einen mit dem Kind im 2. oder 3. Grad verwandten oder verschwägerten (also z. B. durch Onkel oder Tante) nur das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes und seiner Abkömmlinge zu den bisherigen Eltern. Folglich kann das angenommene Kind gesetzlicher Erbe der ersten Ordnung nach seinen beiden leiblichen Großelternpaaren und nach dem durch die Adoption vermittelten Großelternpaar werden. Entsteht dadurch eine mehrfache Verwandtschaft (die bisherige und die durch den Annehmenden vermittelte), erhält der Adoptierte gem. § 1927 BGB innerhalb der ersten drei Ordnungen die in den Stämmen anfallenden Erbanteile nebeneinander.
4.2.5.2 Adoption eines Volljährigen
Die Wirkung der Adoption eines Volljährigen ist in § 1770 BGB geregelt. Danach begründet die Adoption eines Volljährigen nur die Verwandtschaft zwischen dem Angenommenen sowie dessen Abkömmlingen und dem Annehmenden, nicht aber zwischen dem Angenommenen und den Verwandten des Annehmenden. Damit werden der Adoptierte und seine Abkömmlinge gesetzliche Erben erster Ordnung nach dem Annehmenden, nicht jedoch nach dessen Eltern etc. Gleichzeitig bleibt der Angenommene mit seinen leiblichen Vorfahren verwandt und damit auch gesetzlicher Erbe erster Ordnung nach seinen leiblichen Eltern und Voreltern.
Aus der Kumulation von Adoptiv- und leiblicher Verwandtschaft ergibt sich, dass bei Vorversterben des Angenommenen, der keine Abkömmlinge hinterlassen hat, die Adoptiv- und die leiblichen Eltern erben. Dabei werden die §§ 1925, 1930 BGB schematisch angewandt.
Sind beide Adoptiveltern vorverstorben, ohne eigene Abkömmlinge zu hinterlassen, wird ihr Vermögen über den Angenommenen unter Ausschluss leiblicher Verwandter der Annehmenden an die leiblichen Verwandten des Angenommenen weitergegeben.
Darauf muss der Annehmende bei der Beurkundung hingewiesen werden.
Zum einen kann die Erbfolge durch Erbvertrag geregelt werden, in welchem die leiblichen Verwandten des Annehmenden als Nacherben vorgesehen werden, zum anderen kann aber auch ein Erbverzicht vereinbart werden.
Ist ein leiblicher Elternteil vorverstorben, wird er vom Angenommenen entsprechend der gesetzlichen Erbfolge beerbt.
4.2.5.3 Adoption nach altem Recht
Bei Adoption nach altem Recht (vor dem 1.1.1977) sind die Übergangsregelungen in Art. 12 des Adoptionsgesetzes zu beachten. Danach gilt folgendes:
War der Erblasser zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben, bestimmen sich die erbrechtlichen Verhältnisse stets nach altem Recht (kein Erbrecht nach dem Annehmenden).
In Erbfällen nach diesem Termin ist zu unterscheiden:
War der Angenommene am 1.1.1977 bereits volljährig, sind die neuen Vorschriften über die Volljährigenadoption anzuwenden. War der Angenommene zu diesem Zeitpunkt noch minderjährig, so galt für alle Erbfälle bis zum 31.12.1977 das alte Recht; danach findet grundsätzlich das neue Recht über die Minderjährigenadoption Anwendung.