Leitsatz
a) Das Schriftformgebot des § 550 BGB will in erster Linie sicherstellen, dass ein späterer Grundstückserwerber, der kraft Gesetzes aufseiten des Vermieters in ein auf mehr als ein Jahr abgeschlossenes Mietverhältnis eintritt, dessen Bedingungen aus einem schriftlichen Vertrag ersehen kann. Darüber hinaus dient die Schriftform des § 550 BGB aber auch dazu, die Beweisbarkeit langfristiger Abreden zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien sicherzustellen und diese vor der unbedachten Eingehung langfristiger Bindungen zu schützen.
(amtlicher Leitsatz des BGH)
b) Ist die Urkunde im Fall einer Personenmehrheit nicht von allen Vermietern oder Mietern unterzeichnet, müssen die vorhandenen Unterschriften deutlich zum Ausdruck bringen, ob sie auch in Vertretung der nicht unterzeichnenden Vertragsparteien hinzugefügt wurden. Wird die Vertretung der Vertragspartei durch die den Vertrag unterzeichnende Person allerdings auf andere Weise deutlich, z. B. wenn nur eine natürliche Person als Mieter oder Vermieter auftritt und eine andere Person den Vertrag unterschreibt, ist ein zusätzlicher Vertretungszusatz nicht erforderlich.
(amtlicher Leitsatz des BGH)
Normenkette
BGB § 550
Kommentar
Die Eigentümerin von Büroräumen schloss im Jahr 1990 einen auf 20 Jahre befristeten Mietvertrag. In der Vertragsurkunde ist die Eigentümerin als Vermieterin genannt. Der Vertrag wurde auf der Vermieterseite vom Ehemann der Vermieterin unterzeichnet, allerdings ohne einen Hinweis auf das Vertretungsverhältnis. In der Folgezeit wurde die Mietsache an einen Dritten veräußert. Die Mieter haben das Mietverhältnis im Jahr 2002 – also lange vor Ablauf der Vertragszeit – gekündigt. Der Erwerber und jetzige Vermieter hat beantragt festzustellen, dass der Mietvertrag durch die Kündigung der Mieter nicht beendet worden ist. Der BGH hatte zu entscheiden, ob der Mietvertrag wegen Nichtbeachtung der Schriftform vorzeitig gekündigt werden kann.
Dies wird vom BGH verneint: Wird ein Mietvertrag für längere Zeit als ein Jahr nicht in schriftlicher Form geschlossen, gilt er auf unbestimmte Zeit. Ein solcher Vertrag kann gem. § 550 BGB nach Ablauf des ersten Mietjahrs von jeder Partei gekündigt werden. Die Schriftform ist gewahrt, wenn die Vertragsurkunde vom Vermieter und vom Mieter eigenhändig unterzeichnet wird; bei mehreren Vermietern oder Mietern müssen alle Beteiligten unterschreiben. Die jeweiligen Vertragsparteien können sich bei der Unterschrift vertreten lassen. In einem solchen Fall muss sich aus der Vertragsurkunde grundsätzlich ergeben, dass der Unterzeichnende in Vertretung der Vertragspartei gehandelt hat (BGH, Urteil v. 5.11.2003, XII ZR 134/02; BGH, Urteil v. 16.7.2003, XII ZR 65/02; BGH, Urteil v. 11.9.2002, XII ZR 187/00).
Von diesem Grundsatz gilt eine wichtige Ausnahme: Die Schriftform ist auch ohne Vertretungszusatz gewahrt, wenn die Vertretung der Vertragspartei durch den Unterzeichner auf andere Weise hinreichend bestimmbar ist. Dies ist insbesondere in zwei Fällen anzunehmen:
- wenn die Mietsache von einer juristischen Person vermietet wird oder wenn eine juristische Person Mieter ist: In diesem Fall ist klar, dass der Unterzeichner nicht für sich, sondern für die juristische Person handeln will (BGH, Urteil v. 19.9.2007, XII ZR 121/05).
- wenn eine einzelne natürliche Person Vermieter oder Mieter ist und der Vertrag durch einen Dritten unterschrieben wird. Auch hier ist klar, dass der Unterzeichner nicht für sich, sondern für die Vertragspartei handeln will.
Vorliegend war die zweite Fallgruppe gegeben. Die Schriftform war gewahrt; die Kündigung daher unwirksam.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 07.05.2008, XII ZR 69/06BGH, Urteil v. 7.5.2008, XII ZR 69/06, NJW 2008, 2178 m. Anm. Dötsch = MietRB 2008, 231