Prof. Dr. Stephan Wolf, Andrea Dorjee-Good
a) Allgemeines
Rz. 90
Der Begriff der Verfügung von Todes wegen umfasst als Unterarten die letztwillige Verfügung (Testament) und den Erbvertrag. Letzterer kann als entgeltlicher oder unentgeltlicher Erbzuwendungs- oder Erbverzichtsvertrag ausgestaltet sein. Er bewirkt entweder die Begünstigung einer Person oder die Nichtteilnahme bzw. – im Vergleich zum gesetzlichen Erbrecht – bloß beschränkte Teilnahme eines Erben an der Erbfolge.
b) Letztwillige Verfügung (Testament)
Rz. 91
Das Testament kann als einseitiges Rechtsgeschäft durch den Testator jederzeit widerrufen werden (Art. 509 ZGB). Dieser Umstand hat Auswirkungen auf die Zulässigkeit korrespektiver und gemeinschaftlicher Testamente.
Bei einem korrespektiven Testament hat der letzte Wille des Erblassers für sich genommen keinen Bestand, sondern ist vom letzten Willen einer anderen Person abhängig. Die eine letztwillige Verfügung ist mithin durch die andere bedingt. Weil damit die jederzeitige Widerrufbarkeit des Testaments gefährdet wird, unterliegt eine solche Verfügung der Ungültigkeitsklage.
Sind die gegenseitigen erblasserischen Willen sogar in einer einzigen Urkunde verbunden – was häufig unter Ehegatten vorkommt –, spricht man von einem gemeinschaftlichen Testament. Werden die Formvorschriften des Erbvertrages nicht berücksichtigt, unterliegt das gemeinschaftliche Testament gem. Art. 520 ZGB der Ungültigkeitsklage.
c) Erbvertrag
Rz. 92
Anders als das Testament bewirkt der Erbvertrag als zweiseitiges Rechtsgeschäft eine Bindung des Erblassers schon zu Lebzeiten. Eine Aufhebung der Bindung ist durch contrarius actus der Vertragsparteien in der Form der einfachen Schriftlichkeit möglich (Art. 513 Abs. 1 ZGB). Beim Vorliegen eines Willensmangels (Art. 469 ZGB), eines Enterbungsgrundes (Art. 513 Abs. 2 i.V.m. Art. 477 ZGB) oder bei Säumnis in der Erbringung einer Gegenleistung (Art. 514 ZGB) sieht das Gesetz sodann die Möglichkeit der einseitigen Aufhebung des Erbvertrages vor.
Rz. 93
In der Praxis ist der Erbvertrag häufig als kombinierter "Ehe- und Erbvertrag" zwischen Ehegatten oder in der Form des Erbauskaufes – im Zuge dessen der Vertragspartner des Erblassers beim Erbgang außer Betracht fällt – anzutreffen.
Rz. 94
Namentlich aus der Sicht des Erblassers ist sodann die Erbverpfründung nach Art. 521 Abs. 2 OR interessant. Bei diesem Vertrag steht die Einsetzung als Erbe oder Vermächtnisnehmer in einem synallagmatischen Verhältnis zur lebenszeitlichen Gewährung von Unterhalt und Pflege durch den Vertragspartner des Erblassers. Die vom Gesetz ausdrücklich vorgesehene Erbzuwendung an einen am Vertragsschluss nicht beteiligten Dritten (Art. 494 Abs. 1 ZGB) schließlich kommt vor allem dann vor, wenn Großeltern ihre Enkel als Erben einsetzen wollen.
d) Schweizerisches Testamentenregister (ZTR)
Rz. 95
Der Schweizer Notarenverband (SNV) betreibt auf privater Basis ein Zentrales Register für Verfügungen von Todes wegen. In diesem Register können Erbverträge, Testamente und Eheverträge zur Registrierung angemeldet werden, sofern sie bei einem Notar oder Anwalt in der Schweiz oder einer schweizerischen Amtsstelle in der Schweiz deponiert sind. Unter dieser Voraussetzung ist auch die Registrierung von im Ausland beurkundeten Verfügungen von Todes wegen möglich. Zweck des Registers ist das erleichterte Auffinden der erwähnten Dokumente. Unter Vorweisung e...