Alex Schindler, Gian Andri Töndury
Rz. 164
Die schweizerische Gesetzgebung enthält keine Legaldefinition der Zweigniederlassung. Gemäß Rechtsprechung des Bundesgerichts ist darunter "ein kaufmännischer Betrieb zu verstehen, der zwar rechtlich Teil einer Hauptunternehmung ist, von der er abhängt, der aber in eigenen Räumlichkeiten dauernd eine gleichartige Tätigkeit wie diejenige des Hauptsitzes ausübt und dabei über eine gewisse wirtschaftliche und geschäftliche Unabhängigkeit verfügt". Es wird somit eine Mischung aus Abhängigkeit und Eigenständigkeit verlangt. Während das Kriterium der Abhängigkeit oft gegeben ist, fehlt es dort an der Selbstständigkeit, wo keine eigenen Leitungsorgane wirken, wie z.B. auf einem Werkhof oder in einer ausgegliederten Buchhaltungsabteilung.
Rz. 165
Die Zweigniederlassung muss am Ort ihres Sitzes in das Handelsregister eingetragen werden (Art. 778a OR). Eingetragen werden kann nur ein Geschäftsbetrieb, der den oben erwähnten Begriff erfüllt. Obwohl die Zweigniederlassung ins Handelsregister eingetragen werden muss, besteht keine eigene Buchführungspflicht. Zur Buchführung verpflichtet ist lediglich die Gesellschaft selbst, denn die Zweigniederlassung ist Bestandteil des Gesamtunternehmens ohne eigene Rechtspersönlichkeit (im Gegensatz zu einer Tochtergesellschaft).
Rz. 166
Die Zweigniederlassung hat die gleiche Firma zu führen wie die Hauptniederlassung, darf jedoch ihrer Firma besondere Zusätze beifügen, sofern diese nur für die Zweigniederlassung zutreffen, beispielsweise "Filiale …[Ortsbezeichnung]" (Art. 952 OR).
Rz. 167
Die Zweigniederlassung einer schweizerischen Gesellschaft begründet für Klagen aus ihrem Betrieb einen alternativen Gerichtsstand zum Gerichtsstand am Sitz der Gesellschaft (Art. 12 der Schweizerischen Zivilprozessordnung). Der Ort der Zweigniederlassung bildet jedoch keinen eigenen Betreibungsort. Hingegen begründet die Geschäftsniederlassung einer ausländischen Gesellschaft für Verbindlichkeiten aus deren Betrieb einen Betreibungsort (Art. 50 Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz, nachfolgend "SchKG").
Rz. 168
Ausländische Gesellschaften können ebenfalls Zweigniederlassungen in der Schweiz gründen. Ob ein von einer ausländischen Gesellschaft in der Schweiz geführter Geschäftsbetrieb die Voraussetzungen einer Zweigniederlassung erfüllt, entscheidet sich gemäß Lehre und Rechtsprechung nach schweizerischem Recht. Die Zweigniederlassung selber untersteht ebenfalls den Regelungen des schweizerischen Rechts (Art. 160 Abs. 1 IPRG). Für das interne Verhältnis ist jedoch das ausländische Personalstatut maßgebend. Die Firma der Zweigniederlassung muss überdies den Ort der Hauptniederlassung, den Ort der Zweigniederlassung und die ausdrückliche Bezeichnung als solche enthalten (Art. 952 OR). Ebenfalls muss ein Bevollmächtigter mit Wohnsitz in der Schweiz mit der gesellschaftlichen Vertretung bestellt und im Handelsregister eingetragen werden. Die Zweigniederlassung begründet auch in diesem Fall einen eigenen Gerichtsstand. Im Gegensatz zur "Schweizer" Zweigniederlassung begründet sie aber auch einen selbstständigen Betreibungsort. Eine ausländische Zweigniederlassung einer schweizerischen Gesellschaft kann allerdings nicht im schweizerischen Handelsregister eingetragen werden.