Alex Schindler, Gian Andri Töndury
A. Einführung
Rz. 1
Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (nachfolgend "GmbH") ist eine personenbezogene Gesellschaft, an der eine oder mehrere Personen oder Handelsgesellschaften beteiligt sind (Art. 772 Abs. 1 OR). Die GmbH ist eine juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit (Art. 779 OR) und als solche – losgelöst von ihren Gesellschaftern – rechts- und handlungsfähig (Art. 53 f. ZGB). Die GmbH zeichnet sich dadurch aus, dass sie sowohl kapitalbezogene als auch personenbezogene Gesellschaftselemente aufweist. Die kapitalbezogenen Elemente zeigen sich insbesondere darin, dass die Gesellschaft für ihre Verbindlichkeiten nur mit ihrem Stammkapital haftet. Ihre Personenbezogenheit zeigt sich darin, dass in den Statuten der GmbH Gesellschafterpflichten vorgesehen werden können, welche über die Liberierungspflicht hinausgehen, wie beispielsweise Nachschuss- und Nebenleistungspflichten oder Konkurrenzverbote. Zudem gilt bei der GmbH das Konzept der Selbstorganschaft, nach welchem grundsätzlich alle Gesellschafter zur Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft berechtigt sind.
Rz. 2
Die GmbH ist eine der Gesellschaftsformen, welche das schweizerische Gesellschaftsrecht zur Verfügung stellt. Neben der GmbH sieht das schweizerische Gesellschaftsrecht folgende Gesellschaftsformen ("numerus clausus") vor:
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die einfache Gesellschaft; |
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die Kollektivgesellschaft; |
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die Kommanditgesellschaft; |
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die Aktiengesellschaft ("AG"); |
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die Kommanditaktiengesellschaft; |
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die Genossenschaft; |
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der Verein; |
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die Stiftung. |
Rz. 3
Gemäss dem Bundesamt für Statistik existierten in der Schweiz 2020 insgesamt 592.695 marktwirtschaftliche Unternehmen, wobei davon 352.279 als Einzelfirmen ohne eigene Rechtspersönlichkeit organisiert sind. Stand 28.8.2020 existierten in der Schweiz 118.623 Aktiengesellschaften und 112.720 GmbHs. Die GmbH stellt somit in der Schweiz – nach der Aktiengesellschaft – die zweithäufigste Rechtsform von Gesellschaften dar.
Rz. 4
Dieser Beliebtheit erfreute sich die GmbH jedoch nicht von allem Anfang an. Die GmbH wurde 1936 in der Schweiz neu eingeführt. Dem Wirtschaftsverkehr sollte damit eine neue Gesellschaftsform zur Verfügung gestellt werden, welche die Vorteile der AG mit denjenigen der Kollektivgesellschaft verbindet. Die GmbH war gedacht als eine Gesellschaft, die trotz der Beschränkung des Risikos und ihrer Ausprägung als Körperschaft eine gewisse Anpassungsfähigkeit erlaubt und insbesondere die Selbstorganschaft ermöglicht. Als Rechtsform für kleinere Unternehmen, vor allem für Familiengesellschaften, sollte sie die AG ersetzen. In der Praxis wurden jedoch die von der GmbH erhofften Vorteile im Geschäftsverkehr nicht genügend geschätzt. Nachteile wie die strengen Gründungs-, Gläubigerschutz- und Buchführungsvorschriften sowie die Immobilität der Gesellschaftsanteile überwogen und auch kleinere Unternehmen bedienten sich der Gesellschaftsform der Aktiengesellschaft. Erst mit Inkrafttreten des revidierten Aktienrechts von 1991 gewann die Gesellschaftsform der GmbH an Bedeutung. Denn mit dem neuen Aktienrecht erhöhte sich das Mindestkapital für AG auf 100.000 CHF und die Bestellung einer unabhängigen Revisionsstelle wurde Pflicht. Damit wurden die Gründung und der Betrieb einer AG kostspieliger. Im Vergleich zur AG stellte die GmbH auf einmal eine kostengünstige Alternative dar. So betrug das Mindestkapital im Gegensatz zur AG lediglich 20.000 CHF gegenüber der Mindestliberierung bei der AG von 50.000 CHF. Zudem war im Gegensatz zur AG eine Revisionsstelle, welche Kosten verursacht, nicht zwingend vorgesehen.
Rz. 5
Am 1.1.2008 trat die Revision des schweizerischen Gesellschaftsrechts in Kraft. Sie umfasste die erste Totalrevision des GmbH-Rechts seit 1936 und führte eine Neuregelung der Revisionspflicht für alle Gesellschaftsformen ein. Des Weiteren wurde auch das Aktienrecht teilrevidiert. Seither wurde das schweizerische Gesellschaftsrecht nur noch punktuell geändert. Der Gesetzgeber berät jedoch eine grössere Revision des Aktienrechts, welche Auswirkungen auf die GmbH haben wird. Diese Revision wird voraussichtlich im Jahre 2022 in Kraft treten.
B. Gründung der Gesellschaft
I. Überblick über das Gründungsverfahren
1. Allgemeines zum Gründungsakt
Rz. 6
Die GmbH wird in einem zweistufigen Gründungsakt errichtet. Die Gründer erklären in einer öffentlichen Urkunde (dem sog. Errichtungsakt), dass sie eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung gründen, legen darin die Statuten fest und bestellen die Organe (Art. 777 OR). Danach wird die Gesellschaft im Handelsregister eingetragen und erwirbt mit der Eintragung das Recht der Persönlichkeit.
2. Die einzelnen Schritte zur Gründung einer GmbH
Rz. 7
Im Hinblick auf die Gründung der GmbH sind gewisse Abklärungen und Vorarbeiten nötig, damit alle erforderlichen Informationen und Unterlagen im Zeitpunkt der Gründung vorliegen. Für diese Vorabklärungen empfiehlt es sich, eine juristische Fachperson beizuziehen.
a) Gründungsdokumente und Belege
Rz. 8
Der öffentlich zu beurkundende Errichtungsakt muss die Erklärung der Gründer enthalten, eine GmbH zu gründen. Sie enthält die Statuten der Gesellschaft. In der Gründungsurkunde werden zudem die Organe, d.h...