1 Normenkette
§§ 19 Abs. 1, 27 Abs. 1 WEG
2 Das Problem
Der Verwalter B versperrt im Mai 2020 wegen der COVID-19-Pandemie das im gemeinschaftlichen Eigentum stehende Schwimmbad. Dagegen geht Wohnungseigentümer K vor.
3 Die Entscheidung
Ohne Erfolg! Nach der im Mai 2020 geltenden bayerischen Corona-Verordnung seien Schwimmbäder zu schließen gewesen. Dies habe auch für im Privateigentum stehende Freizeiteinrichtungen gegolten. B sei daher zu einer Maßnahme nach den Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag berechtigt gewesen. Denn die Übernahme der Geschäftsführung in Form der Schließung des Schwimmbades habe dem mutmaßlichen Willen der Gesamtheit der Wohnungseigentümer entsprochen, da ohne eine solche Maßnahme der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und möglicherweise auch den Wohnungseigentümern selbst als Betreibern des Schwimmbades eine Geldbuße oder eine Strafe gedroht hätte und die vorherige Herbeiführung eines Beschlusses nicht möglich bzw. nach § 23 Abs. 3 Satz 1 WEG nicht Erfolg versprechend gewesen wäre und auch zu viel Zeit in Anspruch genommen hätte.
Seit dem 1.12.2020 wäre im Übrigen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als Zustandsstörerin anzusehen.
4 Hinweis
Problemüberblick
Im Fall geht es um die Frage, welche Befugnisse die Verwaltung hat (hier: Hygienemaßnahmen), ohne die Wohnungseigentümer befassen zu müssen.
Grundsatz
Welche Aufgaben und Befugnisse die Verwaltung hat, ergibt sich aus § 27 WEG oder einem diese Bestimmung ergänzenden Beschluss oder einer entsprechenden Vereinbarung. Von Gesetzes wegen ist die Verwaltung berechtigt und verpflichtet, Maßnahmen zu treffen, die eine untergeordnete Bedeutung haben und zu keinen erheblichen Verpflichtungen führen oder zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines Nachteils erforderlich sind. Welche Maßnahmen das sind, ist eine Frage des Einzelfalls, die nicht abstrakt beantwortet werden kann. Anders ist es, wenn die Verwaltung und die Wohnungseigentümer gemeinsam Vorsorge getroffen und die Wohnungseigentümer bestimmt haben, welche Maßnahmen in der Hand der Verwaltung liegen sollen.
Öffentliches Recht ordnet eine Maßnahme an
Ordnet das öffentliche Recht ein "Tun" an (im Fall die Schließung von Freizeiteinrichtungen), gelten die allgemeinen Grundsätze. Die Verwaltung muss die Wohnungseigentümer also mit den Anforderungen des öffentlichen Rechts befassen, es sei denn, sie wäre nach § 27 Abs. 1 WEG, einem Beschluss oder einer Vereinbarung selbst befugt, zu handeln. Im Fall war die Verwaltung befugt, nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG zu handeln. Denn die Maßnahmen waren dringend. Es ist bedauerlich, dass das OLG dies nicht aufzeigt. Es geht vielmehr einen rechtlichen Umweg, weil es meint, es habe eine Geschäftsführung ohne Auftrag vorgelegen. Diese Geschäftsführung ist aber der Gegenstand von § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG. Zwar galt im Fall noch altes Recht. Aber auch im jetzigen Recht war der Verwalter zu Notmaßnahmen für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer berechtigt und verpflichtet.
Richtiger Beklagter
Am Ende seiner Entscheidung weist das OLG darauf hin, dass die Verwaltung im aktuellen Recht stets als Organ der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer handelt. Sperrt daher ein Verwaltungsmitarbeiter die Zugangstür zu einer Freizeiteinrichtung ab, ist es rechtlich betrachtet die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, die handelt und die Wohnungseigentümer im Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums stört. Die Klage müsste sich daher im aktuellen Recht gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer richten und nicht gegen die Verwaltung.
5 Entscheidung
LG München I, Beschluss v. 18.11.2021, 1 S 7900/21