Leitsatz
Der veräußerungswillige Wohnungseigentümer muss dem Verwalter im Rahmen des Zustimmungsverfahrens sämtliche ihm mögliche Informationen über den Erwerber erteilen oder auch auf den Erwerber einwirken, dass dieser eine Selbstauskunft erteilt
Normenkette
§ 12 WEG
Das Problem
Wohnungseigentümerin W bittet Verwalter V, dass dieser der Veräußerung ihres Wohnungseigentums zustimmt. V verweigert diese. W verklagt ihn daraufhin auf Zustimmung. Sie meint, V sei zur Erteilung der Zustimmung verpflichtet, da alle erforderlichen Grunddaten zur Prüfung durch V mitgeteilt worden seien. Ein weitergehender Auskunftsanspruch bestehe nicht. Ein wichtiger Grund zur Zustimmungsverweigerung liege nicht vor. V meint, er habe die Zustimmung zu Recht verweigert. Weder W noch die Erwerber hätten bislang eine umfassende Aufklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Käufer im Sinne einer Selbstauskunft erteilt. Damit sei ihm und die Prüfung der Käufersolvenz nicht möglich gewesen sei.
Die Entscheidung
- Die Klage hat keinen Erfolg! W stehe derzeit gegen V kein Anspruch auf Zustimmung zu. Da V als Verwalter verpflichtet sei, vor Erteilung der Zustimmung eine sorgfältige Prüfung vorzunehmen, müsse ein veräußerungswilliger Wohnungseigentümer ihm im Rahmen des Zustimmungsverfahrens zur Schaffung einer entsprechenden Entscheidungsgrundlage im Sinne einer sekundären Darlegungslast sämtliche ihm möglichen Informationen über den Erwerber erteilen oder auch auf den Erwerber einwirken, dass dieser eine "Selbstauskunft" erteilt.
- Art und Umfang der Auskunftspflicht seien weder gesetzlich geregelt noch durch obergerichtliche Rechtsprechung hinreichend bestimmt, sodass diese Frage nach Sinn und Zweck des § 12 WEG zu beantworten sei. Danach seien im Zustimmungsverfahren einerseits "schutzwürdige Belange der Gemeinschaft" zu berücksichtigen, insbesondere das Interesse, dass der Erwerber die ihm gegenüber der Gemeinschaft obliegenden finanziellen Verpflichtungen (Hausgeld, Umlagen etc.) ordnungsgemäß erfüllen kann und wird. Andererseits sei bei der Abwägung die grundsätzlich freie Verfügungsbefugnis eines Wohnungseigentümers über sein Wohnungseigentum zu beachten, die nur ausnahmsweise eingeschränkt werden könne.
- Nach Auffassung des Gerichts umfasse die Prüfungspflicht des Verwalters in erster Linie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Erwerbers, sodass als Grundlage hierfür die konkreten Einkommensverhältnisse sowie die dauernden, monatlichen finanziellen Verpflichtungen im Rahmen der Selbstauskunft (vertraulich) offengelegt und gegebenenfalls durch entsprechende aussagekräftige Belege nachgewiesen werden müssten. Hierzu zählten neben Gehaltsbescheinigungen auch sämtliche Darlehensverträge, aus denen sich die monatliche finanzielle Belastung ableiten lasse. Eine umfassende Auskunftserteilung im Sinne einer eidesstattlichen Versicherung erachte das Gericht dagegen als zu weitgehend.
- Dieser Verpflichtung sei W bislang nicht genügend nachgekommen. Aus der Bestätigung einer Sparkasse S ergebe sich lediglich ein Darlehensbetrag von 38.000 EUR sowie die Aussage, dass die Bonität des Erwerbers seitens der kreditgebenden Bank – im Rahmen der Finanzierung – geprüft worden sei. Auch dem Auskunftsschreiben des Erwerbers seien keine konkreten Zahlenwerte zu den Darlehenszinsen, Nettoeinkommen, Kindergeld etc. zu entnehmen, die V eine ordnungsgemäße Nachprüfung ermöglichen würde.
Kommentar
- Hat der Wohnungseigentümer die Pflicht, einer Veräußerung eines Wohnungseigentums zuzustimmen, muss er die persönliche und wirtschaftliche Eignung des Erwerbers und potenziellen neuen Wohnungseigentümers prüfen.
- Zur persönlichen Eignung wird er dabei in der Regel nur allgemeine Auskünfte einziehen und eigentlich nur dann eine Aussage treffen können, wenn er ihm bereits bekannt ist. Zur Prüfung der wirtschaftlichen Eignung ist der Veräußerer im Rahmen des Zustimmungsverfahrens verpflichtet, dem Verwalter jede ihm mögliche Information über den Erwerber zu geben oder diesen zu einer Selbstauskunft (Inhalt: Vermögen und Einkommen) zu veranlassen. Die Erfüllung der Informationspflicht kann zur Vorbedingung für die Zustimmung gemacht werden.
Was ist für den Verwalter wichtig?
Kein Verwalter sollte die Pflicht, Veräußerungen zuzustimmen, auf die leichte Schulter nehmen. Erweist sich der Erwerber vor allem als wirtschaftlich ungeeignet, kann der Verwalter Schadensersatz schulden, wenn die Ungeeignetheit für ihn auf zumutbare Weise ermittelbar war. Kein Verwalter sollte daher darauf verzichten, den Veräußerer aufzufordern, ihm eine Selbstauskunft des Erwerbers zukommen zu lassen. Ohne diese kann der Verwalter in der Regel kaum die wirtschaftlichen Verhältnisse des Erwerbers prüfen. Inhalt der Selbstauskunft sind die finanziellen Verhältnisse des Erwerbers, also sein Vermögen und seine Verbindlichkeiten.
Link zur Entscheidung
AG Ansbach, Urteil vom 19.09.2013, 3 C 710/13 WEG