Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die hinreichende Bestimmtheit eines Eingliederungsverwaltungsaktes
Orientierungssatz
1. Ein Verwaltungsakt muss nach § 33 Abs. 1 SGB 10 hinreichend bestimmt sein. Der Betroffene muss aus der gewählten Formulierung schlüssig nachvollziehen können, was von ihm erwartet wird und welche Konsequenzen sich aus einer Pflichtverletzung ergeben.
2. Es ist nicht ausreichend, wenn der Hilfebedürftige in einer Eingliederungsvereinbarung bzw. einem Eingliederungsverwaltungsakt verpflichtet wird, konkrete, der Zahl nach verbindlich festgelegte Bewerbungen nachzuweisen, die hierauf bezogene Finanzierungsregelung aber im Vagen bleibt.
3. Die mangelnde Bestimmtheit der Unterstützungsleistung des Grundsicherungsträgers nach § 33 Abs. 1 SGB 10 bzw. der Verstoß gegen die Verbindlichkeits- und Konkretisierungsanforderungen aus § 15 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB 2 hat die Rechtswidrigkeit der vom Grundsicherungsträger statuierten Verpflichtungen des Hilfebedürftigen zur Folge.
Tenor
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruches des Antragstellers vom 22.07.2015 gegen den Ersatz der Eingliederungsvereinbarung des Antragsgegners per Verwaltungsakt vom 30.06.2015 wird angeordnet.
Der Antragsgegner trägt die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers dem Grunde nach.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt die aufschiebende Wirkung eines Widerspruches gegen einen eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt.
Der Antragsteller steht im laufenden Bezug von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) beim Antragsgegner.
Nachdem der Antragsgegner eine per Verwaltungsakt ersetzte Eingliederungsvereinbarung vom 11.05.2015 im Rahmen eines gerichtlichen Eilverfahrens (SG Aachen, S 2 AS 504/15 ER) aufhob, weil er im Zusammenhang mit Regelungen zur Kostenerstattungen für schriftliche Bewerbungen und Fahrtkosten auf § 45 statt auf § 44 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung (SGB III) abgestellt hatte, besprach er mit dem Antragsteller am 10.06.2015 persönlich nochmals den einvernehmlichen Abschluss der zuvor ersetzten Eingliederungsvereinbarung (EGV). Der Antragsteller weigerte sich nochmals die besprochene und geringfügig modifizierte EGV abzuschließen, bat sich jedoch Bedenkzeit aus.
Nachdem zwei Wochen lang keine weitere Reaktion in Bezug auf den Abschluss einer EGV durch den Antragsteller erfolgte, ersetze der Antragsgegner - wie in der persönlichen Besprechung vom 10.06.2015 angekündigt - die Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt vom 30.06.2015. Der Bescheid hatte auszugsweise folgenden Inhalt: "1. Unterstützung durch Jobcenter Kreis Heinsberg Er unterbreitet Ihnen Vermittlungsvorschläge, soweit geeignete Stellenangebote vorliegen. Das Jobcenter unterstützt Ihre Bewerbungsaktivitäten durch Übernahme von angemessenen nachgewiesenen Kosten für schriftliche Bewerbungen mach Maßgabe des § 16 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 44 SGB III, sofern Sie diese zuvor beantragt haben. ( ) 2. Bemühungen des Antragstellers - Sie unternehmen regelmäßige, nicht nur dem bisherigen Berufsbild entsprechende Bewerbungen (Eigenbemühungen) bei Firmen (auch Zeitarbeitsfirmen!) um sozialversicherungspflichtige Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigungen (auch befristet) im Rahmen Ihrer gesundheitlichen Einschränkungen. - Sie nutzen regelmäßig die aktuelle Presse sowie die Jobbörse der Agentur für Arbeit zur Stellensuche. - Sie dokumentieren Ihre Eigenbemühungen durch Sammlung/Aufbewahrung der Stellenanzeigen, Presseanzeigen sowie folgende Nachweise: Eingangsbestätigungen der Bewerbungsschreiben oder Absagen. Nachweise über Ihre Eigenbemühungen reichen Sie monatlich zum 30. eines jeden Monats ein. ( ) Pro Monat müssen Sie mindestens 4 Eigenbemühungen nachweisen. ( ) Sie bewerben sich zeitnah, d. h. spätestens am dritten Tage nach Erhalt des Stellenangebotes auf Vermittlungsvorschläge die Sie vom Jobcenter bzw. von der Agentur für Arbeit erhalten haben. Als Nachweis über Ihre unternommenen Bemühungen füllen Sie die dem Vermittlungsvorschlag beigefügte Antwortmöglichkeit aus und legen diese vor oder teilen das Ergebnis alternativ telefonisch oder persönlich mit. ( )"
Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller unter dem 22.07.2015 Widerspruch ein. Der Bescheid enthalte rechtswidrige Inhalte.
Am 27.07.2015 hat der Antragsteller um gerichtlichen Eilrechtsschutz nachgesucht. Der Antragsgegner habe es unterlassen, eine Potenzialanalyse durchzuführen. Des Weiteren habe der Antragsgegner keine konkreten Aus- bzw. Zusagen in Bezug auf die individuellen Leistungen zur Eingliederung in Arbeit getroffen. Die Eigenbemühungen könnten nur verlangt werden, wenn der Leistungsträger die Kostenerstattung verbindlich konkretisiert habe. Zweifelhaft erscheine, dass ihm aus der Pflicht zur Vorlage von Bewerbungsbemühungen zu konkreten Stichtagen die Gefahr einer 30 % Sanktion drohe. Dies sei nicht zulässig, da bei Meldeverstößen lediglich eine zehnprozentige Sanktionierung in Betracht komme.
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