Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitssuchende: Zulässigkeit der Absenkung von Regelleistungen wegen Verstoßes gegen eine Eingliederungsvereinbarung

 

Orientierungssatz

1. In einer Eingliederungsvereinbarung im Rahmen der Gewährung von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende kann vereinbart werden, dass der Hilfeempfänger bei Übernahme der Bewerbungskosten durch den Grundsicherungsempfänger eine bestimmte Anzahl Initiativbewerbungen pro Monat abzusenden hat (hier: sechs Bewerbungen) und den Nachweis über die Bewerbungen monatlich seinem persönlichen Ansprechpartner beim Grundsicherungsträger vorzulegen hat. Kommt er dieser Pflicht dann nicht nach, kann ihm eine Sanktion in Form einer Kürzung der Regelleistung auferlegt werden.

2. Die in § 31 SGB 2 geregelte Sanktionsmöglichkeit bei Verstoß gegen eine Pflicht durch den Hilfebedürftigen begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

 

Tenor

Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wird abgelehnt.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I. Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine Sanktions- und Aufhebungsentscheidung in voller Leistungshöhe.

Der 26-jährige Antragsteller steht im laufenden Leistungsbezug beim Antragsgegner. Mit Bescheid vom 05.01.2015 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II).

Nachdem der Antragsteller bereits mit Bescheiden vom 03.07.2014 (in Höhe von 60 Prozent des maßgebenden Regelbedarfes) und 15.09.2014 (vollständiger Leistungswegfall) wegen Pflichtverletzungen nach § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB II - zuletzt bis Ende Dezember 2014 sanktioniert worden war, wurde zunächst ein weiterer Sanktionsbescheid vom 19.03.2015 verschickt. Nachdem der Antragsteller bei einer persönlichen Vorsprache beim Antragsgegner am 09.03.2015 erklärte, er habe den Bescheid nicht erhalten, wurde dieser (klarstellend) aufgehoben.

Am selben Tag schlossen der Antragsteller und der Antragsgegner eine Eingliederungsvereinbarung. Der Antragsteller verpflichtete sich u. a. zu monatlich sechs Initiativbewerbungen, die er mittels einer ihm ausgehändigten Liste bis zum Ende eines jeden Monates seinem persönlichen Ansprechpartner beim Antragsgegner gegenüber zu dokumentieren hat. Die Eingliederungsvereinbarung enthielt eine Rechtsfolgenbelehrung. Unter Bezugnahme auf eine Sanktionsentscheidung vom 02.03.2015 wurde der Antragsteller u. a. darauf hingewiesen, dass jeder Verstoß gegen seine Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung den vollständigen Wegfall seines Leistungsanspruches zur Folge haben werde. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Eingliederungsvereinbarung vom 09.03.2015 verweisen.

In der Folge erfüllte der Antragsteller seine Pflicht zum Beleg von sechs Initiativbewerbungen nicht nachweisbar. Am 09.04.2015 erklärte der Antragsteller im Rahmen eines persönlichen Kontaktes dem Antragsgegner, er habe den Nachweis über seine Bewerbungsbemühungen für den Monat März 2015 in den Briefkasten des Antragsgegners geworfen. Der Antragsgegner bat den Antragsteller, die nicht vorliegenden Nachweise bis zum 13.04.2015 nachzureichen. Dem folgte der Antragsteller nicht.

Mit Schreiben vom 14.04.2015 hörte der Antragsgegner den Antragsteller zu einer Sanktionierung seines Verhaltens an und wies auf die Möglichkeit der Beantragung ergänzender Sachleistungen hin. Der Antragsteller reagierte nicht.

Mit Bescheid vom 12.05.2015 setzte der Antragsgegner eine vollständige Leistungsminderung für die Zeit von Juni bis August 2015 fest und hob den Bewilligungsbescheid vom 05.01.2015 insoweit auf. Der Bescheid wurde dem Antragsteller am 18.05.2015 persönlich übergeben.

Am 03.06.2015 hat der Antragsteller bei Gericht um Eilrechtsschutz nachgesucht.

Er behauptet, die Nachweise für den Monat März 2015 Ende dieses Monates im Beisein einer Freundin persönlich in den Briefkasten des Antragsgegners eingeworfen zu haben. Er habe auch zwei Rückantworten auf seine Bewerbungen, die er vorlegen könne.

Er beantragt,

den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm Leistungen nach dem SGB II ohne Minderung zu zahlen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Auf gerichtlichen Hinweis vom 09.06.2015 hin, hat der Antragsteller am 15.06.2015 Widerspruch gegen den Bescheid vom 12.05.2015 eingelegt. Nachweise zu Bewerbungen hat er - auch nach gerichtlicher Aufforderung - nicht vorgelegt. Die ladungsfähige Anschrift der Freundin, die einen Einwurf der Nachweise zu Bewerbungsbemühungen in den Briefkasten des Antragsgegners belegen könne, hat er dem Gericht trotz Aufforderung nicht mitgeteilt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.

II.

A. Die Kammer legt den Eilantrag des Klägers meistbegünstigend als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches vom 15.06.2015 gegen den Sanktions- und Aufhebungsbesc...

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