Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die im Rahmen der Prozesskostenhilfe festzusetzende Verfahrensgebühr sowie deren Übergang auf die Landeskasse
Orientierungssatz
Die Geschäftsgebühr des Rechtsanwalts für dessen außergerichtliche Vertretung ist nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr für die Vertretung im Prozess anzurechnen. Dementsprechend mindert sich der Anspruch auf Erstattung der Verfahrensgebühr entsprechend. Der Rechtsanwalt kann daher auch für den Fall, dass das RVG die Anrechnung einer Gebühr auf eine andere vorsieht, beide Gebühren fordern, jedoch nicht mehr, als den um den Anrechnungsbetrag verminderten Gesamtbetrag der beiden Gebühren, § 15a Abs. 1 RVG. Die Anrechnungsvorschrift des § 15a Abs. 1 RVG gilt auch dann, wenn der Anwalt im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnet worden ist. Die Staatskasse tritt insoweit an die Stelle des Mandanten.
Tenor
Die Erinnerung gegen den Ansatz und die Geltendmachung des festgestellten Übergangsanspruchs in Höhe von 368,90 EUR wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der im Rahmen der Prozesskostenhilfe festgesetzten Rechtsanwaltsvergütung und deren Übergang auf die Landeskasse nach § 59 des Gesetzes über die Vergütung der Rechtanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG) streitig.
Mit Bescheid vom 11.04.2014 hob der Erinnerungsführer die Bewilligung von Leistungen für Frau N. F. H. N. (im Folgenden: die Klägerin) und ihr Kind für den Zeitraum vom 01.02.2013 bis 31.07.2013 teilweise auf und forderte die Leistungen zurück. Hiergegen legte die Klägerin mit Schriftsatz vom 16.06.2014 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 04.03.2015 als unzulässig, da verfristet, verworfen wurde.
Die Klägerin, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, erhob am 24.03.2015 Klage vor dem erkennenden Gericht (S 11 AS 227/15). Mit Eingangsverfügung fragte der Kammervorsitzende bei der Klägerin nach, wie und wann sie den Bescheid vom 11.04.2014 erhalten haben wolle. Mit Schriftsatz vom 23.04.2015 bat der Prozessbevollmächtigte, Rechtsanwalt T., um Verlängerung der Stellungnahmefrist bis Mitte Mai 2015. Mit weiterem Schriftsatz vom 15.05.2015 bat er letztmalig um Fristverlängerung bis Mitte Juni 2015.
Mit Schriftsatz vom 21.05.2015 beantragte der Erinnerungsführer die Klageabweisung. Er bestritt, dass der Zugang des Bescheides vom 11.04.2014 erst am 20.05.2014 erfolgt sei. Der Kammervorsitzende wies darauf hin, dass der Zugang vom Beklagten nachzuweisen sie. Mit Schriftsatz vom 03.06.2015 räumte der Beklagte ein, diesen Nachweis nicht führen zu können. Es sei aber unklar, wie die Klägerin vom dem Bescheid Kenntnis erlangt haben wolle.
Mit eineinhalbseitigem Schriftsatz vom 19.06.2015 nahm der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ergänzend in der Sache Stellung. Dem Schriftsatz fügte er Korrespondenz mit dem Beklagten bei.
Der Klägerin wurde für dieses Verfahren mit Beschluss vom 24.06.2015 antragsgemäß Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt T. bewilligt.
Mit Schreiben vom gleichen Datum unterbreitete das Gericht den Beteiligten einen Vergleichsvorschlag, wonach der Beklagte den Widerspruchsbescheid vom 04.03.2015 aufheben und über den Widerspruch in der Sache neu entscheiden sollte. Als Kostenquote für das Verfahren wurde ½ in Vorschlag gebracht. Kläger und Erinnerungsführer haben das Vergleichsangebot übereinstimmend angenommen.
Unter dem 27.08.2015 rechnete der Prozessbevollmächtigte der Klägerin gegenüber dem Sozialgericht für das Verfahren S 11 AS 227/15 ab und beantragte, seine Vergütung aus der Staatskasse auf 737,80 EUR festzusetzen und zwar in Höhe:
Verfahren vor dem Sozialgericht § 14 RVG VV 3102 300,00 EUR Einigungsgebühr, § 14 RVG, VV 1006, 1005 300,00 EUR Zwischensumme 600,00 EUR Pauschale VV 7200 20,00 EUR Zwischensumme netto 620,00 EUR Umsatzsteuer 19% VV 7008 117,80 EUR Gesamtsumme 737,80 EUR
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle gab dem Erinnerungsführer die Möglichkeit zur Stellungnahme. Der Erinnerungsführer gab an, Umfang und Schwierigkeit seien, wie auch die Verfahrensdauer, deutlich unterdurchschnittlich gewesen. Dies sei bei der Vergütungsberechnung nicht beachtet worden. Darüber hinaus fehle die Anrechnung eines Betrags von 150,00 EUR auf die Verfahrensgebühr, da der Prozessbevollmächtigte bereits im Widerspruchsverfahren tätig gewesen sei. Mit Beschluss vom 16.10.2015 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die dem Prozessbevollmächtigten zu zahlenden Gebühren und Auslagen wie beantragt auf 737,80 EUR fest. Die Ansatz gebrachte Mittelgebühr bewege sich aufgrund der überdurchschnittlichen Bedeutung trotz leicht unterdurchschnittlichen Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit und der unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse noch im Billigkeitsrahmen und sei demnach nicht zu beanstanden. Eine Anrechnung von 150,00 EUR wegen Tätigkeit im Widerspru...