Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestimmung der Höhe der einem in einer Gemeinschaftsunterkunft lebenden Asylbewerber nach dem AsylbLG zustehenden Leistungen

 

Orientierungssatz

Die gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG zu erbringenden Leistungen richten sich nach den Bestimmungen des BSHG über Art, Form und Maß der Leistung. Die Ermächtigung des Abs. 2 räumt der Behörde Ermessen ein, bei gemeinschaftlicher Unterkunft die örtlichen Umstände zu berücksichtigen. Dieses muss sich auf die jeweilige konkrete Gemeinschaftsunterkunft beziehen. Bei der Bemessung der dem Asylbewerber zu bewilligenden Leistungen kommt es nicht auf den Maßstab des Sozialhilfeträgers an, sondern auf die individuellen Bedürfnisse des Leistungsberechtigten, der über die Verwendung der Regelleistung eigenverantwortlich entscheiden kann. Die Erfüllung der individuellen Wünsche und Bedürfnisse wird allein durch die Höhe des im Regelsatz abgebildeten Geldbetrags begrenzt.

 

Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 05.12.2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2018 und des Teilabhilfebescheides vom 02.07.2018 wird aufgehoben, soweit dadurch den Klägern für die Zeit vom 01.01. bis 31.12.2017 Geldleistungen nach § 2 AsylbLG unter Abzug anteiliger Beträge für regelbedarfsrelevante Verbrauchsausgaben im Sinne der Abteilung 5 (Innenausstattung, Haushaltsgeräte und -gegenstände, laufende Haushaltsführung) der §§ 5, 6 RBEG bewilligt worden sind. Die Beklagte wird verurteilt, den Klägern die insoweit abgezogenen Beträge nachzuzahlen. Die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger trägt die Beklagte. Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe der den Klägern für den Zeitraum vom 01.01. bis 31.12.2017 zustehenden Geldleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Die Kläger zu 1) und 2) sind die Eltern der Kläger zu 3) bis 7). Die Kläger bewohnen ge-meinsam eine Wohnung in einer Gemeinschaftsunterkunft. Sie haben dort zwei Zimmer von je 32,78 qm; darüber hinaus können die Kläger die Gemeinschaftsküche sowie Ge-meinschaftswasch- und -duschräume nutzen; in einem Nebengebäude stehen ihnen eine Waschküche, ein Trockenraum und ein Gemeinschaftsraum zur Mitbenutzung zur Verfü-gung. Die Kläger erhalten von der Beklagten Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG in ana-loger Anwendung des Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII), so genannte "Ana-logleistungen". Der Bedarf für Unterkunft und Energie (Heizung/Strom) wird von der Be-klagten als Sachleistung erbracht. Durch Änderungsbescheid vom 05.12.2017 berechnete und bewilligte die Beklagte Leis-tungen nach § 2 AsylbLG für den Zeitraum von Januar bis Dezember 2017 neu. Als mo-natlichen Bedarf erkannte sie u.a. an: - für den Kläger zu 3) den Regelbedarf nach der Regelbedarfsstufe (RBS) 4 für Januar und Februar in Höhe von 311,00 EUR sowie nach der RBS 3 ab März in Höhe von 327,00 EUR, - für jeden Kläger den Regelbedarf abzüglich eines – nicht streitigen – Betrages für Energie sowie eines – streitigen – Betrages für Innenausstattung, abhängig vom Alter bzw. der RBS, der die Kläger zugeordnet wurden. Dagegen legten die Kläger am 13.12.2017 Widerspruch ein. Sie meinten, jedes im Haus-halt lebende Kind habe mit Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Leistungen nach der RBS 1; folglich sei der Regelbedarf des am 21.03.1999 geborenen Klägers zu 3) nach dieser RBS zu bemessen. Die Kürzung der Leistungsansprüche aller Berechtigten "in Höhe der Ausgaben für die Abteilung 5 EVS" hielten die Kläger für rechtswidrig. Sie mein-ten, der Regelsatz könne nur in dem Umfang gesenkt werden, in dem der Bedarf durch anderweitige Leistungen tatsächlich gedeckt werde; nur hypothetisch anfallende Bedarfe rechtfertigten keine Absenkung. Soweit die Kürzung wegen teilweise vorhandener Möblie-rung erfolge, sei diese nicht vorzunehmen, da es den Hilfebedürftigen selbst überlassen bleiben müsse, ob sie sich neben vorhandenen weitere Gegenstände anschaffen, austau-schen oder ersetzen. Das "Ob" der Deckung dieses Bedarfes unterliege der individuellen Entscheidung der Leistungsempfänger. Im Übrigen liege ein Nachweis, dass die Ver-brauchsausgaben durch Sachleistungen erbracht werden, nicht vor; dies gelte insbeson-dere für die Reparaturen an Glaswaren, Geschirr und anderen Gebrauchsgegenständen für die Haushaltsführung. Die Kläger bezweifelten, dass die Reparaturen von Möbeln, Ein-richtungsgegenständen und Bodenbelägen oder die Lieferung und Installation von Möbeln, Haushaltsgeräten und Leuchten bzw. das Verlegen von Bodenbelägen, wenn diese selbst angeschafft würden, durch den Betreiber der Unterkunft übernommen würden. Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 12.01.2018 zurück. Sie meinte, dem Kläger zu 3) stünden nach Vollendung des 18. Lebensjahres Leistungen nach der RBS 3 zu, weil er nicht in einem eigenen, sondern in einem Haushalt mit der Familie lebe. Die "Kürzung der EVS-Abteilung 5 der Regelsatzverordnung" betreffe Ein-richtungsgegenstände für den Haushalt, die "zum...

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